Kochwut
im Film zu spielen, noch lange nicht bedeutete, auch in der Realität eine gute Köchin zu sein.
»Sie wissen, die nächste Aufzeichnung ist angesetzt?«, fragte die Regieassistentin vorsichtig. »Kann ich jetzt gehen?«
Angermüller sah zu seinem Kollegen. Der zuckte mit den Schultern und nickte.
»Von mir aus.«
»Oh Mann, hab ich einen Kohldampf!«, stöhnte Jansen leise und rieb sich seinen Magen, als Grit Fischer die Küche verlassen hatte. Vom anderen Ende des Tisches hörte man Gemurmel. Dort saßen zwei weitere Beamte und sprachen mit dem Regisseur.
»Hab ich eigentlich auch«, stimmte Angermüller leise zu. »Aber jetzt lass uns ein paar Takte reden, bisschen Ordnung reinbringen. Wie siehst du die Sache?«
»Du meinst, ob’s einen Zusammenhang gibt zwischen …?«
Angermüller nickte, und Jansen atmete laut pustend aus.
»Ich weiß es nicht. Wer könnte ein Interesse daran haben, diese Graflinger aus dem Weg zu räumen? Als Erstes die Kandidaten, weil sie so streng bewertet. Kollegen, denen sie vielleicht die Show gestohlen hat? Hatte jemand aus dem Team eine alte Rechnung mit ihr offen?«
»Bis jetzt wissen wir zu wenig über die Frau, ihre privaten Beziehungen. Aber da der Giftanschlag mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit hier erfolgt ist, kann es eigentlich nur jemand von den Leuten hier gewesen sein.«
»Oder ihr Ersatz, dieser Anatol, damit er endlich auch mal groß in der Show rauskommt. Aber dann müsste er das ja vorher gewusst haben, und Leboutons Idee, ihn einzusetzen, wirkte ziemlich spontan.«
»Ja, das stimmt. Was ein Problem ist, sind die Alibis der Leute hier. Alle verbreiten eine unglaubliche Hektik, egal ob Kabelträger oder Regieassistenz, und keiner kriegt mit, was die anderen tun. Jeder kleine Hiwi nimmt sich hier einfach verdammt wichtig.«
Unwillig schüttelte Angermüller seinen dichten Haarschopf und fragte dann:
»Könnte denn jemand gleichermaßen ein Interesse am Tod Güldenbrooks und Maja Graflingers gehabt haben?«
»Ehrlich gesagt, ich finde das zu früh, diese Frage jetzt schon zu stellen«, widersprach Jansen.
»Aber es ist das, was die meisten Leute hier denken. Ein Mord und ein Mordversuch am selben Ort kurz hintereinander – da muss es doch einen Zusammenhang geben. Könnte ja auch stimmen.«
Angermüller warf einen Blick auf seine Uhr.
»Die Zeit läuft. Ich würde vorschlagen, wir nehmen die beiden Kandidaten unter die Lupe. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass man für den Sieg in einer Kochshow über Leichen geht, aber man kann ja nie wissen.«
Claudio zitterte vor Empörung. Seine Nerven lagen blank.
»Vorhin habe ich mich am Daumen verletzt und bin sowieso schon gehandicapt, und jetzt muss ich so kurz vor meinem Auftritt auch noch mit der Polizei reden!«
Anklagend hielt er seinen mit einem fleischfarbenen Verband umhüllten Daumen in die Höhe.
»Wissen Sie denn nicht, dass wir jetzt gleich ins Finale gehen? Da geht es um Leben oder Sterben!«
»Genau darum geht es auch bei uns, Herr Danner«, nickte Angermüller. Der junge Mann reagierte gar nicht darauf, sein kurzzeitiges Dasein als Showstar beherrschte ihn voll und ganz. Er saß auf der Stuhlkante, als ob er jeden Moment aufspringen wollte, und schaute unruhig zwischen den beiden Beamten hin und her. Unkonzentriert antwortete er auf ihre Fragen. Was mit Maja Graflinger passiert war, schien ihn überhaupt nicht zu interessieren. Wichtig war für ihn nur, dass die Show weiterging und wer die Köchin ersetzte. Er sagte aus, Maja Graflinger nur aus dem Fernsehen zu kennen und ihr noch nie begegnet zu sein. Außerdem habe er sich ausschließlich im Studio aufgehalten. Dann murmelte er etwas von Erdbeeren.
»Wieso Erdbeeren?«, fragte Jansen.
»Es geht um mein Dessert. Erdbeeren sind das Thema. Sie haben doch gar keine Ahnung, was dieser Auftritt hier für mich bedeutet!«, rief Claudio empört aus, als er Jansens verständnisloses Gesicht sah.
»Was wären Sie denn bereit, für den Sieg zu tun?«
»Alles natürlich, aber jedenfalls nicht, was Sie denken!«
»Was wissen Sie über Gift?«
»Ich weiß nur, dass man Wasserstoffperoxid, womit ich Ihnen ein paar blonde Strähnchen setzen würde, nicht trinken soll. Ich bin nämlich Friseur, mein Herr«, sagte der junge Mann mit einem beleidigten Blick zu Jansen.
»Kann ich jetzt gehen?«, fragte er dann wie ein trotziges Kind.
Die beiden Kommissare tauschten einen kurzen Blick.
»Sie können gehen. Nur eine Frage noch«, hielt
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