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Kodezeichen Großer Bär

Kodezeichen Großer Bär

Titel: Kodezeichen Großer Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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ab­fal­len­den Zel­le er­ga­ben sich wun­der­ba­re Sicht­ver­hält­nis­se.
    Di­rekt un­ter mei­nen Fü­ßen, im Ach­sen­schnitt der nur vier­zehn Me­ter durch­mes­sen­den Dis­kus­schei­be, war der neu­ar­ti­ge Was­ser­stoff­re­ak­tor ein­ge­baut. In ihm lief je­ner kon­trol­lier­te Kern­ver­schmel­zungs­pro­zeß ab, den wir uns schon seit zwan­zig Jah­ren in die­ser Ver­voll­komm­nung er­sehnt hat­ten. Von ge­glück­ten La­bor­ver­su­chen bis zum ver­wen­dungs­rei­fen Ge­rät war es ein wei­ter Weg ge­we­sen.
    Die Deu­te­ri­um-Voll­ka­ta­ly­se, bei der Elek­tro­nen durch lang­le­bi­ge Bul­mar-Me­so­nen er­setzt wur­den, er­laub­te die »kal­te« Kern­fu­si­on bei ei­ner lä­cher­lich ge­rin­gen Zün­dung­stem­pe­ra­tur von nur 4284 Grad Cel­si­us; ein Wert, den wir mit der Licht­bo­gen­zün­dung mü­he­los er­rei­chen konn­ten. Das mo­le­kül­ver­dich­te­te Ma­te­ri­al war gut für fünf­zehn­tau­send Grad Cel­si­us oh­ne Ver­for­mungs­er­schei­nun­gen.
    Es war die Kan­zel, und es wa­ren ge­nau die Ar­ma­tu­ren, mit de­nen man mich in ei­nem GWA-Blitz­trai­ning ver­traut ge­macht hat­te.
    Als ich nun Han­ni­bals prü­fen­de Au­gen sah, über­fiel mich doch ein be­klem­men­des Ge­fühl. Es schi­en ihm be­reits et­was bes­ser­zu­ge­hen, was bei der Wir­kung von Ac­ti­vi­nol auch gar nicht an­ders zu er­war­ten war. Wahr­schein­lich wür­de der Zwerg in ei­ner Stun­de wie­der Bäu­me aus­rei­ßen wol­len. Wenn er sich nicht grund­sätz­lich ver­än­dert hat­te, wür­de er mir al­ler­lei Lie­bens­wür­dig­kei­ten an den Kopf wer­fen. Ich war heil­froh, daß er im Mo­ment noch nicht sei­ne vol­le Ak­ti­vi­tät zu­rück­ge­won­nen hat­te.
    Ich nahm in dem Pi­lo­ten­sitz Platz und ließ die Gur­te über Schul­tern und Bauch schnap­pen.
    »War­te noch zehn Mi­nu­ten!« sag­te der Klei­ne plötz­lich. »Ich – äh – ich wer­de die Ma­schi­ne lie­ber selbst in die Luft brin­gen.«
    »Hier gibt es kei­ne.« Mein La­chen klang un­echt.
    »Ich sit­ze auf ei­nem Atom­re­ak­tor!« be­schwor mich Han­ni­bal.
    Ob der Gu­te wohl Angst hat­te?
    Mit ei­nem ver­nich­ten­den Blick sah ich zu ihm hin­über. Der Klei­ne be­ant­wor­te­te ihn mit be­lei­di­gen­den Äu­ße­run­gen.
    Im Geist ging ich die Kon­troll­klad­de durch. Im Si­mul­tan­ge­rät war das we­sent­lich ein­fa­cher ge­we­sen. Als ich zu schal­ten be­gann, um die Licht­bo­gen­zün­dung ein­zu­lei­ten, kämpf­te Han­ni­bal mit ei­nem krampf­haf­ten Hus­ten­an­fall.
    »Du soll­test nicht so­viel re­den, du bist krank«, be­lehr­te ich ihn. »Be­ob­ach­te mei­ne Hand­grif­fe. Da ich nicht all­wis­send bin, könn­te ich et­was ver­kehrt ma­chen. Sprich aber nur dann, wenn es ge­fähr­lich wer­den soll­te, okay?«
    Sei­ne Au­gen fun­kel­ten zor­nig. Ich er­in­ner­te mich an einen kla­ren Be­fehl, der be­sag­te, daß Han­ni­bal den ge­lan­de­ten Jä­ger wie­der in den Raum brin­gen soll­te. Er hät­te mir die ers­ten prak­ti­schen Er­fah­run­gen mit der 215 B ver­mit­teln sol­len.
    Das war nun nicht mög­lich. Sein Kör­per brauch­te noch ei­ni­ge Zeit zur Er­ho­lung, aber wir muß­ten so­fort star­ten! Es gab kei­ne an­de­re Wahl.
    Die Tem­pe­ra­tu­r­an­zei­ge glitt nach oben. Bei vier­tau­send Grad griff ich nach dem Stu­fen­schal­ter der Ein­spritz­au­to­ma­tik. Noch war al­les harm­los, da es in­fol­ge der Ro­bot­steue­rung über­haupt kei­ne ge­fähr­li­che Fehl­schal­tung ge­ben konn­te. Der neue Fu­si­ons­re­ak­tor diente oh­ne­hin nicht mehr da­zu, ein be­stimm­tes Stütz­mas­sen­me­di­um auf­zu­hei­zen, um es in­fol­ge der na­tür­li­chen Ex­pan­si­on durch Dü­sen aus­zu­sto­ßen. Die­se Zeit war end­gül­tig vor­bei!
    Das kern­che­mi­sche Trieb­werk war be­reits über­holt, wo­bei es gar kei­ne Rol­le spiel­te, ob man für die Auf­hei­zung nun einen Spalt­stoff­re­ak­tor oder ein mo­der­nes Fu­si­ons­ge­rät ver­wen­de­te. Die Er­wär­mung zum Zwe­cke der ge­walt­sa­men Gas-Aus­deh­nung war so oder so ge­ge­ben.
    Der Re­ak­tor, auf dem Han­ni­bal zu sit­zen glaub­te, war aus­schließ­lich zur Strom­ver­sor­gung

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