König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Zeit über oder starrt zu Boden.«
»Und das Kind?« Ich verfluchte meinen leeren Kopf. Kaum hatte ich eine Frage gedacht, sprang sie mir auch schon aus dem Mund.
»Krank«, antwortete die Frau. »Im Bauch. Aber ich glaube, die Krankheit steckt auch in ihrem Blut. Ich glaube, es ist der Schmutz.« Sie zog das Mädchen an sich. »Tut es weh, Janey?«
»Ja.« Ein trockenes Flüstern.
»Ein bisschen oder sehr?«
»Sehr.« Noch immer nur ein Flüstern.
Warum Fragen stellen, wenn nichts getan werden kann? »Er hat es richtig gemacht«, sagte ich. »Dein Mann. Manchmal muss man sich zurückhalten, den rechten Augenblick abwarten.« Die Dornen hatten mich im rechten Moment zurückgehalten; sie hatten die Entscheidung für mich getroffen. »Er hat es richtig gemacht.« Die Worte, die vor meinem Sturz vom Pferd wahr geklungen hatten, erschienen jetzt bedeutungslos neben der leeren Hülle, aus der sie kamen. Ein Schlag an den Kopf kann einem Mann viel Vernunft nehmen.
Ich sah Reiter auf der Wiese. Zwei Männer, drei Pferde. Makin und Rike näherten sich ohne Eile.
»Schön, dich wieder auf den Beinen zu sehen, Jorg.« Makin schenkte mir sein Lächeln. Rike zog einfach nur eine finstere Miene. »Frau Sara und Herr Marten haben sich um dich gekümmert, wie ich sehe.« Das war typisch Makin: immer Freundschaft schließen, immer die Namen behalten, immer höflich sein.
»Sara heißt du also?«, fragte ich. Dies waren vermutlich meine Untertanen. »Und die kleine Janey.« Für einen Moment sah ich eine andere Jane, von Steinen zerschmettert, wie das Licht des Lebens in ihren Augen erlosch. Jene Jane hatte mir einmal gesagt, dass ich bessere Gründe brauchte. Bessere Gründe,
wenn ich siegen wollte, aber vielleicht auch bessere Gründe für alles andere.
»Bring sie hinein«, sagte ich. »Hier draußen ist es zu kalt.« Vage Schuldgefühle erfassten mich, wegen des Pinkelns an eine der vier Wände, die sie mir überlassen hatten.
Sara stand auf und trug das Mädchen in den Stall.
»Du hast mich also wie einen Toten zurückgelassen, Makin?« , fragte ich. »Wo sind die anderen?«
»Sie lagern eine Meile die Straße hinunter.« Er deutete nach Norden. »Halten nach weiteren Soldaten Ausschau.«
Ich fand es seltsam, mir vorzustellen, dass der fröhliche alte Nossar hinter diesen Überfällen steckte. Ich erinnerte mich an ihn in seinem Festsaal, wie er die auf dem Tisch vor ihm ausgebreiteten verblichenen Karten betrachtete. Nossar auf seinem Eichenstuhl im Kastell von Elm, mit grauem Bart und warmen Augen. Wir haben in dem Saal gespielt, Will und ich, als wir nicht größer waren als das Kind in Saras Armen. Nossar und die Linien auf seinen Karten. Ruppiges Gerede über »seine Jungs«, die Renars Jungs eine Abreibung verpassen würden.
»Fürs Reiten bereit?«, fragte Makin.
»Bald.« Ich ging zu meinem Pferd. »Brath« hatte der Stallmeister den Hengst genannt, und ich hatte es nicht für nötig gehalten, den Namen zu ändern. Ein kräftiges Ross, aber nicht mit Gerrod zu vergleichen, der unter dem Berg fiel, den ich in Gelleth umgestoßen hatte. Ich entnahm den Satteltaschen einige Dinge und folgte Sara.
Auf dem Weg hinaus hatte mich das Licht geblendet, und auf dem Weg hinein blendete mich die Düsternis. Der Stall stank. Das hatte ich nicht bemerkt, als ich erwacht war, aber jetzt wies mich meine Nase deutlich darauf hin. Alte Kotze, Schweiß, Dung von Tieren. Ich glaubte dem Fürsten von Pfeil, wenn
er davon sprach, dass er das Volk schützen und ihm Frieden geben wollte. Ich glaubte Jane, als sie sagte, dass ich bessere Gründe für das brauchte, was ich dem Schicksal für mich abrang. Das alles glaubte ich. Ich glaubte nur nicht, dass es eine Rolle für mich spielte.
Neben der Frau ging ich in die Hocke. Es fiel mir bereits schwer, mich an ihren Namen zu erinnern. »Der neue König hat dich also nicht geschützt?«
»Es gibt einen König?«, erwiderte sie ohne Interesse und wollte, dass ich ging.
»Hallo, Janey«, sagte ich und richtete meinen Charme auf das Kind. »Hast du gesehen, dass ich den größten und hässlichsten Mann mitgebracht habe, damit du ihn dir anschauen kannst?«
Ein halbes Lächeln huschte über die Lippen des Mädchens.
»Also, was möchtest du, kleine Janey?«, fragte ich, ohne zu wissen, was ich hier machte, gebückt im Gestank von Bauern. Vielleicht wollte ich den Fürsten von Pfeil nur bei etwas übertreffen. Oder vielleicht waren es die Echos des Schlages an den Kopf. Vielleicht
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