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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Patriarch eine Messe hielt. Es war ein Mann von mittleren Jahren mit einem verlebten, aufgedunsenen Gesicht. Überall in der Stadt erzählte man sich Geschichten über seine Liebschaften.
    Heinrich dachte auch an die Pferdeställe Salomons, den Ort, an dem die Tempelritter nahe dem Felsendom ihren Hauptsitz unterhielten. Dort zu sein, an jenem Ort, an dem die neue Ritterschaft geschmiedet wurde, hatte ihm nicht annähernd so viel bedeutet, wie er einmal erwartet hatte. In den letzten Wochen hatte er immer häufiger an Clara gedacht.
    »Bei allen Heiligen! Heinrich, komm zu mir herüber und leuchte mit der Fackel zur Decke hin! Dort, in die Richtung, in die der Tote schaut.«
    Heinrich nahm die Fackel und eilte zu Zenon.
    »Der Ölbaum! Wir haben ihn gefunden!«
    Dicht unter der Decke war das Relief eines Baumes mit weit ausgreifenden Ästen in den Fels geschlagen. An einer Stelle war Putz abgesprungen. Darunter konnte man dunkle, sauber behauene Steine sehen.
    »Heilige Maria, Mutter Gottes!« Heinrich sank auf die Knie und begann zu beten. Das Grab unter dem Ölbaum! Sie hatten an der falschen Stelle gegraben. Es musste hinter dieser Wand liegen!
     
    Der Falkner mochte nicht mehr länger warten! Drei Tage hatte er die drei Ritter und den Mönch von seinem Versteck aus beobachtet, doch er hatte nicht zu erkennen vermocht,
was die vier auf dem Berg taten. Wenn sie für Monate in einem Kloster inmitten einer Bergwüste verschwanden, mochte es dafür noch Erklärungen geben, aber was um Himmels willen ging dort oben vor sich?
    Er wartete, bis es Neumond wurde. Auf den Berg zu steigen und sie dort zu beobachten, wagte er nicht. Auf den steilen Bergflanken gab es keinen Busch, keine Senke, nichts, wo er sich hätte verbergen können. Sich an das Lager der Ritter anzuschleichen, erschien ihm einfacher. Es lag zwischen alten Mauern, die fast vollständig im Geröll verschwunden waren. Außerdem waren die vier hier nicht zu verfehlen. Das kleine Lagerfeuer war das einzige Licht in dieser Einöde.
    In eine dunkle Decke gehüllt, die ihm ausreichend Tarnung bot, kroch der Falkner an den Lagerplatz heran. Klar und deutlich waren die Stimmen der vier in der Nacht zu hören. Nach den gemeinsamen Wochen auf See war es fast, als kehrte er zu alten Bekannten zurück, die ihm vertraut waren.
    »… morgen werden wir durch die Mauer brechen. Dann werden wir sehen, ob du Recht hattest, Zenon.« Das war die wohlklingende Stimme Ludwigs.
    »Und dann geht es endlich nach Hause«, sagte Anno voller Erleichterung. »Escalon ist der nächste Hafen, nicht wahr? Was glaubst du, wie lange werden wir brauchen, ihn zu erreichen? Drei Tage?«
    Eine Stimme mit starkem Akzent antwortete. »Drei oder vier Tage, doch dieser Weg erscheint mir gefährlich. Es sind vor allem die Genuesen und Venezianer, die Escalon anlaufen. Die einen unterstützen den Ketzerpapst, und die anderen könnten wissen, dass auf drei Ritter ein hohes Kopfgeld
ausgesetzt ist. Ich halte es nicht für klug, wenn wir uns ihren Schiffen anvertrauen.«
    »Und was schlägst du stattdessen vor?«, fragte Anno barsch.
    »Wir sollten einen der Häfen im Norden nehmen. Akkon vielleicht oder besser noch Tyros. In Akkon gibt es zu viele Ordensritter. Was glaubt ihr, was geschehen wird, wenn sie erfahren, dass wir einen der Heiligen Drei Könige bei uns haben? Sie würden uns mit dem Schatz niemals ziehen lassen! In Tyros legen viele Segler der sizilischen Normannen an. Es wäre das Beste, eines ihrer Schiffe zu nehmen. Den König sollte man vielleicht in einer Kiste mit doppeltem Boden verstecken oder in einem Sarg, um ihn als einen gefallenen Ritter auszugeben, der zurück nach Italien gebracht werden soll.«
    Lupo traute seinen Ohren nicht. Zum ersten Mal ahnte er, warum Papst Alexander ihm diese Aufgabe übertragen hatte. Es ging also um die Heiligen Drei Könige, die seit der Eroberung Mailands als verschollen galten. Manche hatten geglaubt, sie seien ein Opfer der Flammen geworden, andere hatten behauptet, gesehen zu haben, wie sie durch ein göttliches Wunder entrückt wurden.
    »Wir sollten die Bergstraße über Jerusalem nach Nablus und Samaria nehmen. Es ist ein trockenes und karges Land. Dort werden in dieser Jahreszeit nicht viele Reisende unterwegs sein, die uns mit Fragen behelligen. Von Samaria aus können wir dann nach Nazareth und durch Galiläa entweder nach Akkon oder noch weiter in den Norden nach Tyros.«
    »Und wie lange wird diese Reise dauern?« Skepsis schwang in

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