Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
kannst du das Bad benutzen, dich waschen und hier oben alles in Ordnung bringen. Es ist niemand im Haus außer Mama – aber sie liegt mit Migräne im Bett und wird ganz gewiss nicht aufstehen!«
Magdalena spürte ihr Herz laut und aufgeregt klopfen. Sie musste sich beeilen, alles erledigen, bevor Louise und die Geschwister zurückkamen. In fliegender Hast rannte sie los, sperrte die Kellertür auf, lief die Treppe hinunter und zerrte einen zwischen Kohlenbergen stehenden, staubigen und mit Spinnweben bedeckten Kinderwagen, der noch aus Theos Babyzeit stammte, herauf. Hanna kam ihr schon weinend mit dem kleinen Jakob auf dem Arm entgegen. »Es war nicht möglich, ihm die Medizin zu geben – er hustete, konnte nicht schlucken und hat alles wieder ausgespuckt. Irgendetwas ist mit seinem Hals nicht in Ordnung, er ist geschwollen, und Jakob hat große Schmerzen!« Schluchzend sah sie Magdalena an. »Er braucht Hilfe, schnell! Bitte beeil dich!«
Magdalena spürte, wie würgende Angst in ihr hochstieg. Wenn Jakob starb! Sie nahm den fiebernden Jungen, der wieder in seine vorherige Lethargie gefallen war, auf den Arm und legte ihn, so gut es möglich war, in den zu engen Kinderwagen. Dann zog sie das Verdeck hoch, wickelte eine Decke um seine herabhängenden Beine, breitete den Rest über seine Brust und bedeckte seinen Kopf mit ihrem Halstuch. Jakob ließ alles mit sich geschehen, ohne sich zu rühren. War er bereits bewusstlos? Sie versuchte, nicht daran zu denken, sondern sich nur auf den Transport zu konzentrieren. Hanna sah ihr hinter dem Türspalt nach, wie sie auf der Straße, mit äußerlich scheinender Gelassenheit,den Kinderwagen vor sich herschob, eine junge Frau wie viele andere, die das schöne Frühlingswetter zu einem kleinen Spaziergang mit ihrem Kind nutzten. Im obersten Stock des Nebenhauses, einem schmucklosen Bau, beobachtete hinter der Gardine stehend, noch jemand die Straße. Frau Schmitz, eine ältere Frau mit sorgfältig onduliertem, gelblichen Haar und verkniffenem Gesichtsausdruck öffnete jetzt sogar die Terrassentür und trat auf den kleinen Balkon, auf dessen breiter Brüstung ein vorbereitetes Kissen lag. Mit verschränkten Armen stützte sie sich darauf und beugte sich weit vor, um der jungen Frau mit dem Kinderwagen kopfschüttelnd nachzusehen.
Sobald sich Magdalena auf der breiten Allee des Steindamms befand, schlug sie eine schnellere Gangart ein und begann zu laufen. Es war nicht allzu weit zum Kinderkrankenhaus – aber was sollte sie dort bloß sagen, wie den viel beschäftigen Dr. Friedländer unter vier Augen in einer so heiklen Sache sprechen? Ab und zu sah sie nach Jakob, aber der regte sich nicht, und nur ein Seufzer und die röchelnden Geräusche seiner Atemzüge waren von Zeit zu Zeit zu vernehmen.
Als sie das Tor der Klinik erreichte, ließ sie den Kinderwagen stehen und trug den Jungen, in die Decke gehüllt, rasch an der Anmeldung vorbei. Ein Mann im weißen Kittel hielt sie auf. »Halt, junge Frau! Wo wollen Sie hin?«
Sie schob einen Zipfel von Jakobs rotem, verzerrtem Gesicht. »Zu Professor Friedländer! Schnell, ich habe bereits mit ihm telefoniert. Ich bin Magdalena von Walden – er erwartet mich mit dem Jungen. Es geht um Minuten – Sie sehen ja, er hat schon das Bewusstsein verloren!«
»Kommen Sie mit mir!« Mit raschen Schritten eilte der Pfleger voraus, und Magdalena hatte Mühe mitzuhalten. Nach kurzem Anklopfen betraten sie den Ordinationsraum, in dem Dr. Friedländer, über ein Waschbecken gebeugt, gerade seine Hände desinfizierte. Er war kräftig, mit Vertrauen erweckenden Zügen, undsein dunkles, leicht gekräuseltes Haar hatte nur wenige graue Fäden. Erstaunt sah er auf.
»Ihr bestellter Patient, Herr Doktor!«
»Welcher Patient?«
»Hören Sie mich an, Dr. Friedländer. Ich muss mit Ihnen unter vier Augen sprechen!«, stieß Magdalena atemlos hervor und heftete ihren bittenden Blick auf ihn. »Es geht um das Leben dieses Kindes!«
Jakobs ungleichmäßig röchelnde Atemzüge durchschnitten bedrohlich die eingetretene Stille.
Der Pfleger sah unschlüssig von einem zum anderen, doch auf den Wink des Arztes zog er sich zurück und schloss die Tür.
»Und um was handelt es sich denn so dringend?«
Ohne zu fragen, legte Magdalena den kleinen fieberheißen Körper vorsichtig auf eine im Raum stehende Liege und mühte sich, zu Atem zu kommen. »Der Kleine ist sehr krank …«, sie machte eine Pause und wusste nicht, wie sie fortfahren
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