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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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wenigen Wochen königsblaue Truppen die Staatsgrenzen überschreiten und unsere wackere Armee mit einem wie nebenbei geführten Handstreich zur kampflosen Aufgabe zwingen könnten. Was würde wohl in den ›Berlinischen Nachrichten‹ stehen? Man müßte nur die Namen ändern und hätte alles schon einmal gelesen:«
    Der Sprecher kramte hörbar ein altes Zeitungsblatt hervor und zitierte daraus:
    »Damit es dem dortigen Fürsten und seinen Beratern gefalle, auf bessere Gedanken zu kommen und sich zu einem gerechten und anständigen Vergleiche zu bequemen, haben Se. Königliche Majestät einige Völker in die unrechtmäßig liierten Grafschaften Braunfeld und Hohenfließ marschieren lassen.«
    Er legte das Blatt weg.
    »Punktum. Es bedürfte nur eines Wimpernschlages für ihn und wäre doch unser aller sicheres Ende.«
    »Adieu, blühende Landschaften«, ergänzte der Adressat dieser Neuigkeiten.
    »Er würde uns die Bauern vollends wegrekrutieren, so dass wir unser Getreide bald von Braunschweig oder Kassel beziehen müssten. Denn er braucht Soldaten, immer mehr Soldaten. Mögen ihnseine Beweihräucherer als Musengott preisen und in den Himmel heben – er ist doch ganz der Vater. Noch kein halbes Jahr König, und schon meilenweit entfernt vom schöngeistigen Kronprinzen, der als einzige Leibgarde das ihn umschwänzelnde Musiker-, Maler- und Literatenpack befehligte. Es kann mir niemand weismachen, dass dieser so genannte ›Friedensfürst‹ keinen Geschmack daran findet, seine königsblauen Regimenter zu vereidigen und herumzukommandieren. Sein ›Antimachiavell‹ ist ein schöngeistiger Witz – er hat ihm mit Lüttich längst Hohn gesprochen. Lasst nur erst den greisen Österreicher abtreten und er wird sich mit der halben Welt anlegen. Das fehlte noch, dass sie ihn dereinst ›den Großen‹ nennen. Aber noch ist Hohenfließ nicht bezwungen!«
    Der dumpfe Schlag eines auf die Dielen prallenden hölzernen Hohlkörpers beendete den Monolog abrupt. Von Beerens an der Wand lehnender Reisekoffer war umgekippt, als er sich zu nachlässig auf ihm abgestützt hatte. Das Reden ging zwar geflüstert fort, doch war schlechterdings nichts davon mehr aufzuschnappen. Von Beeren rückte nun den Schrank, wie eigentlich beabsichtigt, vor die Öffnung, was dem im angrenzenden Raume Flüsternden einige Sicherheit zurückzugeben schien, da er lärmende Hausarbeiten vermutete. So erlangte die Stimme des Gesandten fast wieder ihre anfängliche Stärke und war bei geöffneten Schranktüren noch immer leidlich zu verstehen. Von Beeren registrierte es einerseits verärgert, andererseits aber mit einer seltsamen Neugier, die ihm bis dahin an sich nicht aufgefallen war.
    »Man vermag als König in Preußen vieles, aber doch nicht alles. Auch das blaueste Blut macht keinen unverwundbaren Drachen aus ihm, kein unverbrennbares Tier, das seinen bunten schleimigen Leib mir nichts dir nichts durch die rotglühenden Kohlen ziehen kann. Der König ist noch einige Zeit in Rheinsberg, und seine Aufpasser schwirren nicht so zahlreich wie gewöhnlich in der Stadt herum. Daher müsst ihr Eure Schlingen rasch auslegen. Und belohnt Eure Spürhunde gut, damit sie keinen Laut geben. Findetmir unseren Mann. Ich bin mir gewiss, dass die Gegenpartei längst Lunte gerochen hat. Wenn es nur nicht schon zu spät ist.« Das Klimpern schwerer Münzen war zu vernehmen. Die zweite Stimme krähte:
    »Untertänigster Diener, Euer Exzellenz! Euer Exzellenz können sich ganz auf mich verlassen!«
    Eine Tür ging und der Botschafter von Hohenfließ blieb still und allein zurück.
    ›Zum Glück redet er nicht noch mit sich selbst‹, dachte von Beeren und schloss die Tür des Abhörschranks.
    Für Honoré Langustier war der Tag nach seiner denkwürdigen Erhebung in den freimaurerischen Lehrlingsstand in schmerzhafter Zwangsläufigkeit verstrichen. Von der Zeremonie hatte er leider nur sehr wenige Bilder im Gedächtnis behalten, die ihm in ihrer Isoliertheit geheimnisvoll und unerklärlich blieben. An ein jeweiliges Vorher oder Nachher konnte er sich beim besten Willen nicht entsinnen, als er – die Urkunde seiner Aufnahme noch in den Händen – nach steinernem Schlafe und mit schmerzendem Schädel viel zu spät im ›Blauen Bären‹ erwacht war.
    Erst als die Köche einen Küchenjungen herübergeschickt hatten, da die Mittagsmahlzeit schon auf dem Spiele stand und alles verloren schien, war wieder Bewegung in ihn gekommen. Der Russe hatte sibirische Pelmeni im

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