Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten
Fotolinse aufgedrängt hätte – und deren unglücklicher Tod ihr, Lotta, zu einem Supercoup hätte verhelfen sollen –, erwies sich als … Anne Smitt.
Eine Kollegin, mit der sie gemeinsam Journalistik studiert hatte.
Auch Ulf Gårdeman war noch nicht auf dem Heimweg. Er hatte sich direkt in sein Büro begeben, um sich im Internet auf die Suche nach dem Mitsubishi zu machen.
Ulf gehörte zu denen, die glücklicherweise ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen besaßen. Denn mitten im Zeitalter des Computers konnte es noch immer sehr lange dauern, bis man Auskunft über ein spezielles Fahrzeug erhielt. Gårdeman erledigte heutzutage alles online mit CBR, dem zentralen Kfz-Register, was den Suchvorgang erheblich erleichterte. Gott sei Dank, dachte er besonders an einem Abend wie diesem, denn er hatte nicht die Absicht, die ganze Nacht hier zu verbringen.
Was er im Autoregister gefunden hatte, war äußerst interessant. Nun versetzte er dem Türrahmen zu Hills Büro mit der Faust einen leichten, wenn auch auffordernden Hieb.
»Hallo?«, sagte er und fragte sich, was zum …
Joakim Hill kniete nämlich auf allen vieren unter dem Schreibtisch, sodass Gårdeman nur seinen Hosenboden aus Gabardine unter der Tischplatte hervorgucken sah.
»Mmm«, gab Hill unter dem Tisch zur Antwort.
Gårdeman wusste nicht so recht, was er erwartet hatte, jedenfalls nicht gerade das. »Was machst du da?«, wollte er wissen.
»Mmm … mm!«, antwortete Hill und wackelte energisch mit dem Hinterteil, um sich wieder herauszuwinden. Ein mühsames Unterfangen, denn die Büromöbel der Polizeibehörde waren logischerweise zum Sitzen und nicht zum Drunterkriechen konzipiert.
Hill schaffte es schließlich, wieder zum Vorschein zu kommen, und stützte sich beim Aufrichten an der Schreibtischplatte ab.
»Ach«, erklärte er leicht irritiert, »der Kontakt vom Drucker war nur locker. Erst hab ich gar nicht kapiert, dass das Problem so leicht zu beheben ist, und darum erst einmal eine halbe Stunde lang den Hersteller verflucht, weil andauernd der Druckertreiber im Eimer ist. Dann kam ich auf die Idee, unten nachzugucken. Und da zeigte sich, dass der Stecker nicht richtig drin saß.«
»Ja klar, ich hab auch nachgeguckt …«, begann Gårdeman seinen Satz, aber Hill fiel ihm gedankenlos ins Wort.
»Wie gut! Denn weißt du, was ich glaube?«, fuhr er fort und strich sich ein paar Staubflusen vom Hosenbein, »ich glaube, es ist die Putzfrau!«
»Die Putzfrau?«
»Ja genau! Nicht, dass ich mich beschweren will, aber ich glaube, dass sie die Schuldige ist.«
»Aber …?«
Gårdeman war fassungslos; von einer Putzfrau wusste er in diesem Fall nichts!
»Wir müssen mal ein ernstes Wort mit ihr reden«, setzte Hill unverdrossen hinzu, »denn wenn sie es einmal getan hat, wird sie es garantiert wieder tun.«
Gårdeman war, gelinde gesagt, verblüfft. Hier wurden bereits einleitende Verhöre gehalten, während man es noch nicht einmal für nötig hielt, ihn darüber in Kenntnis zu setzen, dass ein besonderer Verdacht vorlag.
»Aber was sollte sie für ein Motiv haben?«, fragte er in einem verzweifelten Versuch, diese neue Wendung des Falles zu begreifen.
»Motiv? Ach, sie hatte kein Motiv. Das kann ich mir jedenfalls kaum vorstellen!«
»Sie hatte kein Motiv?«
»Nein, es passierte einfach so.«
Passierte einfach so? Gårdeman hegte außerordentliche Zweifel an der Beweisführung des Kollegen. Selbst wenn er allem Anschein nach durch die Beschäftigung mit eigenen Nachforschungen eine ganze Menge verpasst hatte, wirkte das hier, milde ausgedrückt, undurchdacht.
»Aber wie kam es denn dazu?«, wollte er wenigstens wissen.
Hill winkte uninteressiert ab und ordnete die umfangreichen Stapel auf seinem Schreibtisch. »Das war sicher reines Versehen«, antwortete er unbeschwert.
»Versehen!?« Gårdeman fragte sich langsam, ob sein Kollege wirklich im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war.
»Ja, heutzutage muss doch alles so schnell gehen!«, fügte Hill erklärend hinzu.
Irgendetwas stimmte nicht.
Gårdeman atmete einmal ganz ruhig und tief durch. »Joakim?«, fragte er.
»Ja?«
»Über was sprechen wir hier eigentlich?«
Hill schaute Gårdeman verwundert an. Fühlte er sich vielleicht nicht ganz wohl – oder war er bereits völlig übermüdet?
»Worüber wir reden? Die Putzfrau natürlich! Die hier wie ein Wirbelwind mit ihrem gut geölten Wischmopp entlang fegt und unsere Kontakte lockert!«
Als Gårdeman daraufhin
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