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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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als gewöhnlich. Einar drehte zwei Hamburger um und bedeckte sie mit Käse. Er nickte Kalle zu.
    »Kaffee«, sagte Kalle.
    Der Dampf aus der Tasse wärmte sein Gesicht. Plötzlich war aus einer Ecke Lindas schrilles Lachen zu hören.
    »Wie schön, jung zu sein«, sagte Kalle. »Nicht einmal der Tod kann ihnen etwas anhaben. Sie sind wie fette, glatte Zuchtlachse.«
    Einar schob ihm auf dem Tresen eine Dose mit Zuckerstücken hin. Sein schmales Gesicht war verschlossen wie immer.
    »Schrecklich das alles«, sagte Kalle und musterte verstohlen Einars Gesicht.
    »Warum sollten wir davon verschont bleiben?« fragte Einar und zuckte mit den Schultern.
    »Wie meinst du das?« Kalle hatte das nicht verstanden.
    »Ich meine, daß es hier passiert ist. Es passiert doch überall.«
    »Meines Wissens nicht. Das hier scheint ganz außergewöhnlich schlimm zu sein.«
    »Das behaupten sie immer«, sagte Einar.
    Kalle nippte an seinem Kaffee. »Zuerst hatte ich Angst. Ich mußte an die Tees denken und an die Familie Thuan.«
    »Von denen ist das aber keine«, sagte Einar rasch.
    »Das weiß ich. Aber ich mußte trotzdem sofort an sie denken.«
    Wieder schallte Lindas Lachen durch das Lokal.
    »Prinzessin Glitzerauge«, sagte Einar und warf einen vielsagenden Blick in ihre Richtung. »So nennen die Jungs sie. Und es ist nicht als Kompliment gemeint.«
    »Ach, das nicht?« fragte Kalle.
    Wieder Schweigen. »Sie haben also keine Ahnung, wer sie ist?«
    Einar legte jeden Hamburger auf ein halbes Brötchen und bedeckte ihn mit der anderen Hälfte. Er stieß einen Pfiff aus, und ein Junge kam angerannt.
    »Weiß ich nicht«, sagte er. »Aber die Presse drängt sich nur so. Und behauptet, daß bei der Polizei das Telefon heißläuft.«
    »Wie gut«, meinte Kalle.
    Er dachte an sein Gespräch mit Gunder. Aber irgend etwas hinderte ihn am Sprechen. Andererseits, wenn er es nicht erzählte, dann würde Einar es von anderen erfahren. Und dann vielleicht in einer falschen Fassung. Kalle war ein wahrheitsliebender Mensch, er würde nicht übertreiben. Aber er wollte es so gern erzählen. Damit Einar sagen könnte, nein, bist du verrückt, Mann? Hat Jomann so einfach geheiratet? In Indien? Er wollte schon den Mund aufmachen, als die Tür aufgerissen wurde und zwei Männer das Lokal betraten. Beide trugen grüne Umhängetasche.
    »Journalisten«, sagte Einar. »Nicht mit denen reden.«
    Kalle staunte über diese Reaktion. Es hatte sich wie ein Kommando angehört, und er wagte nicht zu widersprechen. Die beiden traten an den Tresen, begrüßten zuerst Einar, dann Kalle, danach schauten sie sich im Lokal um. Einar nickte kurz zurück und nahm die Bestellung von Cola und Frikadellen an. Dann drehte er sich zum Grill um. Kalle stand noch immer vor seiner Kaffeetasse. Er kam sich plötzlich ausgeliefert vor, nicht mehr von Kalle beschützt.
    »Schreckliche Geschichte«, sagte der eine Journalist und sah ihn an. Kalle nickte, schwieg aber. Ihm fiel ein, daß er ein Buch über seine Fahrten in der Tasche hatte, das zog er jetzt heraus und vertiefte sich mit konzentrierter Miene in die Liste seiner festen Touren.
    »Eine solche Tragödie schlägt in so einem kleinen Ort doch sicher wie eine Bombe ein. Wie viele Menschen leben hier?«
    Das war eine einfache Frage. Die Mädchen in der Ecke waren verstummt, sie betrachteten die beiden Journalisten neugierig. Kalle mußt antworten.
    »Zweitausend«, sagte er kurz und starrte in sein Buch.
    »Aber sie war doch nicht von hier, wenn ich das richtig verstanden habe?«
    Der andere schaute ihn an. Einar drehte sich um und knallte zwei Teller auf den Tisch.
    »Wenn nicht einmal die Bullen wissen, wer sie ist, was erwarten Sie dann eigentlich von uns?« fragte er trocken. Der Journalist lächelte spitz.
    »Irgendwer weiß immer etwas«, sagte er vage und schenkte Einar ein säuerliches Lächeln. »Und es ist unsere Aufgabe, das herauszufinden.«
    »Dann sollten Sie woanders suchen«, sagte Einar. »Hierher kommen die Leute, um zu essen und sich zu amüsieren.«
    »Leckere Brote«, sagte der andere und machte eine Verbeugung. Beide verständigten sich, indem sie eine Augenbraue hoben, und wanderten zu einem Fenstertisch hinüber. Gleichzeitig starrten sie die beiden Mädchen an.
    »Wenn sie sich bloß nicht Linda krallen«, sagte Einar leise. »Die weiß nicht, was gut für sie ist.«
    Kalle begriff nicht, warum Einar so übellaunig war. Aber vielleicht war er klüger als die meisten anderen und wußte, wie man mit

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