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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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und schloß den Ordner. Magnesium, dachte er. In Pulverform. Wer hat Magnesium bei sich? Jemand, der mit Chemie arbeitet, vielleicht. Sagt das etwas über seinen Arbeitsplatz? Er dachte an die Autobatterie, die Kolding gekauft hatte. Genau gegenüber von Einars Kro, zu einem Zeitpunkt, als Poona dort saß, nur wenige Meter von ihm entfernt. Er verließ das Büro und fuhr nach Elvestad. Mode Bråthen bediente im Laden der Tankstelle. Er musterte Sejer mit gelassener Neugier und schien sich in seiner Haut absolut wohlzufühlen. Angesichts dieses grauen, hoch aufgeschlossenen Mannes, der mit all seinen Fragen vor seinem Tresen aufragte. Die meisten wichen automatisch zurück, Mode beugte sich vor und betrachtete Sejer wie einen seltenen Gast.
    »Ich war es nicht«, sagte er und lächelte erheitert. »Wie ich neulich schon Ihrem Kollegen gesagt habe, hatte ich an dem Abend frei. War zum Bowling. Torill hatte Dienst. Sie wohnt hier genau gegenüber. Ich kann anrufen und sie herüberbitten.«
    »Ah«, sagte Sejer und richtete seine grauen Augen auf ihn. »Das nenne ich Service.«
    »Genau.« Molde lächelte. »Das ist eine Shell-Tankstelle.«
    Zwei Minuten später betrat eine junge Frau den Laden.
    »Hier draußen ist es still. Vor allem abends. Ich kann mich gut an ihn erinnern«, sagte sie eifrig. »Er hat Diesel getankt und eine Cola gekauft.«
    »Mehr nicht?« fragte Sejer.
    »Doch. Eine Autobatterie. Und er hat lange in einer Zeitung geblättert. Aber gekauft hat er sie nicht.«
    »Wie spät war es, als er gegangen ist? Wissen Sie das noch?«
    »Nein«, sagte sie zögernd. »Vielleicht so gegen halb neun.«
    »Haben Sie sein Auto gesehen, als er weggefahren ist?«
    »Ja. Er hatte offenbar eine Tour. Er hat das Taxischild ausgeschaltet, als er losgefahren ist.«
    »Eine Tour? Hier draußen? Ist er in Richtung Stadt gefahren?«
    »Nein«, sagte sie. »Er ist nach links abgebogen, in Richtung Randskog.«
    Sejer runzelte die Stirn. »Mit anderen Worten, in Richtung Hvitemoen?«
    »Ja.«
    Er musterte die junge Torill mit ernster Miene.
    »Sie sind ganz sicher, daß er nach links gefahren ist? Und nicht nach rechts, in Richtung Stadt?«
    »Ja, Himmel. Ich habe doch seinen Blinker gesehen.«
    Sie musterte ihn mit glasklarem Blick. »Ich bin mir hundertprozentig sicher.«
    Ja, verdammt, dachte er. Draußen blieb er stehen und starrte zu Einars Kro hinüber. Wenn Kolding nun in der Tankstelle herumgelungert war, weil er sehen wollte, ob Poona wieder auftauchte? Vielleicht wollte die Inderin ihm nicht aus dem Kopf, wo er doch wußte, daß sie allein und hilflos war. Vielleicht hatte sie ihren Koffer die Treppe heruntergeschleppt. Kolding konnte ihr gefolgt sein und sie mitgenommen haben. Mit der Batterie im Kofferraum. Oder irrte Torill sich doch? Hier stand Aussage gegen Aussage. Das kam immer wieder vor. Aber Torill hatte wohl kaum etwas zu verbergen. Kolding hatte mit Poona auf dem Rücksitz im warmen Auto gesessen. Hatte sie im Rückspiegel gesehen. Er war jung. Gefangen in einer Ehe, mit einem Schreihals, der ihm deutlich auf die Nerven ging. Sehr müde, vielleicht aus dem Gleichgewicht geraten. Und allen Aufrufen zum Trotz hatte er sich nicht bei der Polizei gemeldet. Sejer fuhr langsam nach Hause. In seinem Kopf tauchten immer neue Bilder auf. Koldings rotunterlaufene Augen. Seine nervösen Hände, die an seinem Portemonnaie herumspielten. Ein Hänfling von Mann. Aber wenn er eine Autobatterie hatte, brauchte er keine Muskeln.
     

LINDA HOLTE EINEN STAPEL ALTE ZEITUNGEN 
    von der Kellertreppe. Dann setzte sie sich an den Küchentisch und blätterte langsam darin herum. Es gab viele Berichte über den Mord auf Hvitemoen. Sie holte sich eine Schere und schnitt alle aus. Es gab auch Bilder von den Polizisten, doch keins zeigte Jacob. Aber sie konnte sich ja an seine Stimme und seine Augen erinnern.
    Was ihr zu schaffen machte, war die Sache mit dem Auto. Immer, wenn sie an den roten Wagen dachte, verspürte sie eine leise Furcht. Sie hatte Jacob nicht angerufen. Es war vielleicht ein Zufall, konnte aber auch wichtig sein. Wenn sie ganz einfach anrief und sagte: Es kann ein Golf gewesen sein. Mehr nicht, keine sicherere Aussage. Dann konnten sie andere ausschließen. Es war zum Beispiel kein Volvo und auch kein Mercedes. Die Schere fraß sich durch das Papier, sie erhielt einen schönen Stapel Artikel und Bilder. Danach ordnete sie alles chronologisch und steckte es in eine Plastikmappe. Für einen Moment fühlte sie sich

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