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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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aber nicht stören. Sejer blieb wie angewachsen stehen. Sein Blick folgte der Bewegung der Hanteln, auf und ab, wie langsame Schläge. Dann ließ Gøran sie auf den Boden fallen.
    »Was wiegen die?« fragte Sejer leise. Gøran schaute die Hanteln an.
    »Jede zehn Kilo. Sie sind nur zum Aufwärmen.«
    »Und wenn Sie warm sind?«
    »Dann nehme ich die zu vierzig.«
    »Sie haben also mehrere?«
    »In allen Gewichtsklassen.«
    Er stand auf. Sein Vater wartete noch immer in der Tür.
    »Sie rennen uns ja wirklich die Bude ein«, sagte Gøran und warf den Kopf in den Nacken. Doch dabei lächelte er. Wenn er Angst hatte, dann verbarg er das gekonnt. Beim Aufstehen hatte er seinen Körper zeigen können und strotzte sofort vor Selbstvertrauen.
    Sejer sah den Vater an. »Sie können bei unserem Gespräch gern dabei sein. Aber dann möchte ich Sie bitten, sich zu setzen.«
    Sejer nahm demonstrativ auf dem Bett Platz. Gøran trat ans Fenster.
    »Ich habe eine Frage«, sagte Sejer, dessen Blick noch immer an den Hanteln hing. »Am 20. August, als Sie das Adonis verlassen haben, trugen Sie ein weißes Polohemd und schwarze Jeans. Da waren wir uns doch einig?«
    »Ja«, sagte Gøran.
    »Ich möchte, daß Sie mir diese Kleidungsstücke zeigen.«
    Es wurde ganz still. Gøran hob die Hanteln wieder auf, als fühle er sich sicherer, wenn er sie in Händen hielt. Er ließ sie auf seinen nach oben gekehrten Handflächen ruhen und bewegte die Handgelenke in kurzen Bewegungen.
    »Keine Ahnung, wo die stecken«, sagte er gleichgültig.
    »Dann müssen Sie suchen«, sagte Sejer ruhig.
    »Meine Mutter kümmert sich um die Wäsche«, sagte Gøran. »Die Klamotten können in der Maschine stecken oder auf der Leine hängen oder was weiß ich.«
    Er zuckte mit den Schultern. Sein Gesicht war ausdruckslos.
    Sein Vater ließ beide nicht aus den Augen. Die Bedeutung der Frage war ihm jetzt in all ihren Konsequenzen aufgegangen.
    »Sie können ja einfach mal im Kleiderschrank suchen, so für den Anfang«, sagte Sejer und schaute zu einem Schrank hinüber, in dem Gøran sicher seine Kleidungsstücke untergebracht hatte.
    »Sagen Sie«, sagte Gøran, »können Sie wirklich so einfach herkommen und verlangen, daß jemand seinen Kleiderschrank ausleert? So ganz einfach ohne Papiere oder so?«
    »Nein«, gab Sejer lächelnd zu. »Aber ich kann’s ja mal versuchen.«
    Auch Gøran lächelte. Ließ die Hanteln auf den Boden fallen. Sie landeten gleichzeitig, und es war deutlich zu hören, wie schwer sie waren. Er öffnete den Kleiderschrank und wühlte halbherzig darin herum.
    »Kann nichts finden«, sagte er ausweichend. »Sind sicher in der Wäsche.«
    »Dann schauen wir im Wäschekorb nach«, schlug Sejer vor.
    »Das hilft uns auch nicht weiter«, sagte Gøran. »Ich habe mehrere weiße Polohemden und schwarze Jeans.«
    »Wie viele denn?«
    Gøran stöhnte auf. »Was ich sagen will«, sagte er dann verzweifelt, »ist, daß ich nicht genau weiß, welches Hemd oder welche Jeans ich an dem Abend anhatte.«
    »Dann holen Sie eben alle«, sagte Sejer.
    »Aber was soll das denn bloß? Warum sind meine Klamotten für Sie so wichtig?«
    Gørans Gesicht war rot. Er zog Kleidungsstücke aus dem Schrank. Sie landeten auf dem Boden und verdeckten die Hanteln. Unterhosen, Socken und T-Shirts. Zwei Jeans, blau. Einen gestrickten Pullover und eine durchsichtige Plastikschachtel. Die enthielt eine grauenhafte rote Fliege.
    »Hier sind sie nicht«, sagte Gøran, der Sejer den Rücken gekehrt hatte.
    »Was bedeutet das, Gøran?« fragte Sejer gelassen.
    »Keine Ahnung«, murmelte der.
    »Der Korb für die schmutzige Wäsche«, sagte Sejer. »Lassen Sie uns den untersuchen. Oder den Inhalt der Waschmaschine. Und die Wäscheleine.«
    »Was soll das denn alles?« fragte Gøran genervt.
    Sein Vater saß angespannt da und sah sie an.
    »Das ist nicht erlaubt«, sagte er nervös.
    Sejer musterte ihn ruhig. »Nein. Da haben Sie recht. Aber das ist doch eine einfache Bitte. Es sollte im Interesse aller sein, das zu klären.«
    »Und wenn ich mich weigere?« fragte Gøran wütend.
    »Dann kann ich gar nichts machen. Aber natürlich werde ich mich fragen, was das zu bedeuten hat. Daß Sie uns so gar nicht behilflich sein wollen.«
    Gørans Vater fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, seine verbissene Wut war deutlich zu sehen.
    Sejer durchwühlte die Kleider auf dem Boden und hob eine Hantel hoch.
    Gøran starrte ihn an. »Was glauben Sie eigentlich?«
    »Ich will Sie

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