Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport
jährlich ca. 180 Milliarden Euro in ein System, das so verkantet aufgebaut ist, dass einem armen Menschen das nötige Verbandmaterial verweigert wird. Sollte uns das nicht zum Nachdenken bringen!?
Im Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, wartet Sandra auf ihre nächste Operation. Ihr Immunsystem ist völlig zusammengebrochen, die Lungen versagen. Noch vor ein paar Tagen brachen die Ärzte einen neuerlichen Eingriff ab. Herzrhythmusstörungen und Fieberschübe bis 41 Grad stoppten die Chirurgen. Sandra hat die Hälfte ihres Gewichts verloren und bekommt gegen die Schmerzen bereits Morphium. Die Lymphknoten sind alle entfernt worden. Dabei wurden die Lymphbahnen durchtrennt. Für die notwendige Lymphdrainage müsste sie außerhalb des Krankenhauses um Geld betteln. Erst heute, wir schreiben den 23. Mai 2010, sagt sie mir am Telefon: »Die Option in der Schweiz ist ja noch offen!« Manuela, die tapfer und kraftvoll die gleiche Krankheit meistert, versucht Sandra in den vielen Telefonaten, die sie aufgrund der Entfernung von BW und NRW führen müssen, ein Stück Hoffnung und Lebensmut zu geben. Der Ausgang ihrer Mühe ist ungewiss. Sandra redet viel zu viel und viel zu oft von den Kuchen backenden Engeln, die auf sie warten.
Gesamtgesellschaftlich gehen meine Befürchtungen in eine bestimmte, präzise Richtung. Was ist, wenn die Entscheidungen nur noch nach kostentechnischen Kriterien getroffen werden? Bekommen dann die Sandras und Manuelas dieser Welt möglicherweise eine Beihilfe für die Schweizer Lösung überwiesen? Lassen Sie uns gemeinsam dagegen antreten, dass wir das nie erleben.
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13. Verzweifelte Ärzte
Der Aussteiger
W o wir schon beim Thema Freitod sind und dem strukturellen Wahnsinn unseres Gesundheitssystems: Nicht nur Patienten nehmen sich das Leben, weil sie aus dem Raster der herrschenden Doktrin herausfallen. Auch Ärzte werden in die Verzweiflung getrieben, eine Verzweiflung, in der sie meinen, zu einem letzten Mittel greifen zu müssen. In Nordrhein-Westfalen nahm sich 2009 ein Arzt das Leben. Eine Regressforderung, die in die Hunderttausende ging, war dem Freitod vorausgegangen. Ein Kollege schrieb darauf an die Politiker: »Herr Dr. Quathammer ist Opfer dieser verlogenen Gesundheitspolitik geworden. Verantwortlich für seinen Tod sind Politiker, die diesen Regressterror eingeführt haben bzw. ihn nicht abstellen. Die Mitarbeiter der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Prüfgremien bzw. der Krankenkassen sind überbezahlte Vollstrecker dieser Politik, die diesen Terror unbarmherzig durchziehen. Wir Ärzte haben einen sehr belastenden Beruf; wir haben jeden Tag mit Krankheit und Leid zu tun und oft mit Tod und Trauer. Man sollte erwarten, dass die Politik uns den Rücken freihält. Genau das Gegenteil tut sie. Sie bricht uns das Rückgrat! Was dieser Wahnsinn für die Patienten bedeutet, wissen die Kranken, die Behinderten und deren Verwandte. Schwerbehinderte Kinder im Wachkoma werden nicht behandelt, es werden Kranke weggeschickt, weil Ärzte Angst vor Regressen und Angst vor der existenziellen Vernichtung haben – wie sie Dr. Quathammer erlebte. Mit freundlichen Grüßen …«
Verantwortung für das Gesundheitswesen ist eine elementare Aufgabe des Staates, die er nicht aus der Hand zu geben hat. Nur wer die Fakten kennt, kann die Hintergründe der verschiedenen Auseinandersetzungen zwischen Ärzteverbänden, Krankenkassen sowie der Politik nachvollziehen und sich als informierter Patient positionieren. Vor den Wahlen werden Versprechen gemacht; hinterher heißt es: »Die Entscheidungen sind alle Bundessache!« Nur ein Beispiel: Das Wettbewerbsstärkungsgesetz: Drucksache 75/07, 02. 02. 2007: Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung ( DKV -Wettbewerbsstärkungsgesetz) wurde aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichte des Gesundheitsausschusses, Drucksache 16/4200 und 16/4247, von den Fraktionen CDU ⁄ CSU und SPD eingebracht! Es ist für mich nichts anderes als die Umschreibung zum Ausverkauf unseres Gesundheitswesens. Genau wie das Gesundheitsmodernisierungsgesetz nichts anders als eine Geldschaufelmaschine für börsennotierte Investoren, für die Pharmaindustrie und für IT - und Beratungsunternehmen ist!
Bis ich näher in die Schlangengrube des deutschen Gesundheitswesens blickte, hatte ich als Nichtmedizinerin und aus Überzeugung freiwillig versicherte Kassenpatientin eine klare Vorstellung vom Arztberuf. Im Traum wäre es mir
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