Kreativ fotografieren
4.155 | Graukarte
Abb. 4.156 | © Nikon GmbH
Blitzen mit System
Gehören Sie auch zu den Fotografen, die am liebsten mit ‘Available Light’ fotografieren? Dann haben wir Einiges gemeinsam.
Meine Vorliebe für Available Light liegt zum Teil daran, dass ich lieber den Moment einfange, als Aufnahmen aufwändig zu inszenieren. Ich bin kein Studiofotograf, für den ohne Blitz und künstliche Beleuchtung gar nichts geht. Außerdem bin ich ein fauler und etwas ungeduldiger Mensch, weshalb ich nicht gerne große Blitzanlagen mit mir herum schleppe und lange aufbaue.
Seit ich jedoch die Arbeit mit Systemblitzen 1 kennen gelernt habe – so bezeichnet man die externen Blitze (Abb. 4.156), die man auf den meisten Kameras auf den Blitzschuh stecken kann – hat sich meine Einstellung gegenüber Blitzen grundlegend geändert. Vor allem das Fotografieren mit entfesselten Blitzen hat mich in der Zwischenzeit gepackt.
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Analoge Fotografie
Available Light
Digitale Dunkelkammer
RAW -Format
Abb. 4.157 | Blitz macht Stimmung tot
Abb. 4.158 | Available Light
Abb. 4.159 | Direkt geblitzt
Direktes Blitzen
Die beste Möglichkeit Fotos garantiert misslingen zu sehen, ist den Blitz auf der Kamera einzusetzen (Abb. 4.157) – egal wie hoch er ausklappt, egal ob ein integrierter Blitz oder ein externen Aufsteckblitz. Direktes Blitzen von der Kamera erzeugt so viele Probleme, dass man gar nicht weiß, wo anfangen. Da wäre einmal das Problem des harten Lichts und der harten Schatten. Abbildung 4.158 zeigt einen Buddha im weichen Umgebungslicht (Available Light) des Raumes. In Abbildung 4.159 habe ich denselben Buddha geblitzt. Das Licht auf der Figur ist viel härter, und auf dem Karton hinter der keinen Statue sieht man den harten Schatten, der für direkt geblitzte Aufnahmen typisch ist.
Direkte Blitze sorgen für hässliche Lichtreflexe in spiegelglatten Oberflächen und Glanzstellen auf menschlicher Haut (was nur selten Menschen gut aussehen lässt). Millionen direkt geblitzter Bilder sind schuld, dass Millionen Menschen das Gefühl haben, auf Fotos schlecht auszusehen.
Das größte Problem beim direkten Blitzen ist allerdings der massive Abfall der Lichtintensität auf kürzeste Distanz. Deshalb ist die Kerze in Abbildung 4.157 praktisch überbelichtet, während meine liebe Frau und ich unmittelbar dahinter im Dunkeln zu sitzen scheinen. Das Problem dabei erklärt sich mit dem so genannten Reziprozitätsgesetz.
Reziprozitätsgesetz
Reziprozi …was? Reziprozitätsgesetz heißt das Ding und besagt im Wesentlichen, dass die Intensität von Licht mit zunehmendem Abstand zur Lichtquelle abnimmt. Wäre dem nicht so, könnten Sie mit dem integrierten Blitz Ihrer Kamera vom Wohnzimmerfenster aus die fünf Kilometer entfernte Kirchturmuhr beleuchten. Der Verlust an Lichtpower bewirkt, dass Sie mit einem internen Blitz oder einem externen Systemblitz Licht bestenfalls ein paar Meter weit werfen können.
Das Reziprozitätsgesetz besagt vor allem, dass sich die Lichtintensität auf die doppelte Entfernung nicht einfach nur halbiert, sondern im Quadrat vermindert. Nehmen wir an, Sie möchten drei Menschen in stockdunkler Nacht mit ihrem Systemblitz auf der Kamera fotografieren (Abb. 4.160). Die erste Person steht in einer bestimmten Entfernung. 1 Auf diese Person stimmen Sie nun Blitzleistung und Belichtung ab. Sie stimmen also praktisch 100% Leistung auf 100% Entfernung ab.
Abb. 4.160 | Minderung der Lichtintensität zum Quadrat
Abb. 4.161 | Direkt geblitzt
Die zweite Person steht genau doppelt so weit entfernt. Bei ihr kommt nur mehr ein Viertel der Lichtintensität an. Anders gesagt, auf 200% Abstand gibt es noch 25% der Blitzleistung.
Die dritte Person steht in vierfacher Entfernung, also 400% Abstand. Sie bekommt nur nochder Blitzleistung ab, beziehungsweise 6,25%.
Kein Wunder also, dass selbst in kleinen Räumen Personen, in der Nähe der Kamera oft überbelichtet erscheinen, während jene wenige Meter weiter hinten in Düsternis zu versinken scheinen (Abb. 4.161).
Blitzleistung und Leitzahl
Die Leistungsfähigkeit wird bei Systemblitzen mit der Leitzahl ( LZ ) angegeben, bei Studioblitzen in Wattsekunden ( WS ). Mit der Leitzahl lässt sich ermitteln, auf welche maximale Distanz in Metern ein Blitz bei maximaler Leistung für eine ausreichende Belichtung sorgen kann. Ausgegangen wird dabei in der Regel von ISO 100 und Blende ƒ 1.0.
Beispiel: Haben wir einen Blitz mit LZ 40, dann reicht seine maximale
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