Kreativ fotografieren
Gefühlte Farbtemperatur
Farbtemperatur und Weißabgleich
Sichtbares Licht weist eine Farbtemperatur zwischen 1500 und 25 000 Kelvin auf (Abgekürzt › K ‹). Je niedriger die Farbtemperatur des Lichts, desto wärmer (gelblicher) wirken Farben. Je höher die Farbtemperatur, desto kühler (bläulicher) wirken sie (Abb. 4.146). Das steht zwar im Gegensatz zu dem, wie wir Farben psychologisch empfinden (Abb. 4.147), entspricht aber der physikalischen Realität.
Für den Fotografen ist die Farbtemperatur von immenser Bedeutung; schließlich führt eine geringe Farbtemperatur, wie sie durch Glühbirnen- oder Kerzenlicht entsteht, dazu, dass sich die Farben aller Elemente eines Motivs ins Rötliche verschieben. Befindet sich eine Lichtsituation am anderen Ende des Spektrums, scheinen alle Objekte mit bläulichem Licht überzogen.
Unser Wahrnehmungssystem ist in dieser Hinsicht äußerst flexibel und passt sich permanent an die Lichttemperatur unserer Umgebung an. Auch eine Digitalkamera versucht diese Anpassung selbständig auszuführen, wenn sie auf Weißabgleichsautomatik eingestellt ist. Moderne Geräte schaffen das mittlerweile recht zuverlässig.
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Normalobjektiv
Weitwinkelobjektiv
In der Analogfotografie hingegen gibt es keinen automatischen Weißabgleich, denn dort hängt dieser von den Chemikalien des Filmmaterials ab. Will der Analogfotograf den Weißabgleich (‘White Balance’, WB ) verändern, muss er den Film tauschen.
Die Auswirkung eines falschen Weißabgleichs hat jeder schon in Bildern gesehen, die im Schein einer Glühbirne oder von Kerzenlicht aufgenommen worden sind – alles scheint von einem gelben Schleier überlagert zu sein (Abb. 4.153).
In der Digitalfotografie kann der Fotograf diesen Farbverschiebungen entgegen wirken, indem er den Weißabgleichverändert. Das kann über festgelegte Einstellungen für Tageslicht, Schatten, Wolfram (Glühbirne), Neon und so weiter erfolgen. Ebenso über die Eingaben eines fixen Werts in Kelvin. Außerdem lässt sich die Farbtemperatur mit der Kamera ausmessen und speichern. Oder man verlässt sich auf die bereits erwähnte Weißabgleichsautomatik, die bei allen Kameras ab Werk eingestellt sein sollte.
Basis für die Weißabgleichswerte ist neutrales Tageslicht beziehungsweise Normlicht mit 5500k, das zu einer sehr neutralen Farbwiedergabe führt (Abb. 4.148). Ohne Weißabgleich verschieben sich im Kerzenschein, unter Glühbirnenlicht oder bei Sonnenuntergang alle Farben nach Gelb/Rot (Abb. 4.149). Nach Sonnenuntergang und in der Nacht verschieben sich die Farben ins Bläuliche (Abb. 4.150).
Beson-Abb. 4.148 | Tageslicht ≈ 5500 K
Abb. 4.149 | ≈ 3000 K
Abb. 4.150 | ≈ 10000 K
Abb. 4.151 | Falscher WB bei Nacht
Abb. 4.152 | Korrigiert
Abb. 4.153 | Falscher WB bei Glühbirne
Abb. 4.154 | Korrigiert
Mit Hilfe des Weißabgleichs sollten einerseits Nachtaufnahmen (Abb. 4.151) undandererseits Bilder unter Glühbirnenlicht (Abb. 4.153) et cetera zu weitgehend neutralen Farben korrigiert werden können (Abb.4.152 und 4.154). Allerdings ist das nicht immer möglich. Besondersintensiv gelbliches Glühbirnen- und Kerzenlicht sowie Sonnenlicht bei Sonnenuntergang ist oft auch mit einem Weißabgleich nicht vollständig zu neutralisieren. Es stellt sich aber die Frage, ob es in solchen Situationen sinnvoll ist einen neutralen Weißabgleich anzustreben. Schließlich fehlt einer Aufnahme bei Sonnenuntergang ohne die typisch goldgelbe Farbe die Sonnenuntergangsstimmung.
Ich verlasse mich zu etwa 98% auf den automatischen Weißabgleich meiner Kameras und bin in den letzten Jahren gut damit gefahren. Da ich im RAW -Format fotografiere, wird der Weißabgleich ohnehin nicht in der Kamera vorgenommen, sondern kann in vollem Umfang in der digitalen Dunkelkammer am Computer erfolgen.
Fotografiert man im Studio, egal ob Menschen oder Produkte, bietet das Messen des Weißabgleichs auf eine Graukarte (Abb. 4.155) allerdings schon mehr Produktionssicherheit und Effizienz. Zum einen bleibt dadurch der Weißabgleich über ein ganzes Shooting konstant, zum anderen kann man (und sollte man) das Modell oder den Motivaufbau zu Beginn mit Graukarte fotografieren. Man kann dann nämlich auch am Computer den Weißabgleich auf die Graukarte in dieser ersten Aufnahme messen und auf alle nachfolgenden Bilder übertragen (siehe zum Thema Weißabgleich auch ›Grundlagen der Bildbearbeitung‹ auf Seite 230).
Abb.
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