Krisenfest leben
inneren Mitte, verunsichern uns, machen Angst und stiften Verwirrung. Wenn Sie sich dem Geschehenen gestellt haben und bereit sind, die Realität zu akzeptieren, so sind das bereits wichtige Stärken, die dabei helfen, wieder zur persönlichen Balance zurückzufinden. Diese Schritte befreien nicht unmittelbar von den mit der Krise verbundenen schmerzlichen Gefühlen, schaffen jedoch die Voraussetzung dafür, das Geschehene konstruktiv bewältigen zu können.
Schicksalsschläge verursachen in uns vor allem das Gefühl von Hilflosigkeit. Der Tod des Partners, die Kündigung eines für sicher gehaltenen Arbeitsplatzes oder auch der Verlust von Hab und Gut sind schwer zu bewältigen. Eine solche Situation kann ohnmächtige Wut aufwallen lassen, aber auch zum resignativen Rückzug, zu tiefer Trauer und zu Selbstmitleid führen.
Wenn jemand anders verantwortlich für das Geschehen ist, beispielsweise der Chef, der einen entlassen hat, der Finanzberater, der einem faule Aktienpakete andrehte, der untreue Freund usw., sind Zorn, Wut und Rachegedanken häufige Reaktionen. Wir fühlen uns enttäuscht, frustriert, im Stich gelassen, werfen uns auchvielleicht vor, »dumm« gewesen zu sein, vertrauensselig gehandelt und keinerlei Vorahnung gehabt zu haben.
Wenn etwas schiefgegangen ist, sind Schuldgefühle fast unvermeidlich. Wenn wir den Eindruck haben, selbst verantwortlich für eine entstandene Misere zu sein – etwa durch Unaufmerksamkeit, Fehlentscheidungen, Versäumnisse –, dann quälen wir uns mit Selbstvorwürfen und empfinden oft neben Schuld auch Scham.
Manche Lebensphasen scheinen fast vorherbestimmt für Krisen zu sein, beispielsweise die Lebensmitte oder das Ausscheiden aus dem Berufsleben. Das Erleben, dass etwas unwiderruflich zu Ende geht, kann dazu führen, sich müde, mutlos und resigniert zu fühlen. Wir wissen, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können, sind vielleicht unzufrieden mit unserer Lebensbilanz und trauern verpassten Gelegenheiten nach, Chancen, die sich nun nicht mehr wahrnehmen lassen.
All diese Reaktionen sind zunächst einmal völlig verständlich und in Ordnung. Schwierig wird es dann, wenn wir in solchen Zuständen über längere Zeit hinweg fest hängen: Denn dieses Verharren lässt das Vertrauen schwinden, selbst etwas verändern und uns wieder neu ausrichten zu können. Gelingt es uns jedoch, der Situation längerfristig einen Sinn abzugewinnen, dann kann die Krise als Herausforderung begriffen und als Chance genutzt werden, neue Wege einzuschlagen. Doch wie kommen wir dahin?
Innere Muster erkennen
Wir schreiben allem, was in unserem Leben und in unserer Umgebung passiert, eine Bedeutung und auch Ursachen zu. So können wir die vielfältigen Ereignisse einordnen und verstehen. Es gibt jedoch hilfreiche undweniger hilfreiche innere Muster, mittels derer wir die Ursachen und die Bedeutung von Ereignissen einschätzen und unsere Schlüsse daraus ziehen.
Manche Menschen schieben sich oft selbst den Schwarzen Peter zu: »Hätte ich doch…«, »Wäre ich doch …« Oder sie laden die Verantwortung grundsätzlich auf jemand anders ab: »Dieser blöde Hund, wenn der nicht alles versiebt hätte …«, »Sie ist schuld daran, weil…« Dies führt jedoch ebenso wenig weiter, wie im Selbstmitleid zu versinken: »So etwas kann doch immer nur mir passieren …«, »Die hatten es einfach auf mich abgesehen …«.
Besser ist es hingegen, wenn Sie Ihren eigenen Anteil an der Krise realistisch einschätzen und zudem der Frage nachgehen, welche äußeren Umstände ebenfalls zur Eskalation der Lage beigetragen haben. Mit dieser Strategie finden Sie Ihr inneres Gleichgewicht schneller wieder als jemand, der lange bei der Schuldfrage verharrt oder sein Selbstmitleid pflegt.
Schätzen Sie Ihren Anteil am Geschehen realistisch ein.
Der amerikanische Psychologe Bernhard Weiner hat in den 1970er Jahren ein Modell entwickelt, das hilft, besser zu verstehen, weshalb manche Menschen in einer Krise ihr Gleichgewicht schneller wieder finden als andere. Nach Weiner wird die Frage nach der Ursache für ein Ereignis von drei Dimensionen beeinflusst. Die jeweilige Ausprägung der einzelnen Dimensionen bestimmt den Umgang mit einer Krise.
Es macht also einen Unterschied, ob wir in einer Krise eher dazu neigen, uns selbst für das Geschehen verantwortlich zu machen (internal) oder die Ursache eher äußeren Einflüssen zuschreiben (external). Ebenso beeinflusst es unsere Gefühle, ob wir die Krise als
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