Kristin Lavranstochter 1
wenig.
„Freilich gab es dort zu essen - aber ich hatte keine Lust auf Essen, als ich dort war. Ich trank eine Zeitlang mit Sigurd -doch ... Dann dachte ich, ich könnte ebensogut gleich heimreiten, anstatt bis morgen zu warten.“
Astrid kam mit Bier und Essen, sie hatte auch trockene Schuhe für Lavrans mitgebracht.
Mit unsicheren Händen wollte er sich die Sporen abschnallen, fiel jedoch immer vornüber.
„Komm her, Kristin“, bat er, „und hilf deinem Vater. Ich weiß, du tust dies aus liebendem Herzen - aus liebendem Herzen, ja heute...“
Kristin gehorchte und kniete nieder. Da umfaßte er mit beiden Händen ihren Kopf und hob ihn hoch.
„Du weißt doch wohl, meine Tochter - ich will nichts anderes als dein Wohl. Keinen Kummer würde ich dir bereiten, außer,
wenn ich wüßte, daß ich dir dadurch später viel Kummer erspare. Du bist noch sehr jung, Kristin; siebzehn Jahre alt bist du nun heuer geworden - drei Tage nach der Halvardsmesse -, siebzehn Jahre bist du ...“
Kristin war mit ihrer Dienstleistung zu Ende. Ein wenig bleich stand sie auf und setzte sich wieder auf ihren Hocker beim Feuer.
Der Rausch schien in Lavrans nachzulassen, je mehr er sich satt aß. Er antwortete auf die Fragen der Hausfrau und der Magd nach dem Thing: ja, es sei schön gewesen; sie hätten Korn kaufen können und etwas Mehl und Malz, einen Teil in Oslo und einen in Tunsberg; es seien ausländische Waren - sie hätten besser sein können, aber auch schlechter; ja, er habe viele Verwandte und auch Bekannte getroffen und bringe Grüße mit heim. Aber seine Antworten kamen nur tropfenweise.
„Ich sprach mit Herrn Andres Gudmundssohn“, sagte er, als Astrid hinausgegangen war. „Simon hat sein Verspruchsbier mit der jungen Witwe auf Mandvik getrunken. Die Hochzeit soll um die Zeit der Andreasmesse auf Dyfrin abgehalten werden. Er hat diesmal selbst gefreit, der Junge. Ich hielt mich in Tunsberg ein wenig von Herrn Andres ferne, aber er suchte mich auf - wollte mir sagen, er wisse es für bestimmt, Simon habe Frau Halfrid zum erstenmal heuer um die Mittsommerszeit gesehen. Er fürchtete, ich könnte glauben, Simon habe diese reiche Heirat vor Augen gehabt, als er mit uns brach.“ Lavrans saß da und lachte freudlos. „Ihr begreift, dieser ehrenhafte Mann fürchtete sehr, wir könnten so etwas von seinem Sohne glauben.“ Kristin atmete leichter. Sie dachte, es sei dies, worüber der Vater so erregt war. Vielleicht hatte er die ganze Zeit gehofft, es könne doch noch dazu kommen, zu dieser Hochzeit zwischen Simon Andressohn und ihr. Zuerst hatte sie gefürchtet, er habe etwas über ihr Betragen in Oslo unten erfahren.
Sie erhob sich und bot gute Nacht. Da sagte der Vater, sie solle noch ein wenig warten.
„Ich habe noch eine Nachricht“, sagte Lavrans. „Ich hätte es dir verschweigen können, Kristin - aber es ist besser, du erfährst es. Es ist das, daß du versuchen mußt, den Mann, dem du deine Liebe zugewandt hast, zu vergessen.“
Kristin war mit hängenden Armen und gesenktem Kopf dagestanden. Nun blickte sie in das Gesicht des Vaters auf. Sie bewegte die Lippen, brachte aber nichts Hörbares heraus.
Lavrans sah vor dem Blick der Tochter weg; er machte eine Bewegung mit der Hand.
„Du weißt sehr wohl, daß ich mich nicht widersetzen wollte, könnte ich nur glauben, es gereiche dir zum Nutzen.“
„Was sind es für Nachrichten, die Ihr auf dieser Reise erfahren habt, Vater?“ fragte Kristin mit klarer Stimme.
„Erlend Nikulaussohn und sein Verwandter Herr Munan Baardssohn kamen in Tunsberg zu mir“, antwortete Lavrans. „Herr Munan bat um dich für Erlend, und ich antwortete ihm mit Nein.“
Kristin stand da und atmete schwer.
„Warum wollt Ihr mich Erlend Nikulaussohn nicht geben?“ fragte sie.
„Ich weiß nicht, wieviel du über den Mann weißt, den du zum Gemahl haben willst“, sagte Lavrans. „Kannst du nicht selbst die Ursache erkennen, so wird es wenig angenehm für dich sein, sie aus meinem Munde zu hören.“
„Ist es deshalb, weil er mit dem Bann belegt und verwiesen war?“ fragte Kristin wie zuvor.
„Weißt du, was die Ursache war, daß König Haakon seinen nahen Verwandten vom Hofe wies - und daß Erlend Nikulaussohn schließlich mit dem Bann belegt wurde, weil er dem Gebote des Erzbischofs trotzte, und daß er nicht allein aus dem Lande zog?“
„Ja“, sagte Kristin. Ihre Sprache wurde unsicher. „Ich weiß auch, daß er achtzehn Jahre alt war, als er mit ihr
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