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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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rauchten, diskutierten, und wenn jemand einen Witz über die Lehrer machte, lachten alle ungeniert mit. Sie konnten sich das erlauben am Alten Gymnasium; in Vaters Garage wartete ein Auto, und das Auto würde sie an eine Universität bringen, und hinter der Uni wartete ein dicker Posten; sie steckten in einem sicheren Plan, und wenn den Lehrern etwas nicht gefiel, war das nicht ihr Problem. Und auch so ein Prolet wie Achim war nicht ihr Problem. Einer wie Achim existierte erst gar nicht, da gaben sie sich um den Elefanten wie Patrizia von Kattenesch.
    Doch Achim-das-Tier existierte, und ob sie am Elefanten wollten oder nicht, er drang ein in ihre Wirklichkeit.
    Eines Tages wurde er dann von einem Lehrer aufgespürt. Ein kleiner Mann mit einer kleinen, rund gefaßten Brille, den alle nur den Schinder nannten. Und der Schinder machte keine halben Sachen. Bürschchen, rief er, und schnappte nach Achims Ohr. Marsch, zum Rektor.
    Doch Achim nahm einfach die Hand von seinem Ohr und trat einen Schritt zurück.
    Marsch! bellte der Schinder.
    Und Achim schüttelte wortlos den Kopf.
    Es wurde still um den Elefanten.
    Der Schinder spürte den Druck. Marsch! Marsch! Marsch!
    Doch Achim blieb stehen. Ungeschlacht, haarig und groß. Ich hab das Recht wie alle. Wenn ich geh, gehn die andern auch.
    Einige von den Burschen auf ihren Motorrädern lachten.
    Der Schinder wollte es nicht glauben. Dann sprang er vor und schnappte wieder zu.
    Und Achim nahm die Hand von seinem Ohr und sagte: Wenn ich geh, gehn die andern auch.
    Die Burschen johlten.
    Der Schinder machte ein zorniges Gesicht.
    Aus der Oberstufe kamen Stimmen. Hau ab. Wir wollen dich hier nicht.
    Doch Achim blieb.
    Dann zückte der Schinder eine Rute. Du Hund!, und er versetzte ihm einen Streich. Den nächsten parierte Achim, dann hielt er die Rute in der Hand.
    Die Burschen auf ihren Motorrädern pfiffen und wollten mehr.
    Aus der Oberstufe traten sie jetzt vor: Verpiß dich! riefen sie, und: Asoziales Tier!
    Dann eine neue Stimme: Von wegen! Recht hat er, und er kann bleiben.
    Er soll sich verpissen!
    Er hat das gleiche Recht wie alle!
    Verpissen! riefen die einen. Bleiben! die anderen, und so entwickelte sich Tumult um den Elefanten; die Burschen grölten dazu und ließen ihre Einzylinder wummern, Achim und der Schinder wurden von der Menge auseinandergetrieben, und später, als alle wieder dastanden, rauchten und diskutierten, war Achim in einer Splittergruppe untergekommen.
    Diese Splittergruppe war ein kleiner, beinah konspirativer Haufen, der auf den ersten Blick nicht auszumachen war. Sie waren aus reichem Haus wie alle, arrogant wie alle, nur ein bißchen legerer gekleidet, und das Haar trugen sie vielleicht eine Idee länger. Unscheinbare Typen im Grunde, und erst wenn es um bestimmte Themen ging, offenbarten sie ihre linksgerichtete Ideologie.
    Natürlich war einer wie Achim auch unter ihnen eine auffällige Erscheinung, und die Gerüchte zwischen Wachspimmel und Lasalle verstärkten diese Wirkung noch. Doch diese Linken schienen sich nicht daran zu stören. Wir scheißen auf das Establishment, sagten sie, und Frederike und Jan-Carl, das waren ihre Köpfe. Scheiß auf von Kattenesch und Lasalle, sagten sie, und Achim stellte sich gegen die Clubjacken und rief: Ihr verdammten Fickfrösche! Frederike und Jan-Carl gefiel das.

11
    Schlosser quatschte mit ein paar Burschen. Ihre Maschinen waren aufgebockt, sie tranken Limo und pfiffen den Mädchen hinter-her.
    Schlosser war klein und hatte eine Boxerfigur. Die Kleider kamen von der Stange, die Brille war mit Pflaster geklebt. Er war einmal sitzengeblieben, und wenn er sich rasiert hatte, lief er mit kleinen Schnitzern rum. Einer der Halbstarken ließ ihn eine Runde auf seinem Moped drehen, dann standen sie und rauchten.
    Willem sah, wie Schlosser plötzlich auf sein Fahrrad sprang. Die Kippe klebte ihm zwischen den Lippen, und er gab mächtig Gas. Am Elefanten vorbei, über eine Baumwurzel, und kurz vor der Hecke sprang er ab. Das Rad taumelte noch, dann schlug es hin.
    Willem ging und hob das Rad auf.
    Bei der Hecke konnte er sehen, daß sie sich Schlosser in den Weg stellten. Achim-das-Tier, Frederike und Jan-Carl.
    Habt ihr so n Scheiß nötig?
    Halts Maul, du Fickfrosch.
    Schlosser mußte aufsehen. Er grinste einmal, dann stellte er Achim ein Bein und stieg durch das Loch in der Hecke. Er lief über die Straße zu dem

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