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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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gehört.«
    »Mist.«
    »Allerdings.«
    »Gab es noch einen Vorfall?«
    »Vor ungefähr drei Wochen wurde ein kleines
    Mädchen entführt, vergewaltigt und draußen an der
    Hardy Road ausgesetzt.«
    »Ich erinnere mich.« Ich hatte es in der Times
    gelesen.
    210
    »Die Beschreibung des Vergewaltigers paßte auf
    Willson.«
    »Hat die Polizei irgendwas unternommen?«
    »Es war draußen im Landkreis«, sagte Maury.
    »Das Büro des Sheriffs hat ermittelt. Die ganze Sache
    wurde fallengelassen wie eine heiße Kartoffel.«
    »Wo ist das kleine Mädchen? Können wir mit ihr
    sprechen?«
    »Die Namen von Vergewaltigungsopfern werden
    nicht bekanntgegeben. Und das Büro des Sheriffs hält
    den Deckel drüber. Es stinkt zum Himmel.«
    »Wenn es Willson war, hat er mehr Einfluß, als ich
    dachte, und das will was heißen. Er muß gegen so
    gut wie jeden im Staat Texas etwas in der Hand
    haben, um so etwas vertuschen zu können!«
    »Da liegst du wahrscheinlich richtig, Hollis.«
    Ich bedankte mich bei ihm, dann wählte ich die
    nächste Nummer.
    Die Witwe Stovall meldete sich nicht, also bestellte
    ich zwei Hamburger und eine Coca-Cola und setzte
    mich in eine rote Nische. Eine große, verchromte
    Musikbox in der Ecke plärrte »Night and Day«. Nur
    sechs andere Gäste saßen verstreut im Raum, starrten
    leer vor sich hin und tranken graue Kaffeeplörre. Das
    Lokal roch wie jeder andere schmierige
    Abfütterungsladen im Land – nach gebratenen
    211
    Zwiebeln und Hamburgerfett. Anice leckte sich
    erwartungsvoll die Lippen, als die Kellnerin auf uns
    zusteuerte.
    »Einmal mit Zwiebeln, Senf und sauren Gurken.
    Einmal ohne Zwiebeln, in mundgerechte Stücke
    geschnitten. Wer bekommt was?« fragte sie, die
    Lippen
    zusammengepreßt.
    Ihr
    großes
    Papieransteckbukett wogte wütend an ihrer
    ketchupverschmierten grünen Uniform. Sie glotzte
    bloß aus kalten, toten Augen, bis ich schließlich auf
    Anice deutete, um darauf hinzuweisen, wer von uns
    welchen Hamburger bekam. Sie knallte uns die
    dicken weißen Teller auf den Tisch.
    »Woher soll ich das denn wissen? Wir haben nicht
    viele Hunde hier.«
    »Tja, das überrascht mich nicht«, sagte ich. »Und
    ich brauche noch einen Hamburger in einer Tüte zum
    Mitnehmen, bitte.«
    Sie rümpfte säuerlich die Nase, warf den Kopf
    zurück und rauschte zurück zum Tresen, wo sie
    anfing, demonstrativ die Donut-Vitrine zu polieren.
    Als wir aufgegessen und an der Kasse bezahlt
    hatten, versuchte ich noch einmal, Mrs. Stovall zu
    erreichen. Wieder nichts.
    Ich warf einen Blick auf die große runde Uhr mit
    dem weißen Zifferblatt, die an der Wand neben der
    212
    Tür hing, und beschloß, zu ihr zu fahren. Vielleicht
    besuchte sie nur eine Nachbarin und kam bald
    wieder nach Hause. Da ich kein Material in Waymon
    Stovalls Praxis gefunden hatte, mit dem er Leute
    erpressen konnte, rechnete ich mir aus, daß er es aller
    Wahrscheinlichkeit nach zu Hause aufbewahrt hatte.
    Ich nahm den Extrahamburger und Anice, stieg in
    Parks Wagen und fuhr auf der Houston Avenue
    Richtung Norden. Was hatte Stovall gewußt, das ihn
    das Leben gekostet hatte? Es war nicht die Tatsache,
    daß Chuckie süchtig war – das reichte eigentlich nicht
    mal für eine Erpressung, geschweige denn dazu, den
    Möchtegern-Erpresser zu beseitigen. Es mußte eine
    Nummer größer sein – und ich war überzeugt, daß
    Schwester Jasmine wußte, was es war. Stovall hatte
    offenbar mehr als eine Person erpreßt. Vielleicht
    sogar jemanden aus Schwester Jasmines Gemeinde.
    Es goß immer noch wie aus Kübeln, als wir in die
    Bayland Avenue brausten. So ein Unwetter konnte
    sich in Houston tagelang austoben, und es sah ganz
    danach aus. Die knorrigen schwarzen Äste der
    mächtigen Immergrünen Eichen bildeten einen
    Baldachin über der Straße und schwankten im Wind
    wie
    die
    arthritischen
    alten
    Finger einer
    Voodooqueen, die uns einen bösen Zauber schickte,
    während wir darunter durchfuhren. Schatten von den
    213
    Straßenlaternen tanzten gespenstisch über die
    Motorhaube. Hin und wieder kam eine Lücke im
    Blätterdach, wo die Wassermassen so laut aufs
    Autodach trommelten, daß es klang, als haute
    jemand mit einer Schaufel auf einen Blecheimer. Ich
    zuckte dabei jedesmal zusammen.
    Als ich vor Stovalls Haus hielt, war ich ein
    Nervenbündel. Anice stand auf den Hinterbeinen
    und bohrte ihren Blick aus dem Fenster in den
    dichten Regenvorhang, durch den das Haus nur
    schemenhaft zu erkennen war.
    »Siehst du irgendwo

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