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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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Treffen gewünscht hätte. Einmal komplett durchgestylt, duftend und mit einem Blumenstrauß in der Hand stehe ich kurze Zeit später in einem Flur, der nicht mehr meiner ist.
    â€“Autsch. Ach.
    â€“Was ist denn jetzt schon wieder?
    â€“Hm, ach nichts. Nur die Erinnerung.
    â€“Na bitte. Ich wusste doch, da war noch was.
    Phillip nimmt mir den Strauß ab und geht in die Küche. Während ich meine Jacke ausziehe und wie selbstverständlich an den gewohnten Haken hänge, kann ich durch die halb geöffnete Wohnzimmertür das Sofa sehen. Dort liegt eine gigantische Kugel, an der ein kleines Stück Mensch hängt. Larissa. Und Larissa ist so schwanger, dass es in den Augen wehtut. Sitzt breit und fett in diesem von mir vor Jahren ausgesuchten Nest und lacht den Fernseher an. Als ich ins Zimmer komme, wendet sie den Blick vom Gerät zu mir, das Lächeln bleibt das gleiche. »Wanda, wie schön.«
    Schön? Was genau? Ich? Unser Treffen? Die Situation?
    Â»Ã„hm, ja. Hallo, Larissa.«
    Sie hievt sich aus den Kissen und gibt mir die Hand. Sie ist kleiner als ich, hat einen zarten Händedruck, der zu ihrem blassen Gesicht und den blonden, fransigen Haaren passt. Sie trägt ein violettes, uninspiriertes Twinset aus der Schwangerschaftsabteilung von H&M.
    Â»Freut mich so, dass du uns mal besuchst. Phillip hat viel von dir erzählt …«
    Sie hat eine seltsame Art zu sprechen. Langsam und irgendwie verschlafen. Ihre Worte scheinen sich gemütlich aneinanderzukuscheln, während sie sie ausspricht.
    Â»Ach, wirklich?«
    Entweder kennt diese Frau keine Eifersucht, oder sie ist eine durchtriebene Hexe.
    Â»Natürlich. Obwohl ihr ja nicht lang zusammen wart … Aber die halbe Einrichtung hier ist schließlich von dir.«
    Und das stört sie nicht?
    Sie verstellt ihre Stimme und ahmt Phillip nach: »Dieses habe ich mit Wanda zusammen gekauft und jenes auch und das und das hier auch …« Sie zeigt mit den Händen auf verschiedene imaginäre Dinge um sie herum und hört dabei nicht auf zu lächeln. »Komm mit in die Küche, das Essen ist schon vorbereitet.«
    Larissa kennt tatsächlich keine Eifersucht. Lässig schaltet sie den Fernseher aus und watschelt im Schwangerschaftsschritt voran. Ich folge ihr. Im Vorbeigehen sehe ich auf dem Sofatisch einen Katalog für Babymöbel liegen.
    Jemand hat die Küche gestrichen. In Orange. Und mit Schwammtechnik. Das muss Larissa gewesen sein. So viel Geschmack habe ich selbst Phillip hiergelassen, dass er nicht auf so eine Idee käme. Ich kann mir genau vorstellen, wie die beiden nach meinem Auszug hier gestanden haben.
    Sie, nörgelnd: »Ich will unbedingt eine neue Farbe in der Küche. So viel Weiß überall, das ist mir zu steril …«
    Er: »Okay, wenn du meinst. Und was?«
    Sie: »Ach, irgendwas Freundliches . Eine Farbe, die ein bisschen Stimmung reinbringt.«
    Er, zögerlich: »Rot vielleicht?«
    Sie: »Nee, zu doll. Soll ja kein Puff werden.«
    Er: »Hm.«
    Sie, übertrieben euphorisch: »Wie wäre es mit Orange? Das macht doch gute Laune.«
    Er: »Hm.«
    Sie: »Am besten mit dieser Wischtechnik, das hat die Susanne auch bei sich gemacht, das sieht dann gleich ein bisschen flippiger aus.«
    Er, gönnerhaft: »Was immer du willst, mein Schatz.«
    Orange Wischtechnik ist nur ein einziges Mal im Leben erlaubt. Bei der allerersten WG. Und eigentlich auch nur bis Ende der Neunziger. Seltsamerweise gibt es noch immer Menschen, die diese einfache Regel missachten. Das sind übrigens die gleichen Menschen, die in diesem Zusammenhang das Wort »flippig« benutzen.
    Phillip hatte schon immer einen ausgeprägten Nestbautrieb, und obwohl wir erst seit wenigen Monaten zusammen waren, baute er mich damals ein in diesen Plan, der seiner war und für den er nur noch das passende Versatzstück »Frau« gesucht hatte. Die Wohnung haben wir zusammen ausgewählt. Wir hatten Glück, muss man wohl sagen, dass wir sie bekommen haben. In meiner Stadt und in meinem Alter suchen alle Paare das Gleiche: sanierter Altbau, Holzdielen, Stuck, Badewanne, Balkon, Blablabla. Die Konkurrenz ist groß. Bei der Besichtigung trafen wir auf etwa zwanzig andere Paare, die genauso aussahen wie wir. Sie unterhielten sich miteinander, wie Phillip und ich es taten. Vermutlich hatten sie auch ähnliche Jobs und machten im Bett die

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