Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
wurde krank und kam früher nach Hause.«
Ty bezweifelte, dass sie krank gewesen war, und argwöhnte, dass ihre überstürzte Abreise aus San José mehr mit jenem Kuss im Hotelflur zu tun gehabt hatte als mit verdorbenem Fisch oder einem Grippevirus. »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Weil du voreingenommen bist.« Pavel hob sein Molson an die Lippen und trank einen Schluck.
»Nein. Du hast es mir nicht erzählt, weil du wusstest, dass es mir nicht gefallen würde.« Er schüttelte seufzend mit dem Kopf. »Seattle ist eine große Stadt, Dad. Konntest du außer Faith Duffys Mutter keine andere Frau finden, die du ficken kannst?«
Pavel ließ langsam sein Bier sinken. »Sprich nicht so respektlos mit mir, Tyson.«
Das war der seltsame Widerspruch in Pavels Charakter. Es war zwar in Ordnung, Frauen wie Scheiße zu behandeln, aber respektlos mit ihm reden durfte man nicht. »Was passiert, wenn du mit ihr Schluss machst?« Woran Ty keinerlei Zweifel hatte. »Ich will mich nicht mit einer hysterischen Frau rumärgern, die mir hier die Bude einrennt.« Wie immer, wenn die Schnitten herausfanden, dass Pavel verheiratet war oder sie nicht heiraten wollte oder sie für eine andere abserviert hatte.
»Val ist kein sehr anhänglicher Typ. Und sie ist nur kurz in der Stadt, um ihrer Tochter in einer schwierigen Zeit beizustehen. Sie ist eine hingebungsvolle Mutter.«
Was ein Thema zur Sprache brachte, das Ty sowieso hatte anschneiden wollen. Aber er konnte seinen Alten nicht so direkt fragen, wann er wieder verduftete. »Was hast du für Pläne?«, fragte er diplomatisch, während er zum Kühlschrank schlenderte und die Edelstahltür öffnete.
Achselzuckend hielt Pavel seine Dose hoch. »Nur ein Bierchen trinken. Später hat Valerie mich zum Abendessen eingeladen. Die Damen hätten bestimmt nichts dagegen, wenn du uns Gesellschaft leistest.«
Nach seinem letzten Gespräch mit Faith und der Riesenerektion, die er dabei davongetragen hatte, war das keine gute Idee. »Ich treffe mich mit ein paar von den Jungs im Conte’s auf eine Runde Poker und kubanische Zigarren.« Er hatte große Lust, am Pokertisch mal richtig abzuräumen.
»Du verbringst zu viel Zeit in männlicher Gesellschaft, und das macht dich übellaunig.«
»Ich bin nicht übellaunig! Himmelherrgott, leg doch mal’ne andere Platte auf.«
Pavel schüttelte traurig den Kopf. »Du warst schon immer zu sensibel. Wie deine Mutter.«
Sein Vater laberte mal wieder Scheiße. Sensibel? Wie seine Mutter? Ty war ganz anders als seine Mutter. Seine Mutter hatte ihr Leben lang den falschen Mann geliebt. Ty war noch nie verliebt gewesen.
»Du musst dir eine Frau suchen«, schlug Pavel vor. »Eine Frau, die sich um dich kümmert.«
Was nur bewies, wie gut sein Alter ihn kannte. Das Letzte, was Ty in seinem Leben brauchte, war eine Frau. Ein hemmungsloser One-Night-Stand war eine andere Sache, doch selbst das würde ihn zu sehr ablenken. Und momentan konnte er sich nicht mal eine Ablenkung im »Ratzfatz, danke, Schatz!«-Stil leisten.
ZWÖLF
Am Montagmorgen betrat Jane Martineau Faiths Büro in der Key Arena. Jane, ein zierliches Energiebündel mit dunklen Haaren und Brille, war nur leicht geschminkt und von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Sie war eher schnuckelig als schön und nicht das, was Faith sich unter einer Lifestyle-Reporterin vorgestellt hatte.
»Danke, dass Sie Zeit für mich haben«, sagte sie und schüttelte Faith die Hand. Sie stellte ihre schwarze Lederaktentasche auf den Schreibtisch und griff hinein. »Ich musste Darby rohe Gewalt androhen, damit er meine Interview-Anfrage wenigstens weitergab. Zusätzlich hab ich ihm noch seine Frau auf den Hals gehetzt.«
»Ich wusste gar nicht, dass er verheiratet ist.« Faith hatte nicht gewusst, wie sie sich für das Interview kleiden sollte, und sich in eine weiße Bluse, ihren schwarzen Bleistiftrock und T-Strap Pumps aus schwarzem Lackleder geworfen. Sie war entschieden zu schick angezogen.
Jane kramte einen Block und einen Kugelschreiber hervor. »Mit Caroline, meiner besten Freundin seit der Grundschule. Ich hab sie einander vorgestellt.«
»Wow! Sie haben noch Kontakt zu Ihrer Grundschulfreundin?« Faith wusste nicht, warum sie das ungewöhnlich fand, wenn man davon absah, dass sie ihre Freunde aus der Grundschule seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte.
»Ich telefoniere fast jeden Tag mit ihr.«
»Es muss schön sein, so lange befreundet zu sein.« Sie schüttelte ungläubig
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