Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
Licht der Lampe über ihrem Kopf in ihrem Ehering, und die drei glänzenden Diamanten blitzten an ihrer Hand. Mit dem Ring am Finger hatte sie sich immer wichtig, stilvoll und reich gefühlt. Wenn sie ihn allerdings nun betrachtete, fühlte sie sich hin und her gerissen. Wie wenn sie in verschiedene Richtungen gezerrt würde und nicht wüsste, wo sie hinsollte. Sie war nicht mehr dieselbe wie vor zwei Monaten. Ihr Leben war jetzt komplett anders. Es bestand aus mehr als nur aus Plänen fürs Abendessen und den Bedürfnissen ihres alternden Ehemanns. So langsam fuchste sie sich in die Chinooks-Organisation und sogar in das Spiel ein. Und sie freute sich richtig darauf, sich in den karitativen Stiftungen zu engagieren.
Während sich Teile ihres Lebens jetzt stabiler anfühlten, gerieten andere völlig außer Kontrolle; der Beweis dafür war der rosa Knutschfleck in ihrer Schenkelfalte. Wäre sie nicht erst dreißig, würde sie glauben, in der Midlife-Crisis zu stecken. Layla hatte die Kontrolle über ihr Sexualleben an sich gerissen. Was Wahnsinn war. Faith plagten schreckliche Schuldgefühle, weil sie überhaupt ein Sexualleben hatte. Wenn auch nicht genug,
um damit aufzuhören, da der Gedanke, nie mehr mit Ty zusammen zu sein, sie total in Panik versetzte.
Von der Decke des Jets senkten sich Filmleinwände, und der neueste James-Bond-Film begann. Ty faltete seine Zeitung zusammen, und Faith trank noch einen Schluck Bio-Orangensaft. Mit Ty zu schlafen war eine Schnapsidee gewesen. Das hatte sie von Anfang an gewusst. Wenn das herauskäme, würde es sehr peinlich für sie. Die Mannschaft würde auch darunter leiden, aber für Ty stand seine Karriere auf dem Spiel. Die Folgen wären schrecklich für ihn. Ihr Verstand sagte ihr, dass es das Beste wäre, wenn Ty mit ihr Schluss machte. Das Beste für sie, ihn und die Mannschaft. Nur schade, dass ihr Körper nicht wollte, was das Beste war.
Faith knöpfte die roten chinesischen Knotenknöpfe an dem schwarzen Cheongsam zu, den Virgil ihr auf einer Chinareise im ersten Jahr ihrer Ehe gekauft hatte. Ein gestickter roter Drache zierte den Rücken des Kleides, und sie trug ein Paar rote Peep-Toes von Valentino mit dreizehn Zentimeter hohen Absätzen dazu. Passend dazu hatte sie sich die Haare mit roten Jadestäben festgesteckt und sich die Augen schwarz umrandet. Sie schnappte sich ein Papiertuch und tupfte sich damit die tiefrot geschminkten Lippen ab. Neben dem Waschbecken stand ein Muffin mit Schokostückchen, und sie brach ein Bröckchen davon ab und steckte es sich in den Mund, wobei sie peinlich darauf achtete, ihren Lippenstift nicht zu verschmieren. Als sie nach einem Tag im Wellnesscenter, wo sie sich eine Ganzkörpermassage, eine kosmetische Gesichtsbehandlung, eine Maniküre und eine Pediküre gegönnt hatte, in ihr Hotelzimmer zurückkam, hatte der Muffin schon auf sie gewartet. Er stand in einer rosa-weiß gestreiften Schachtel
mit dem Namen einer örtlichen Bäckerei auf dem Deckel auf dem Couchtisch.
Sie grinste bei dem Gedanken, dass Jules in der Stadt nach einem Muffin herumtelefoniert hatte, weil er glaubte, sie wäre wegen eines schnöden Kleie-Muffins ohne Schokostückchen ausgerastet, während sie eigentlich aus einem ganz anderen Grund ausgetickt war.
Faith steckte gerade ihren roten Dior-Lippenstift in ihr kleines schwarzes Handtäschchen, als es an der Tür klopfte. Sie warf noch einen prüfenden Blick in den Spiegel und durchquerte rasch das Wohnzimmer.
»Sie sehen toll aus«, sagte Jules bewundernd, als sie die Tür öffnete und er ihr Kleid registrierte.
Jules trug eine schwarze Hose und dazu ein rotes Seidenhemd. Zahm, für seine Verhältnisse. »Wir passen zusammen.« Während sie zu den Fahrstühlen liefen, fragte sie: »Wer kommt noch zu dem Dinner?«
»Fast das ganze Team.« Jules drückte auf den »Nach oben«-Knopf, und die beiden traten ein. »Das Reisebüro hat für uns den privaten Weinkeller im Coach Insignia reserviert.«
Das Restaurant lag ganz oben im 72-stöckigen Detroiter Renaissance Center über dem Marriott-Hotel und bot seinen Gästen atemberaubende Panorama-Blicke auf Detroit und benachbarte Teile Kanadas. Als Faith und Jules dort ankamen, saßen schon fast alle und ließen sich die Hors d’œuvres schmecken. Sie trugen ausnahmslos Designeranzüge und Krawatten, und ohne die verwahrlosten Play-off-Bärte und zahlreichen Cuts und blauen Augen hätten sie wie ganz normale Geschäftsleute ausgesehen.
Ty stand am
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