Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
hinteren Ende des langen Tisches, eine Hand auf der Rückenlehne von Daniels Stuhl, mit der anderen unsichtbare
Muster auf das weiße Tischtuch zeichnend, während er mit dem jüngeren Mann sprach. Sein blau-weiß gestreiftes Oberhemd trug er am Hals offen. Kaum hatte er zu ihr aufgeblickt, hielt sein Finger inne. Er beobachtete sie mit seinen tiefblauen Augen, während Jules und sie ihre Plätze in der Mitte der langen Tafel zwischen Darby und Coach Nystrom und gegenüber von Sam und Blake einnahmen.
»Sie sehen heute Abend wunderschön aus, Mrs Duffy.« Das Kompliment kam von Blake, dessen Gesichtsbehaarung sie jetzt noch mal ganz aus der Nähe betrachten konnte. Er trug immer noch das unglückselige Hitler-Bärtchen mit dem passenden Streifen am Kinn.
»Danke, Mr Conte.« Lächelnd schlug sie die Weinkarte auf. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Ty sich aufrichtete und zum letzten leeren Stuhl wenige Plätze von Sam entfernt schlenderte. »Ich hatte heute eine Ganzkörpermassage. Der Masseur hatte Hände wie ein Gott. Er hat mich mit heißem Öl und warmen Steinen behandelt. Ich hab mich wie im siebten Himmel gefühlt. Ich war so entspannt, dass ich fast eingeschlafen wäre.« Sie hob den Blick und sah in die Gesichter, die sich ihr entgeistert zugewandt hatten. »Bestellen wir einen Roten und einen Weißen?«
Coach Nystrom rückte verlegen seine Krawatte zurecht. »Sicher.«
»Am Abend vor dem Spiel trinken die meisten Spieler nichts«, erklärte Darby ihr, was nicht der Wahrheit entsprach, wie Faith genau wusste.
»Vollkorn-Muffins. Bio-Orangensaft. Ihr Jungs lebt echt gefährlich.« Sie legte die Hand auf Jules’ Arm. »Ach, ich hab ganz vergessen, mich bei Ihnen für den Muffin zu bedanken.«
»Welchen Muffin?«
»Den mit den Schokostückchen in meinem Zimmer. Das war wirklich süß. Danke.«
Jules klappte seine Speisekarte auf. »Ich hab das Wellnesscenter für Sie arrangiert. Von einem Muffin weiß ich nichts. Vielleicht eine kleine Aufmerksamkeit des Hotels. Wie ein Keks im Doubletree.«
Faith lehnte sich zurück und sah an der Tafel hinab zu Ty, der geistesabwesend ein Glas Eiswasser an die Lippen hob, während er interessiert seine Speisekarte studierte.
»Ich hab keinen gekriegt«, beschwerte sich Blake, als die Kellnerin seine Bestellung aufnahm. »Du etwa, Sam?«
Sam schüttelte den Kopf und bestellte sich in der Pfanne gebratenen Seebarsch und einen bunten Salat. »Nein.«
»Haben Sie mir einen Muffin mit Schokostückchen aufs Zimmer geschickt?«, fragte sie Darby.
»Ich wusste nicht, dass Sie einen wollten.«
»Merkwürdig.« Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie an Ty, verwarf die Idee jedoch rasch wieder, dass der Muffin von ihm stammte. Er war so in seine Zeitung vertieft gewesen und hatte wohl kaum mitbekommen, dass sie hinter ihm saß, ganz zu schweigen von dem, was sie sagte. Sie ließ die Sache auf sich beruhen und bestellte sich einen Caesar-Salat, Hühnchen und einen 1987er Chablis aus Deutschland.
Das Spiel am morgigen Abend war das vorherrschende Thema am Tisch. Die Trainer und Spieler sprachen darüber, wie sie Zetterberg und Datsyuk in Schach halten wollten, das überragende Stürmerduo, das sich in den Play-offs im Jahr zuvor für die Penguins als tödlich erwiesen hatte. Faith aß schweigend ihr Hühnchen, trank ihren Wein und beantwortete ab und zu eine Frage. Während des Essens ertappte sie sich mehrfach dabei, wie sie Ty beobachtete, der sich
mit den anderen unterhielt und Witze machte. Wie sie seine Hände betrachtete, die sein Riesensteak in Stücke schnitten oder nach seinem Wasser griffen.
»Was machen Sie vor dem Spiel?«, fragte Darby sie.
Mühsam riss sie den Blick von Tys Fingern los, die Kondenswassertropfen von seinem Glas wischten. »Keine Ahnung. Hier gibt es bestimmt tolle Einkaufsmöglichkeiten, obwohl ich mich im Prinzip schon ›ausgekauft‹ hab.«
»Es gibt ein neues Kasino«, schlug Daniel vor.
»Wenn man in Nevada geboren und aufgewachsen ist, verlieren Glücksspiele ihren Reiz.«
»Am Riverwalk hab ich Leute mit Rollerblades gesehen«, erzählte Coach Nystrom.
Faith schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht laufen.« Zweiundzwanzig fassungslose Gesichter starrten sie an, als hätte sie etwas Unvorstellbares gesagt. Als hätte sie die Gehaltsobergrenze bei fünfzig Riesen festgesetzt. »Im Moment jedenfalls. Ich hab vor, Stunden zu nehmen«, log sie, bevor die Situation eskalierte. »Vielleicht geh ich morgen schwimmen.«
»Wann
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