Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
verwinden.«
»Der
Name des Vermissten war?«
»Oh,
der steht hier in diesem Schreiben ebenfalls drin. Maik Grendke. Ein junger
Kollege von Herrn Lombard. Wie gesagt, nach einer Urlaubsreise kehrte er nicht
zurück.«
Michael
Wiener sah den Brief begehrlich an. Zückte dann seinen Notizblock und notierte
sich den Namen.
»Natürlich
werde ich mich für Sie um eine Kopie des Schreibens bemühen«, lächelte Frau
Kranz, und ihre braunen Augen blitzten den jungen Mann an.
»Wissen
Sie aus den Unterlagen auch, warum Herr Lombard mit den anderen Kollegen
Probleme hatte?«, hakte Nachtigall nach.
»Nicht
direkt. Es finden sich nur Hinweise auf ein tiefes Zerwürfnis, konkreter
ausformuliert wird es an keiner Stelle. Wenn Sie die Kollegen fragen, werden
Sie eher eine Antwort erhalten. Denkbar wäre doch, dass nach so langer Zeit
längst Gras über die Sache von damals gewachsen ist und sich die Gruppe wieder
gut versteht.«
Frau
Kranz erhob sich.
»Wenn
Sie bitte einen Augenblick hier warten wollen. Dann bringe ich in Erfahrung,
welches Material aus der Akte ich an Sie weitergeben darf.«
Sie
rauschte hinaus.
Die
Akte blieb zurück.
Michael
Wiener zog sein Handy hervor und knipste wie der Teufel.
»So, das ist nun geklärt«,
stellte der junge Mann auf dem Weg zum Parkplatz zufrieden fest. »Es hat
irgendwelchen Ärger gegeben. Deshalb konnte Heiner Lombard nicht mehr zur
Arbeit gehen. Zwischen Holzmann und den anderen scheint alles im grünen Bereich
geblieben zu sein.«
Ächzend
fiel Nachtigall auf den Beifahrersitz.
Verstaute
die Kopie der Akte im Handschuhfach.
»Hätt
ich mich beim Fotografiere gar net so z’beeile brauche«, nörgelte der junge
Kommissar, der ihm dabei zusah.
»Mag
sein, dass Lombard sensibler als die anderen war. Maik Grendke. Hm. Mit dem war
er enger befreundet als mit dem Rest der Gruppe, sonst hätte ihn das
Verschwinden nicht so aus der Bahn geworfen«, überlegte Nachtigall laut, als
habe er die Worte Wieners gar nicht gehört. »Wir suchen den Vorgang raus.«
»Ins
Büro?«
»Nein.
Ruf Silke an, die kann sich um die Akte Grendke kümmern. Ich möchte jetzt gern
ein paar Worte mit diesem Sprecher der Widerstandsbewegung wechseln. Wir müssen
wissen, wie tief das Zerwürfnis tatsächlich war, nachdem John seine Meinung
geändert und dem Verkauf zugestimmt hatte.«
»Also
nach Brieskowitz.« Wiener startete den Motor.
»Und
wenn wir schon dort sind, gehen wir noch mal in der Kneipe vorbei. Ich will
hören, worüber man in dem kleinen Ort spekuliert.«
Nach
einer halben Stunde Fahrt lag Brieskowitz wie an den Straßenrand gekuschelt vor
ihnen.
Die
Straßen sauber gefegt, die Fenster geputzt – so,
als sei man sicher, für die Ewigkeit hier zu wohnen, wären da nicht die
Transparente am Ortseingang gewesen, die forderten ›Hände weg von unserem
Dorf‹. Friedlich wirkte es, fast ein wenig verschlafen – jedenfalls nicht wie ein Dorf, in dem man Mörder und Opfer von Tötungsdelikten
vermuten wollte.
Trügerische
Idylle.
Die
Häuser guckten akkurat ausgerichtet auf die Straße, kleine Gärten davor,
größere offensichtlich dahinter, wie die Kronen der Bäume verrieten, die hier
und dort über die Dächer schauten. Manche umschloss eine unüberwindliche Mauer,
andere Grundstücke hatten nicht einmal einen kleinen Zaun. Rote, rosa- und
beige-farbene Fassaden standen einträchtig nebeneinander, dazwischen
verklinkerte Einzelheime. Unverhofft stießen sie auf die kleine Kirche mit dem
geschwungenen Eingangsportal. Wiener konnte verstehen, dass die Leute hier
nicht wegziehen wollten – ob sie wohl neben dem Friedhof auch das Gotteshaus mitnehmen
konnten?
Sie
kamen am Haus der Johns vorbei.
Tote
Fenster, vorgezogene Gardinen, der Rasen nicht gemäht.
Das
fiel auf in dieser gepflegten Gegend.
Frau
Schildermachers kleines Grundstück dagegen glich einem Meer von bunten Blüten,
die Fenster blitzten im Licht und selbst der Briefkasten war gewienert. Im
Weiterfahren hatte der junge Kommissar den Eindruck, eine der Gardinen habe
sich bewegt.
»Beobachter.«
»Auf
dem Rückweg halten wir noch mal bei Frau John. Alle Kinder sind weit über den
Erdball verstreut – nur Heiner lebte in der Nähe. Ich will nicht glauben, dass es
keinen Austausch zwischen Mutter und Sohn gab«, entschied Nachtigall grantig.
»Warum
ermittelt eigentlich Hansen, wer der Kerl war, der dich abgedrängt hat? Im
Grunde sind wir doch zuständig! Es war ein waschechter Mordversuch. Auf dem Weg
nach
Weitere Kostenlose Bücher