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Kurbjuweit, Dirk

Kurbjuweit, Dirk

Titel: Kurbjuweit, Dirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriegsbraut
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Paradies und so weiter. Aber haben
sie ein paar Kugeln im Bauch, wehren sie sich gegen den Tod, als warteten dort
keine scharfen Jungfrauen, sondern irgendwelche Vetteln. Sorry», sagte er.
«Schon gut.»
    Er sagte,
dass sie nun eine neue Strategie hätten. Sie zögen nicht mehr von Dorf zu Dorf,
sondern ließen sich mit einem Platoon für eine Weile in einem Dorf nieder. Eine
Scheißstrategie sei das, kein Internet, kein Strom. So viele Akkus könnten sie
gar nicht mitschleppen, um dort regelmäßig GTA zu spielen.
    «GTA?»
    «Grand
Theft Auto.»
    «Ah.»
    Sie lebten
in verlassenen Häusern, erzählte er weiter, ernährten sich nur von
Einmannpackungen und müssten zu allen nett sein, damit die Einheimischen
dächten, sie seien deren Freunde. Seinetwegen, er tue alles, damit dieser
Scheißkrieg gewonnen wird. Als sie einen Gefangenen bei sich hatten, habe er,
Jordan, seinen letzten Saft hergegeben, um ihm GTA beizubringen, und der verfluchte
Kerl habe sich gar nicht ungeschickt angestellt. Man unterschätze sie leicht,
dieser Scheißtaliban habe wahrscheinlich nicht einmal einen Führerschein
gehabt, aber am Bildschirm konnte er Autos klauen, als sei er am Stadtrand von
Indianapolis aufgewachsen. Habe der Taliban ihm das gedankt? Nein.
    «Als ich
ihm die Handfesseln löste, damit er eine Runde Autos klauen kann, hat er
versucht abzuhauen. So ist das mit denen. Wir haben ihn abgeknallt, und ich
habe ihm zur Sicherheit das Herz rausgeschnitten. Mein Saft war aber weg,
unwiederbringlich, länger als eine Viertelstunde habe ich nicht mehr spielen
können. Weißt du, wie langweilig es in einem afghanischen Dorf ist?»
    «Du hast
ihm wirklich das Herz rausgeschnitten?»
    «Nein.» Er
lachte. «Mich hätte die Wehrmacht auch nicht genommen.»
    Jordan
legte sich auf den Boden und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. Es war eine
Nacht mit Millionen Sternen.
    «Bei einer
Patrouille in der Nähe dieses Dorfes sind wir überfallen worden», sagte er.
«Aus einem der Gehöfte haben sie eine Scheißgranate in unsere Gruppe
geschossen, und dann war da ein fürchterliches Durcheinander. Ich lag neben
Estefanio, dessen Hals offen war, zwei sahen tot aus, und Bruce hat geschossen.
Mein Arm hat geblutet, ich habe versucht, Estefanios Wunde zu versorgen, aber
das Loch war zu groß, das Blut ist da nur so rausgeblubbert. Die haben immer
noch auf uns gefeuert. Ich habe ihm eine Spritze reingehauen, damit er nicht so
schreit. Dann war Ruhe, weil es Bruce auch erwischt hat. Ich habe ihre Stimmen
gehört, sie haben sich irgendwas zugerufen. Das ging fünf Minuten so, dann
waren die Hubschrauber da. Und weißt du was? Sie haben einen dieser Hubschrauber
runtergeholt. Im Anflug haben sie ihn getroffen, er kam ins Trudeln und prallte
mit der Nase auf, Überschlag, Explosion, Riesenflamme. Ich habe sie brennen
sehen in dem Cockpit, meine Retter. Der zweite Hubschrauber hat alle Taliban
erledigt, es waren acht von diesen dünnen, zwei lebten noch, aber nicht mehr
lange - komm.»
    Er stand
auf und öffnete die Tür des Humvees. Es war eng darin, aber sie fanden eine
Position, in der sie sich küssen konnten. Sie stieg noch einmal aus, um sich
die Hose auszuziehen und die Unterhose gleich auch, dann schliefen sie
miteinander. Er saß reglos da, während sie auf ihm ritt, seine Augen waren
geschlossen, er ächzte laut, und als er kam, schrie er auf. In dem Humvee roch
es nach Stahl, nach Gummi und Leder, und nach Männern roch es auch. Sie legte
ihre Wange an seine, bis sie merkte, dass ihm Tränen die Wangen runterliefen.
Ihre Hand strich durch sein Haar.
    «Was ist
da auf deinem Rücken?», fragte sie nach einer Weile.
    «Das ist
mein Panzer.»
    «Was für
ein Panzer?»
    Sie war
erschrocken, als sie seinen Rücken gestreichelt hatte. Die Haut war hart und
geriffelt wie ein Waschbrett.
    «Ich
erzähl dir etwas. Mein Großvater ist aus Papua-Neuguinea nach Amerika
eingewandert und hat dort eine Schwarze geheiratet. Er hat mir erzählt, dass
Krokodile auf Neuguinea heilige Tiere sind. Sie haben viele Krokodile dort in
den Flüssen, und diese Krokodile haben alle die Seelen von Menschen, weil sie
Menschen fressen, und die Seele des Gefressenen wandert auf das Krokodil über.
Früher wollten die Eingeborenen auch sein wie Krokodile, so stark und wehrhaft.
Sie haben sich viele kleine Schnitte in den Rücken machen lassen, und in die
Wunden wurde Asche gerieben. So bekamen sie Rücken, die so aussehen und sich so
anfühlen wie der Rücken eines

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