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Kurz vor Mitternacht

Kurz vor Mitternacht

Titel: Kurz vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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auf Glas oder Tüte?»
    «Nur die des Mädchens. Ich fand sie auch in ihrem Zimmer.»
    «Der Mörder brauchte das Glas gar nicht anzufassen», sagte Leach. «Er konnte das Veronal einfach hineinwerfen.»
    Battle ging die Treppe hinunter, gefolgt von Leach. Auf halbem Wege kamen sie an einem ziemlich hoch eingelassenen Fenster vorbei. In der Ecke lehnte eine Stange mit einem Haken.
    «Damit wird das Fenster geöffnet und geschlossen», erklärte Leach. «Aber man kann von außen nicht eindringen, das Fenster ist zu schmal.»
    «Daran dachte ich auch gar nicht», erwiderte Battle, der ein nachdenkliches Gesicht machte.
    Sie betraten das erste Zimmer im nächsten Stockwerk, das von Audrey bewohnt wurde. Hier herrschte Ordnung, nirgends lag ein Kleidungsstück herum. Battle blickte in den Schrank. Zwei Mäntel, ein Kostüm, zwei Abendkleider, drei Sommerkleider. Die Kleider waren billig, Mäntel und Kostüm dagegen von bester Qualität und gut geschnitten, aber nicht neu.
    Battle nickte vor sich hin. Er stand am Schreibtisch und spielte mit dem Federhalter, der links von der Schreibunterlage in einer Schale lag.
    Williams sagte: «Weder auf dem Löschpapier noch im Papierkorb hat sich etwas gefunden, das von Interesse wäre.»
    «Ihr Wort genügt mir», versetzte Battle. «Hier gibt’s nichts für uns.»
    Sie gingen in die anderen Räume.
    Bei Thomas entdeckten sie Unordnung. Kleidungsstücke lagen herum, auf dem Tisch und neben dem Bett war Asche verstreut, auf dem Nachttisch lag ein aufgeschlagenes Buch, Kiplings Kim.
    «Der Mann ist gewöhnt, dass sein Boy ihm alles aufräumt», bemerkte Battle. «Liest gern ältere Bücher. Konservativer Typ.»
    Marys Zimmer war klein, aber gemütlich. Battle betrachtete die Reisebücher auf dem Bord und die alten, wertvollen Silberbürsten. Ansonsten waren Möbel und Farben hier moderner als in den andern Räumen.
    «Sie ist weniger konservativ», sagte Battle. «Keine Fotografien. Entschieden kein Mensch, der in der Vergangenheit lebt.»
    Vier unbewohnte Zimmer gab es noch, alle gut in Schuss, sodass sie jederzeit benutzt werden konnten, überdies zwei Baderäume. Dann kam Lady Tressilians Doppelzimmer. Danach gelangte man über drei Stufen zu den beiden Räumen und dem Badezimmer, die das Ehepaar Strange bewohnte.
    In Neviles Zimmer hielt sich Battle nicht lange auf. Er schaute zu dem offenen Fenster hinaus, unter dem die Felsen jäh zum Wasser abfielen. Die Aussicht ging nach Westen, nach dem Stark Head zu, der sich wild und abwehrend aus dem Wasser erhob.
    «Hat Nachmittagssonne», murmelte er. «Aber einen ziemlich grimmigen Morgenblick. Bei Ebbe riecht’s hier auch nach Tang. Und der Felsen dort sieht finster aus. Kein Wunder, dass er Selbstmörder anlockt!»
    Er begab sich in den größeren Raum; die Verbindungstür war inzwischen aufgeschlossen worden.
    Hier war alles in wilder Unordnung. Kleidungsstücke lagen herum – schmutzige Wäsche, Strümpfe, Pullover; ein buntes Sommerkleid hing nachlässig über einem Stuhl. Battle blickte in den Schrank. Er war wohl gefüllt – Pelze, Abendroben, Shorts, Tenniskleider, Sportkostüme.
    Beinahe ehrfürchtig machte Battle den Schrank wieder zu.
    «Eine teure Gattin», bemerkte er. «Sie muss ihren Mann viel Geld kosten.»
    Leach mutmaßte: «Vielleicht hat er deshalb…» Er ließ den Satz unbeendet.
    «Ob er deshalb fünfzigtausend Pfund gebraucht hat? Möglich. Wir wollen lieber abwarten, was er dazu zu sagen hat.»
    Sie gingen in die Bibliothek. Williams wurde fortgeschickt, um den Angestellten mitzuteilen, dass sie mit ihrer Hausarbeit fortfahren konnten. Es stand den Bewohnern frei, sich wieder in ihren Zimmern aufzuhalten, wenn sie es wünschten. Außerdem wurden sie benachrichtigt, dass Sergeant Leach einen jeden allein sprechen wollte, als ersten Nevile Strange.
    Battle und Leach ließen sich an dem massiven Tisch nieder. Ein junger Polizeibeamter saß mit einem Stenogrammblock in einer Ecke, den Bleistift gezückt.
    Battle rieb sich nachdenklich das Kinn und runzelte die Brauen.
    «Ich wünschte, ich wüsste, wieso ich an Hercule Poirot denken muss.»
    «Meinst du den Belgier, diesen komischen kleinen Kerl?»
    «Komisch ist gut! Der ist ungefähr so gefährlich wie eine Tigerin, wenn er sich mit einem Fall befasst. Ich wünschte, er wäre hier. Dieser Fall wäre genau richtig für ihn.»
    «Inwiefern?»
    «Weil es sich um psychologische Zusammenhänge handelt», erwiderte Battle. Er dachte an Miss Amphrey und seine

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