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Kurz vor Mitternacht

Kurz vor Mitternacht

Titel: Kurz vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hörte ich dann das Mädchen schreien, und…»
    Leach unterbrach ihn: «Gut, gut. Um nochmal auf Ihre Unterhaltung mit Lady Tressilian zurückzukommen – worüber sprachen Sie mit ihr?»
    «Oh, über alles mögliche.»
    Nevile errötete.
    «Freundschaftlich?»
    «Gewiss.»
    «Sie hatten nicht zufällig einen heftigen Streit mit ihr?», forschte Leach.
    Nevile antwortete nicht.
    «Sie sollten uns besser die Wahrheit sagen, Mr Strange. Ich will Ihnen nicht verheimlichen, dass Ihr Gespräch gehört worden ist.»
    «Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit», erklärte Nevile kurz. «Ganz unbedeutend.»
    «Worum handelte es sich?»
    Mühsam bewahrte Nevile die Selbstbeherrschung. Er lächelte.
    «Offen gestanden, sie kanzelte mich ab. Das geschah öfters. Wenn ihr etwas nicht passte, sagte sie es geradeheraus. Sie war altmodisch, verstehen Sie, und sie konnte sich mit modernen Anschauungen nicht vertraut machen – Scheidungen und dergleichen. Wir hatten einen Wortwechsel, und ich geriet wohl etwas in Hitze, aber wir trennten uns in gutem Einvernehmen.» Aggressiv fügte er hinzu: «Ich versetzte ihr nicht etwa einen Hieb über den Kopf, weil ich in Wut geriet – falls Sie das denken!»
    Leach warf seinem Onkel einen Blick zu.
    Battle lehnte sich schwerfällig über den Tisch und sagte: «Sie erkannten in dem Golfschläger Ihr Eigentum. Wie erklären Sie die Tatsache, dass Ihre Fingerabdrücke darauf gefunden wurden?»
    Nevile starrte ihn an. Scharf gab er zurück: «Aber natürlich sind meine Fingerabdrücke darauf. Es ist ja mein Schläger – ich hab ihn oft benutzt.»
    «Ich meine, wie erklären Sie die Tatsache, dass Sie den Golfschläger als Letzter in der Hand gehabt haben?»
    Nevile saß ganz still. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren.
    «Das ist nicht wahr», erwiderte er schließlich. «Das kann nicht sein. Jemand muss ihn nach mir benutzt haben, jemand, der Handschuhe trug.»
    «Nein, Mr Strange, in diesem Falle wären Ihre Fingerabdrücke verwischt worden.»
    Es entstand eine Pause – eine sehr lange Pause.
    «O Gott», stieß Nevile hervor und schauderte. Er legte die Hände über die Augen. Die beiden Beamten beobachteten ihn. Dann ließ er die Hände sinken. Er saß ganz aufrecht. «Es ist nicht wahr», sagte er ruhig. «Es ist ganz einfach nicht wahr. Sie glauben, dass ich sie getötet habe, aber ich habe es nicht getan. Ich schwöre es Ihnen. Es muss sich um irgendeinen schrecklichen Irrtum handeln.»
    «Können Sie erklären, wieso Ärmel und Manschetten Ihres blauen Anzugs Blutflecken haben?»
    «Blutflecken?», wiederholte Nevile mit entsetztem Flüstern. «Unmöglich!»
    «Sie haben sich nicht vielleicht geschnitten?»
    «Nein. Natürlich nicht!»
    Sie warteten eine Weile. Nevile, dessen Stirn gerunzelt war, schien nachzudenken. Schließlich sah er die beiden Beamten mit schreckensstarrem Blick an.
    «Es ist fantastisch! Nichts davon kann wahr sein!»
    «Die Tatsachen sind wahr genug», bemerkte Inspektor Battle.
    «Aber warum sollte ich so etwas getan haben? Es ist unfassbar… unglaublich! Ich kenne meine Tante seit meiner Kindheit.»
    Leach hüstelte.
    «Sagten Sie uns nicht selber, dass Sie Lady Tressilians Erbe sind?»
    «Sie glauben, dass ich deshalb… Aber ich brauche kein Geld! Ich brauche es nicht!»
    «Das sagen Sie, Mr Strange.»
    Nevile sprang auf.
    «Schauen Sie, das ist etwas, das ich beweisen kann. Rufen Sie meine Bank an, Sie können selber mit dem Direktor sprechen.»
    Die Verbindung wurde hergestellt. Nevile sagte in die Sprechmuschel: «Sind Sie’s, Mr Ronaldson? Hier spricht Nevile Strange. Sie kennen doch meine Stimme, nicht wahr? Würden Sie bitte so gut sein und einem Polizeibeamten, der gerade hier ist, über meine Finanzverhältnisse Auskunft geben? – Danke vielmals.»
    Leach nahm den Hörer. Er sprach sehr ruhig. Er stellte Fragen und ließ sich Antwort geben.
    Schließlich legte er den Hörer auf.
    «Nun?», fragte Nevile eifrig.
    «Die Sache ist in Ordnung», sagte Leach mit einem Blick zu Battle. «Ihr Bankkonto weist eine beträchtliche Höhe auf.»
    «Na, sehen Sie.»
    «Gewiss, Mr Strange, aber das schließt nicht aus, dass Sie vielleicht woanders Schulden haben oder erpresst werden.»
    «Nein, nein, sicher nicht! Sie werden nichts dergleichen finden.»
    Battle mischte sich mit freundlichem, väterlichem Ton ein.
    «Sie müssen einsehen, Mr Strange, dass wir genügend Material in Händen haben, um Sie zu verhaften. Wir werden es jedoch nicht tun. Wir

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