Kuss im Morgenrot: Roman
einfach, Marks, Sie haben die Kontrolle …«
Sie packte die Aufschläge seines Mantels und zog ihn zu sich heran, und Leo verschloss ihren Mund mit seinem, bevor er überhaupt wusste, was er tat. Das Gefühl der Belustigung verschwand. Mit Catherine im Arm wankte er ein paar Schritte nach vorn, dann streckte er einen Arm aus, um sich an der Glaswand des Treibhauses abzustützen. Er nahm ihren Mund mit rauer, tief empfundener Leidenschaft, berauschte sich an der Berührung ihres Körpers, der sich ihm entgegenbäumte. Er verzehrte sich vor Lust, sein Fleisch war schwer und schmerzte vor Verlangen. Er küsste sie ohne jede Zurückhaltung, saugte, streichelte das Innere ihres Mundes so köstlich, dass es kaum noch zu ertragen war.
Bevor er jegliche Kontrolle über sich verlor, riss er sich von ihren Lippen los und hielt sie gegen seine Brust gepresst.
Noch eine Frage , dachte er matt, und zwang das, was von seinem Verstand übrig war, sich noch etwas einfallen zu lassen.
Seine Stimme war rau, als hätte er gerade Feuer eingeatmet. »Wie viele Exemplare von jeder Tierart nahm Moses mit in seine Arche?«
Sie nuschelte die Antwort in seinen Mantel. »Zwei.«
»Keines«, brachte Leo heraus. »Es war Noah, nicht Moses.«
Aber er fand das Spiel nicht mehr witzig, und Catherine schien es auch nicht mehr so wichtig zu sein, zu gewinnen. Aneinandergeschmiegt standen sie da und hielten sich. Ihre beiden Körper warfen einen einzigen Schatten, der sich über den Gartenweg erstreckte.
»Sagen wir, es steht unentschieden«, murmelte Leo.
Catherine schüttelte den Kopf. »Sie hatten recht«, sagte sie leise. »Ich kann überhaupt nicht mehr denken.«
Sie verharrten noch eine Weile in dieser Haltung, lauschten dem wilden Pochen ihrer Herzen. Sie waren beide wie benommen, beschäftigt mit einer Frage, die nicht gestellt werden durfte. Einer Antwort, die nicht gegeben werden konnte.
Leo stieß einen bebenden Seufzer aus und gab sie frei. Er zuckte zusammen, als sein erregtes Fleisch gegen den Hosenstoff scheuerte. Gott sei Dank, dass sein Mantel lang genug war, um das Problem zu verbergen. Er zog die Brille aus der Manteltasche und setzte sie ihr vorsichtig zurück auf die Nase.
Dann bot er ihr wortlos seinen Arm an – was so viel wie Waffenstillstand bedeutete –, und Catherine nahm ihn.
»Was heißt denn Lutscher ?«, erkundigte sie sich zaghaft, während er sie aus dem Küchengarten herausführte.
»Wenn ich es Ihnen erklären würde«, antwortete er, »würde das mit Sicherheit zu unanständigen Gedanken führen. Und ich weiß ja, wie sehr Sie diese verachten.«
Leo verbrachte den Großteil des folgenden Tages an einem Bach auf der Westseite des Anwesens, um den besten Ort für ein Wasserrad zu bestimmen und die Stelle zu markieren. Das Rad würde einen Durchmesser von etwa fünf Metern haben und mit einer Reihe von Eimern ausgestattet sein, die Wasser abschöpften und in einen Trog füllten, von wo aus es über lange Holzrinnen in die entsprechenden Gebiete geleitet werden sollte. Leo schätzte, dass mit dem System etwa hundertfünfzig Morgen Ackerland oder zehn große Pachthöfe bewässert werden konnten.
Nachdem Leo gemeinsam mit den Pächtern und Arbeitern den Bau angelegt, Holzpfähle in den Boden geschlagen und durch einen kalten, schlammigen Bach gewatet war, ritt er zurück zu Ramsay House. Es war später Nachmittag, die Sonne ein konzentriertes Gelb, das Gras still und unbewegt. Leo war müde, schweißgebadet und genervt von den angriffslustigen Stechfliegen. All die romantischen Dichter, die überschwänglich davon schwärmten, draußen in der Natur zu sein, dachte er bitter, waren gewiss noch nie an einem Bewässerungsprojekt beteiligt gewesen.
Seine Stiefel waren so dreckverkrustet, dass er zum Kücheneingang ging, die Stiefel vor der Tür auszog und das Haus in Socken betrat. Die Köchin und eine Magd waren gerade damit beschäftigt, Äpfel zu schneiden und Teig auszurollen, während Win und Beatrix am Arbeitstisch saßen und Silber polierten.
»Hallo Leo«, begrüßte Beatrix ihn vergnügt.
»Himmel, wie du aussiehst!«, rief Win.
Leo schenkte den beiden Schwestern ein Lächeln, dann rümpfte er die Nase, als er einen bitteren Gestank wahrnahm. »Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass es noch einen Geruch gibt, der meinen derzeitigen in den Schatten stellt. Was ist das? Metallpolitur?«
»Nein, tatsächlich handelt es sich um …« Win zögerte. »… eine Art Färbemittel.«
»Für
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