Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
vergelten.«
16
Inzwischen hatte sich Rastafan bereits von acht weiteren Männern getrennt, deren Wirken er für überbezahlt, unnütz oder sogar schädlich hielt. Das sorgte bei allen höheren Palastbeamten für größte Unruhe. Jeder fragte sich, ob er der Nächste sein würde. Deshalb berief Achhardin, der Kanzleivorsteher, eine kleine und geheime Versammlung ein, an der nicht nur jene teilnahmen, die sich noch in Amt und Würden befanden, sondern auch die ehemaligen Amtsinhaber, die sich sowohl in ihrem Stolz getroffen als auch in ihren Einkünften bedroht sahen.
Der äußerlich schmächtige, aber kluge Achhardin hatte sich zum Wortführer gemacht. Nicht die Sorge um seine Pfründe hatte ihn zu dieser Versammlung veranlasst. Im Gegensatz zu vielen anderen hielt er sich wirklich für unersetzlich. Es war seine überbordende Empörung über das Verhalten Rastafans, in dem er den Niedergang Margans erblickte, worin ihm Lenthor vorbehaltlos zustimmte.
Über den ersten Prinzen Jaryn hatte Achhardin einen Sieg errungen, aber damals hatte ihm der König den Rücken gestärkt. Diesmal mussten sie sich gegen den Herrscher selbst durchsetzen. Alle Anwesenden waren dazu bereit, aber nicht alle waren dazu in der Lage. Einige waren geistig träge geworden und hatten nicht im Traum daran gedacht, dass sich ihr Leben innerhalb der fest gefügten Überlieferungen einmal ändern könnte.
»Fassen wir doch die Situation einmal zusammen«, begann Achhardin. »Der König will neue Regeln einführen. Was ist das für ein König? Jemand wie Doron? Oder wie dessen Vater? Nein. Er ist ein ehemaliger Räuberhauptmann. Möglich, dass er Dorons Sohn ist, wir wissen es nicht. Aber er ist groß geworden inmitten von Abschaum, den wir auf den Zinnen der Mauer gepfählt hätten, wenn wir seiner habhaft geworden wären.«
Zu diesen Worten wurde lebhaft genickt und Zustimmung bekundet.
»Schon mit Jaryn, seinem Bruder, hatten wir Schwierigkeiten. Er war schwach, Rastafan ist großmäulig. Königlich ist keiner von ihnen. Es liegt daran, dass beide außerhalb des Palastes aufwuchsen ohne Zucht und das Verständnis für die Ausgewogenheit der Dinge. Doch wie ging es weiter? Wir werden von einem Mann beherrscht, dessen Mutter unseren König auf scheußliche Weise umgebracht hat. Vor Gericht wurde er von der Mitverschwörung freigesprochen, aber wir alle wissen, dass die beiden Priester der Himmelstempel sich auf seine Seite gestellt haben. Wenn ihr mich fragt, so bin ich nicht davon überzeugt, dass er mit seinem Onkel Lacunar keine Verbindung unterhält.«
Auch die anderen Anwesenden glaubten das nicht und stießen Verwünschungen gegen den Hochverräter aus.
Achhardin legte eine kleine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen, und beobachtete, wie sich die Stimmung gegen Rastafan verschärfte.
»Über all diese Unannehmlichkeiten haben wir hinweggesehen«, fuhr er fort, »weil Doron behauptet hat, Jaryn und nach ihm Rastafan seien seine Söhne, also wirkliche Prinzen. Wir haben dem neuen König Treue geschworen, obwohl seine staatsmännische Klugheit und sein Benehmen sich nicht sehr von der eines Bauern unterscheiden. Doch nun hat er zehn hohe Beamte aus edlen Häusern, die nur ihre Pflicht taten, einfach an die Luft gesetzt. So ein Unrecht hat es in Margan noch nie gegeben, und wir alle fragen uns, wen wird es als Nächsten treffen? Wie viele treue Diener der Krone will er noch aus dem Amt jagen? Und durch wen will er sie ersetzen? Welche Ausgeburten seines beschränkten Gehirns haben wir noch zu befürchten?«
Achhardin seufzte vernehmlich zu seinen eigenen Worten und breitete kurz die Arme aus. »Denn, meine Freunde, es geht hier nicht nur um uns, es geht um Jawendor. Wenn wir nichts unternehmen, kommt es zu Aufruhr, Mord und Bürgerkrieg.«
Zuerst schwiegen alle. Sie gaben Achhardin recht, aber niemand wusste einen Rat, denn jeder dachte an sich. Wer noch einen Posten hatte, wollte ihn nicht verlieren, und wer keinen mehr hatte, wollte nicht für irgendeine böse Tat in den Jammerturm wandern oder gar von höherer Warte einen Ausblick auf die Stadt genießen.
Schließlich meldete sich Lenthor zu Wort: »Obwohl der König für seine Person die Anrede ›Gottgleicher‹ oder ›Göttlicher‹ ablehnt, führt er sich doch auf, als sei er ein Gott. Doch auf welche Macht stützt er sich dabei? Seine einzigen Freunde sind bei der Eisernen Garde. Die Sonnenpriester hassen ihn, die Mondpriester halten Abstand, denn er hat Gaidaron
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