Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
»Der ehrenwerte Taymar beantragt, das Verfahren niederzuschlagen, weil es für die gegen ihn erhobenen Vorwürfe keine Beweise gibt.«
Aus dem Hintergrund kam zustimmendes Gemurmel. Taymars ständig lächelnde Mundwinkel wurden noch ein wenig breiter.
»Wer hat die Anklagen vorgebracht?«, fragte Jarmal, dem Protokoll genügend.
»Sie wurden damals dem Prinzen Jaryn als Bericht vorgelegt, der auch jetzt als Beweisgrundlage herangezogen wurde. Doch die Aussagen, die dort festgehalten wurden, stammen von Sklaven und Dienern, die nicht das Recht haben, gegen ihren Herrn auszusagen. Daher sind sie ungültig.«
»Und die Aussagen der Hausbesitzer und der Bauern, denen ihr Besitz genommen wurde? Wurden sie berücksichtigt?«
»Ihnen wurde nachgegangen. Die Namen der angeblich Geschädigten sind hier aufgeführt und wurden als Zeugen geladen. Ich bitte Euch, Richter Jarmal, sie befragen zu dürfen.«
Jarmal nickte, und Sangor wandte sich liebenswürdig lächelnd an den Ersten der Drei.
»Arstan, Bauer aus Caschu?«
»Der bin ich, Herr.«
»Ist es wahr, dass der hier angeklagte Taymar dir dein Vieh genommen hat und du daraufhin deinen Hof an ihn zu einem Spottpreis verkaufen musstest?«
»Wer behauptet so etwas? Das Gegenteil ist der Fall.« Der Mann legte seine Hand beteuernd auf die Brust. »Als mir die Milchkuh starb, hat der Herr Taymar uns seine gegeben, damit unser kleines Kind nicht verhungerte.«
Rangor wandte sich an den nächsten.
»Gamor, Bauer, ebenfalls aus Caschu?«
»Der bin ich, Herr.«
»Ist es wahr, dass Taymar, nachdem du seinen Steuereintreiber vom Hof gejagt hattest, dein Haus niederbrennen ließ?«
»Oh nein, das würde er nie tun, er ist ein gütiger Herr. Als er hörte, dass ich die Steuern in diesem Jahr nicht aufbringen kann, stundete er sie mir bis zur nächsten guten Ernte.«
Jetzt wandte sich Sangor an die Frau:
»Dymea, fahrende Händlerin aus der Provinz Caschu?«
Dymea errötete. »Die bin ich.«
»Ist es wahr, dass der Angeklagte deine Tochter und deinen halbwüchsigen Sohn unter dem Vorwand bei sich behalten hat, du habest ihn beim Handeln betrogen? Und ist es ferner wahr, dass er deiner Tochter ein Kind gemacht und den Jungen missbraucht hat?«
»Wie abscheulich! Von solchen Dingen habe ich noch nie in meinem Leben gehört. Meinen Kindern geht es gut. Immer, wenn ich nach Caschu komme, erkundigt der Herr sich nach ihnen und gibt mir Ketten oder Spielzeug für sie mit.«
Sangor nickte dem Schreiber zu. »Hast du das alles protokolliert?«
»Ja Herr.«
Sangor setzte sich, und Jarmal wandte sich an Taymar: »Angeklagter, habt Ihr dem noch etwas hinzuzufügen?«
Taymar erhob sich lächelnd und verneigte sich auch in Richtung des Königs. »Nichts weiter, als dass die Zeugen die Wahrheit gesprochen haben. Und auch meine Knechte und Mägde würden nichts anderes aussagen, wenn sie vor Gericht zugelassen wären. Ich behandele sie gut, und wer etwa anderes behauptet, will mich vor dem König verleumden.«
Jarmal nickte ihm zu. »Danke. Sangor, Ihr wolltet noch etwas erwähnen?«
»Ja, wenn Ihr erlaubt. Dem ehrenwerten Taymar wird allgemein vorgeworfen, zu viele Steuern zu erheben, angeblich, um sich zu bereichern. Sariera, der Schatzmeister, kann bestätigen, dass Taymar seine Steuern pünktlich und in voller Höhe abführt.«
Sariera sprang in die Höhe. »Das stimmt! Das kann ich bezeugen. Er zahlt sogar mehr als er muss, weil in seiner Provinz viele arbeitsame und fleißige Menschen wohnen.«
Jarmal erhob sich. »Nach Anhörung aller Beteiligten komme ich zum Urteil: Der Angeklagte ist unschuldig und wird freigesprochen. Der Bericht des Prinzen Jaryn wird als unrichtig verworfen. Das Verfahren ist beendet.«
Er wollte Rastafan noch höflich zunicken, aber der war bereits gegangen.
33
Am Fuße der Rabenhügel hatten sie sich getrennt. Jaryn und Laila nahmen den Weg zur Kurdurquelle, während Caelian Richtung Margan ritt. Maeva hatte ihm für die Schriftrollen eine besonders feste Tasche mitgegeben, die er am Sattel festgebunden hatte. Zu Pferd brauchte er nur wenige Stunden bis zu den Höhlen von Dimashk. Er würde sie noch vor Anbruch der Nacht erreichen. Dass ihn jemand erkannte, war unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Doch er hatte schließlich nichts zu verbergen.
Die Ruinen der Alathaia befanden sich in einem ehemaligen Tempelbezirk, der vor Jahrhunderten große Bedeutung besessen hatte und ein Mittelpunkt der Frömmigkeit gewesen war. In den Höhlen
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