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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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unterschiedliche Währung erst vor einigen Jahren weggefallen waren und ein Grenzübertritt inklusive Währungsumtausch aus einem Ausflug … rein gefühlsmäßig … doch immer eine größere Reise machte. Anders konnte er sich jedenfalls nicht erklären, dass er bestimmt seit zehn Jahren nicht mehr dort gewesen war.
    Sie hatten kaum die Türen geschlossen und das Gelände der Polizeidirektion verlassen, da vernahmen sie von der Rückbank ein zufriedenes Schnarchen.
    Kluftinger lenkte seinen Wagen in Richtung Autobahn und fühlte ein leichtes Unbehagen dabei, quasi allein mit Yildrim im Auto zu sitzen. Die Geschichte mit dem Internetcafé lag ihm immer noch im Magen, und er hoffte, dass der BKA-Mann ihn nicht darauf ansprechen würde. Deswegen war er froh gewesen, dass Bydlinski mitfuhr, auch wenn er sonst keinen gesteigerten Wert auf dessen Anwesenheit legte. Doch ein Blick in den Rückspiegel verriet Kluftinger, dass der wohl bis zu ihrer Ankunft nicht mehr aufwachen würde: Sein Schnarchen war einem regelmäßigen Brummen gewichen, den Kopf hatte er an die Scheibe gelehnt und aus seinem Mund rann ein dünner Speichelfaden auf seinen Unterarm, auf den er in Ermangelung eines Kissens seinen Kopf gestützt hatte. Kluftinger beneidete den Österreicher ein bisschen um seine offensichtliche Fähigkeit, so schnell einzuschlafen.
    Ein paar Minuten fuhren sie schweigend auf der Autobahn. Dann sagte Yildrim völlig unvermittelt: »Das mit den Sexseiten war doch ein Versehen, oder?«
    Kluftinger machte vor Schreck eine heftige Lenkbewegung nach links, was sein Hintermann mit einem Hupkonzert quittierte. Dann blickte er verlegen zu seinem Beifahrer. Der sah ihn erst streng an, dann entspannten sich seine Züge, und er zwinkerte ihm mit einem Auge zu, genau so, wie er es vorher im Büro getan hatte.
    Der Kommissar lächelte erleichtert: »Ja, ich … also, Computer sind jetzt nicht meine …«
    »Schon gut, das war mir gleich klar, dass Sie nicht auf Kosten des Steuerzahlers Ihre Libido anheizen«, unterbrach ihn Yildrim.
    Kluftinger lief rot an. »Gott bewahre«, presste er hervor. Als er die Worte ausgesprochen hatte, horchte er ihnen nach. Er hatte »Gott« gesagt, was hier eine ganz normale Redensart war. Aber er wusste ja gar nicht, wie sein Mitfahrer zur Religion stand. Weil ihm nichts Besseres einfiel, wie er dieses Thema anschneiden sollte, fragte er schließlich ganz direkt: »Welcher Religion gehören Sie eigentlich an?«
    Yildrim musterte ihn von der Seite. »Aha, die Gretchenfrage. Ich habe mich ehrlich gesagt schon gewundert, dass Sie mir die noch nicht gestellt haben.«
    Kluftinger schwieg. War es so offensichtlich gewesen, dass er sich in der Gegenwart des fremdländisch wirkenden Mannes etwas unsicher fühlte?
    »Ich bin Agnostiker.«
    Kluftinger schluckte. Er hatte auf einen Moslem getippt, was Namen und Aussehen nahegelegt hätten. Dass er nun aber einen waschechten Agnostiker neben sich sitzen hatte, das überraschte ihn schon. Ja, er war geradezu beeindruckt, denn er kannte sonst niemanden, der dieser Religion angehörte, hatte eigentlich auch noch nie wirklich von ihr gehört. Bemüht, nicht allzu neugierig und vor allem möglichst tolerant und weltoffen zu klingen, fragte er mit ehrlichem Interesse: »Aha. Haben Sie da auch spezielle … Kirchen? Oder … oder Moscheen oder so was?«
    Die dunklen Augenbrauen des Mannes zogen sich zusammen. Kluftinger biss sich auf die Unterlippe. Hatte er etwas Falsches gesagt? Schnell schob er nach: »Ich meine, wozu … ähm … bekennen Sie sich denn da? So ganz allgemein …«
    Jetzt grinste sein Nebenmann wieder. »Als Agnostiker habe ich nichts zu bekennen, Herr Kluftinger. Sie sind wohl noch nie einem begegnet, oder?«
    »Och, ich, also …« Der Kommissar schüttelte den Kopf.
    »Kein Problem. Ist ja auch kein Wunder. Sie sind doch aus … Altusried, oder?«
    »Ich … äh, ja.«
    »Und Sie sind katholisch?«
    »Ja. Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe einfach die Wahrscheinlichkeitsrechnung bemüht. Im Oberallgäu, wozu Ihre Heimatgemeinde ja gehört, gibt es laut der letzten Volkszählung fast achtzig Prozent Katholiken. Die Chancen standen also gut, dass Sie einer sind. Wenn man dann noch die fast fünfzehn Prozent Protestanten dazu zählt und die Moslems, ist man nahezu bei einhundert Prozent. Kein Wunder, dass Sie noch keinen Agnostiker getroffen haben.«
    Das klang für den Kommissar recht einleuchtend. Allerdings wusste er immer noch

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