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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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gehört: Ich würde Bydlinski gern nach Österreich mitnehmen. Er kann es mit den Landsleuten sicher besser als wir. Sie müssen hier derweil eine wichtige Aufgabe übernehmen: Um herauszufinden, wo sich die Bombe im Stadion befindet, müssten Sie sich erneut Kudratov vorknöpfen. Nehmen Sie ihn ruhig hart ran. Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass wir irgendetwas aus ihm herausbekommen: Den Versuch ist es wert. Spielen Sie ihm vor, wir hätten bereits alles durchschaut und den Sprengsatz entschärft. Vielleicht verrät er sich ja. Punkt neunzehn Uhr ist unsere Deadline. Wenn wir bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts Konkretes haben, lassen wir evakuieren.«
    Kluftinger hatte verstanden. Aber dass er nun mit Kudratov, diesem harten Brocken, fertig werden sollte, während alle anderen am Ort des Geschehens waren, behagte ihm ganz und gar nicht.
    Wenn er jedoch dies gegen die Alternative abwog, in einem engen Helikopter bis nach Innsbruck fliegen zu müssen, kam es ihm wie ein Spaziergang vor.

Noch 2 Stunden, 42 Minuten, 18 Sekunden
    »Sie sehen andauernd auf die Uhr, Herr Kommissar«, sagte Kudratov mit jenem süffisanten Grinsen, das Kluftinger in den letzten Tagen regelrecht hassen gelernt hatte. »Ihre Zeit läuft allmählich ab, nicht wahr?«
    Das Schlimmste war, dass er Recht hatte. Es war bereits halb sieben. Kluftinger schnaubte: »Ach, meinen Sie? Ich würde eher sagen, Ihre Zeit ist bereits abgelaufen! Sie haben soeben die Beteiligung am Terroranschlag zugegeben.«
    »Nein, das habe ich nicht. Dass Sie es mit einem Countdown zu tun haben, habe ich doch längst bei Ihrem zweifelhaften Verhörmarathon hier gemerkt.«
    Der Kommissar reagierte nicht, stattdessen wagte er, wie es ihm Yildrim empfohlen hatte, den ersten Bluff: »Wissen Sie, was wir uns jetzt noch fragen: Wie gelang es Ihren Leuten, die Bombe dort zu verstecken?«
    Kudratov lachte kurz auf und fragte dann grinsend: »Wo denn?«
    Kluftinger zögerte nur einen Moment und sagte dann: »Ja … dort halt … wo sie ist … war … eben. Meisterleistung, das.«
    »Denken Sie denn im Ernst, ich wäre so naiv? Gesetzt den Fall, ich hätte wirklich mit Ihrem Anschlag zu tun? Ich hätte Sie für intelligenter gehalten. Ich merke nur zu gut, dass Sie keineswegs wissen, wo die Bombe ist, Sie kennen noch nicht einmal das Land, nicht wahr?«
    Kluftinger war Kudratov, der an einem kleinen Resopaltischchen saß, die ganze Zeit mit verschränkten Armen gegenübergestanden. Jetzt nahm er aus der Aktenmappe, die er mitgenommen hatte, einen Bogen Papier, ging um den Tisch herum und breitete den Plan des Stadions direkt vor Kudratov aus.
    »Das Tivolistadion Innsbruck. Wie haben Sie die Bombe dort untergebracht?«
    Kluftinger entging nicht, dass Kudratov zusammenzuckte. Dieser Treffer hatte gesessen. Kudratov war zumindest angezählt. Beide schwiegen. Der Kommissar, weil er wusste, dass das im Moment am meisten bewirkte. Und Kudratov, da war Kluftinger überzeugt, weil er nicht weiterwusste. Doch die Schwäche des Tadschiken dauerte nur kurz. Der Kommissar stand seitlich, sodass er dessen Gesicht sehen konnte. Er stützte für eine halbe Minute den Kopf in die Hände und rieb sich die Augen. Dann hob er den Kopf wieder und blickte Kluftinger an. Entschlossenheit sprach aus seinen Zügen.
    »Kommissar, heute ist für uns alle der Tag der Entscheidung. Für mich ist das Spiel wohl aus. Schade, das war so nicht geplant. Ich wäre gern ungeschoren aus der Geschichte herausgekommen, um noch mehr in meiner Sache, der meines Landes und natürlich meiner religiösen Überzeugung zu unternehmen. Aber ich bin ebenso entschlossen wie meine Mitstreiter, täuschen Sie sich da nicht. Auch für mich steht anderswo der Lohn bereit.«
    Eindeutiger konnte Kudratov seine Rolle als Drahtzieher kaum eingestehen, auch wenn das unterm Strich relativ wenig brachte.
    »Also, dann reden Sie: Wie haben Sie …?«, begann Kluftinger erneut, aber Kudratov fiel ihm ins Wort: »Hören Sie, selbst wenn Sie den Sprengsatz gefunden haben, was ich nach wie vor nicht glaube: Unser Stachel sitzt so tief im welken Fleisch dieser Gesellschaft, er wird seine Wirkung nicht verfehlen.«
    Kluftinger stutzte. Kudratovs Ton hatte sich verändert. Bisher war er meist ruhig, hatte distanziert, souverän und emotionslos gewirkt. Nun aber sprach aus seinen Worten eine eigenartige Entschlossenheit. Und die Worte kamen Kluftinger seltsam bekannt vor.
    »Sie haben auch die Mails verfasst,

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