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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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würde.
    Sascha Bördemann schien die Ausführungen kaum besser aufzunehmen. Die Augen hinter der Brille waren rot gerändert. Scham und Schuld standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Was auch immer am Ende für ein Urteil gesprochen würde – schon hier zu sitzen und den Folgen seiner Tat ins Gesicht zu sehen, war eine Strafe für ihn.
    Nur Lennard Müller, der blonde Junge mit dem Engelsgesicht, richtete den Blick stoisch geradeaus. Ihm war nicht anzumerken, ob die Worte von Dr. Hannah Brüggen etwas in ihm auslösten. Es war wie bei den Vernehmungen. Der Junge wirkte wie erstarrt. Eine dicke Mauer umgab ihn. Hambrock erinnerte sich, wie er Lennard befragt hatte, als die anderen beiden bereits geständig waren. Sein Anwalt hatte ihm geraten, umfassend mit der Polizei zu kooperieren. Das wäre der einzige Weg, jetzt noch irgendetwas zu retten. Trotzdem hatte Lennard am Vernehmungstisch stur geradeaus geblickt und nur das Allernötigste gesprochen. Als hätte er sich auf die Rolle des stummen Gangsters festgelegt, aus der er nicht mehr auszubrechen vermochte.
    Nachdem Dr. Hannah Brüggen ihre Ausführungen beendet hatte, fragte die Richterin: »Dann war die Todesursache also eindeutig der finale Tritt gegen den Hinterkopf?«
    »Ja, das ist richtig«, sagte die Ärztin. Sie hielt eine Mappe hoch. »Wenn Sie möchten, kann ich das anhand von Fotos belegen.«
    Richterin Schniederjohann nickte. »Das wäre freundlich.«
    Dr. Hannah Brüggen ging mit der Mappe zum Richtertisch, gefolgt von Staatsanwalt und Verteidiger. Den Zuschauern wurden die folgenden Erklärungen vorenthalten. Ohne Mikrofon war die Stimme der Ärztin kaum zu hören. Am Richtertisch steckten alle die Köpfe zusammen und betrachteten die Fotos, während die Rechtsmedizinerin in Zimmerlautstärke das tödliche Trauma erklärte.
    Nachdem sich alle wieder gesetzt hatten und die Ärztin die Mappe wieder eingesteckt hatte, bekam die Verteidigung die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Die junge Anwältin wandte sich an Hannah Brüggen.
    »Sie haben uns nun ja die tödlichen Verletztungen erklärt, die durch den finalen Tritt entstanden sind«, sagte sie. »Wenn wir diesen Tritt ausnehmen würden, rein spekulativ, wären die restlichen Verletzungen allein auch tödlich gewesen? Oder hätte Marius Baar ohne diesen finalen Tritt überlebt?«
    »Einspruch«, kam es von der Verteidigung. »Ich sehe nicht, wo das hinführen soll.«
    »Ich auch nicht«, meinte die Richterin.
    Die Anwältin streckte den Rücken durch. »Bislang konnte nicht ausgeschlossen werden, dass ein unbekannter Dritter am Tatort war.« Stöhnen war zu hören, der Staatsanwalt verdrehte die Augen. »Wenn wir aber die Aussage eines Angeklagten nehmen«, fuhr die Anwältin unbeirrt fort, »wonach das Opfer noch gelebt hatte, als die Angeklagten geflohen sind, stellt sich diese Frage.«
    »Bitte antworten Sie«, sagte die Richterin zu Dr. Hannah Brüggen.
    »Das lässt sich schwer sagen«, meinte die. »Die anderen Verletzungen waren zum Teil schwerwiegend. Es ist durchaus denkbar, dass Marius Baar auch ohne dieses Trauma gestorben wäre. Schwer zu sagen.«
    »Das heißt aber, es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass er überlebt hätte, wenn dieser letzte und unmittelbar tödliche Tritt nicht abgegeben worden wäre?«
    »Nein«, sagte die Ärztin. »Es ist durchaus möglich, dass er in diesem Fall überlebt hätte.«
    Damit war die Befragung beendet. Hambrock bemerkte, dass er Kopfschmerzen bekommen hatte. Die Luft im Saal war völlig verbraucht. Es waren einfach zu viele Leute gekommen. Dr. Hannah Brüggen verließ den Raum.
    Der psychologische Sachverständige war der nächste Zeuge auf der Liste. Doch nach kurzem Zögern verkündete Richterin Schniederjohann eine Kaffeepause. Fortsetzung der Verhandlung in zwanzig Minuten.
    Dann stand sie auf und verließ den Saal.
    Sofort brandeten Unterhaltungen auf, es wurde in Taschen gekramt, Leute standen auf, reckten sich, schlurften zum Ausgang. Die Gerichtsdiener öffneten die Türen, und nach und nach strömten alle nach draußen in den Lichthof.
    Hambrock nahm seinen Mantel unter den Arm und steuerte ebenfalls den Ausgang an. Jetzt erst entdeckte ihn einer der Lokalreporter: Hubertus Meyer, ein Urgestein der Münsterschen Nachrichten, kam mit großen Schritten auf ihn zu. Er kratzte sich verwundert am Glatzkopf und fuhr sich mit einer nachdenklichen Geste durch den Vollbart.
    »Hambrock, das ist ja eine Überraschung«, sagte er. »Was

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