Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
Vom Netzwerk:
Schlag. Bei seinen Vorstrafen musste er sich hier fühlen wie in der Höhle des Löwen. Hambrock versuchte, das Eis zu brechen, indem er ihm von der Kantine, dem Schießstand und den Laboren erzählte. Vor allem für den Schießstand schien Fabio sich zu interessieren.
    »Wenn du willst, können wir ihn uns nachher ansehen.«
    »Echt? Das ist super! Darf ich auch mal schießen?«
    Hambrock lachte. »Gucken muss erst mal reichen.«
    In seinem Büro fuhr er den Computer hoch und setzte einen Brief an die Inkassofirma auf, in dem er Fabios finanzielle Situation schilderte und das Zustandekommen des Vertrags. Er schlug vor, die ursprüngliche Gebühr in Raten zu zahlen, ansonsten bleibe den Gläubigern nur noch die Möglichkeit zu vollstrecken. Dass bei jemandem wie Fabio dabei nichts herausspringen würde, war denen sicherlich klar.
    Fabio war in der Zwischenzeit sichtlich aufgetaut. Er hatte sich in den Besuchersessel geflegelt und machte mit dem Basketball kleine Kunststücke über seinem Kopf. Ließ ihn auf der Fingerspitze kreisen, warf ihn hoch und fing ihn mit der Handaußenfläche wieder auf. Hambrock sah bereits die Fensterscheibe in Scherben liegen, verkniff sich aber einen Kommentar.
    »So, der Brief ist fertig. Wenn die antworten, kommst du wieder zu mir. Dann sehen wir, was wir erreichen.«
    »Ich hab Ihnen doch von dem Freund erzählt, der einen kennt, der mit diesem Lennard befreundet ist«, wechselte Fabio das Thema. »Der Angeklagte. Wissen Sie noch?«
    »Ja, schon. Aber ich hab dir gesagt, dass da alles geklärt ist. Der Fall ist abgeschlossen.«
    »Ach so. Ich dachte nur, das würde Sie vielleicht interessieren. Das ist nämlich ein ziemlich komischer Typ, dieser Bekannte von Lennard. Mein Kumpel meint, der ist total durchgeknallt. Hat total krasse Ansichten. Alle Ausländer ausweisen. Und Schwule müssen verbrannt werden. Und mit Frauen hat der auch irgendein Problem, keine Ahnung, was das war. Jedenfalls waren die beiden ständig zusammen, dieser Typ und Lennard. Bis Lennards Vater das mitgekriegt und seinem Sohn den Kontakt verboten hat. Der ist ja Apotheker oder so und wollte wohl nicht, dass sein Sohn mit so einem asozialen Irren rumhängt.«
    »Das mag ja alles sein, Fabio, aber ich denke …«
    »Was ich eigentlich sagen will ist, Lennard und dieser komische Typ haben sich über so eine Facebook-Gruppe kennengelernt. In der Gruppe geht’s irgendwie um nordische Sagen oder so. Irgendwas mit Odin und keltischen Kreuzen. Aber das ist nur Tarnung, sagt mein Kumpel, denn eigentlich sind das so eine Art Neonazis, die dahinterstecken. Und bei den Ansichten von diesem Typen würde mich das auch nicht wundern, wenn der was mit irgendwelchen Rechten zu tun hat.«
    »Fabio.« Hambrock holte Luft. »Sollen wir jetzt in den Schießraum?«
    »Warten Sie. Das Wichtigste kommt noch. Dieser Typ, der da am Bahnhof erschlagen wurde, der hat noch einen kleinen Bruder. Roland heißt der, glaub ich. Roland Baar. Na, jedenfalls war der auch Mitglied von dieser Facebook-Gruppe. Die kannten sich, verstehen Sie?«
    Hambrock war völlig verdattert. »Wie meinst du das, die kannten sich? Wie viele Leute sind denn in so einer Gruppe drin? Das kann doch auch Zufall sein.«
    »Eine Menge Leute sind da drin. Aber Lennard und Roland haben angefangen, miteinander zu chatten, sagt mein Bekannter. Weil Roland das gleiche Problem hatte. Sein Vater hatte ihm auch verboten, mit diesen Typen aus der Szene Kontakt aufzunehmen. Beide Väter wollten um jeden Preis verhindern, dass ihre Söhne bei irgendwelchen Nazis landen. So haben die sich kennengelernt. Das ist schließlich was, das einen verbündet. Beide konnten sich nicht gegen ihre alten Herren durchsetzen. Aber sie konnten sich im Internet darüber austauschen. Und abkotzen.«
    Hambrock traute seinen Ohren nicht. Diese Geschichte hätte doch bei den Ermittlungen zutage kommen müssen.
    »Bist du dir ganz sicher, dass es da um Lennard Müller und Roland Baar geht?«
    Fabio wirkte verunsichert. »Mein Bekannter sagt das jedenfalls.«
    Das musste ein Missverständnis sein. Diese Geschichte war ausgedacht, oder Fabio hatte da etwas durcheinandergebracht. Trotzdem. Hambrock musste dieser Sache nachgehen. Er packte Fabio an den Schultern.
    »Also gut. Kannst du mir den Namen von deinem Bekannten sagen? Ich muss unbedingt mit ihm reden.«

11
    Marius klopfte an Rolands Zimmertür.
    »Roland? Bist du da drin?«
    Er lauschte. Nichts.
    »Komm schon, Roland. Ich hab noch was

Weitere Kostenlose Bücher