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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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Rückruftaste. Sein Kollege war sofort am Apparat.
    »Interessante Neuigkeiten, Hambrock.«
    »Ach ja? Lass hören.«
    »Der Typ auf dem Foto, das Michael geschossen hat. Wir wissen jetzt, wer das ist. Jens Bentrup, ein gebürtiger Gertenbecker. Und jetzt halt dich fest: Dieser Bentrup hat sich vor zwei Jahren als Privatdetektiv selbstständig gemacht. Hier in Münster. Untreue Ehemänner aufspüren und so ein Zeug. Läuft aber wohl nicht so gut, seine Detektei.«
    »Das ist tatsächlich interessant. Habt ihr mit ihm gesprochen?«
    »Ja, natürlich. Aber der streitet alles ab. Mit Marius habe das alles nichts zu tun gehabt. Er sei eben häufig im Zug gewesen, weil er seine Eltern in Gertenbeck besucht habe.«
    »Na ja, so abwegig ist das ja auch nicht.«
    »Das ist aber noch nicht alles. Ich hab ein bisschen nachgeforscht. Und jetzt pass auf: Der Typ war zusammen mit Nicole Baar in der Schule. Die beiden waren Klassenkameraden. Nach dem Ende der Schulzeit hat es wohl lange keinen Kontakt gegeben. Doch dann war da ein Ehemaligentreffen, wo sie miteinander ins Gespräch gekommen sind, drei Monate vor Marius’ Tod. Ungefähr zu der Zeit, als Bentrup laut Michael häufiger im Regionalzug aufgetaucht ist. Und was hat Michael noch gesagt? Dass er den Eindruck hatte, dieser Typ beobachtet Marius.«
    Bevor Hambrock etwas sagen konnte, schob Gratczek hinterher: »Und jetzt sag noch mal, für wie abwegig du das Ganze hältst.«

22
    »Du bist mit dem Taxi gekommen?«, fragte Nathalie irritiert. »Den ganzen Weg von Gertenbeck hierher?«
    Marius zuckte mit den Schultern. Es war zufällig eins vorbeigekommen, als er das Firmengelände verlassen hatte. Er hatte eben so schnell wie möglich nach Münster gewollt. Als er das Taxi herangewinkt hatte, war ihm lediglich durch den Kopf gegangen: Bis ich erst zum Bahnhof zurückgelaufen bin … Und weiß der Himmel, wann der nächste Zug fährt.
    Sie machte große Augen. »Was hat das denn gekostet?«
    Er schwieg. Ihm wurde bewusst, dass er gerade unnötig Geld ausgegeben hatte. Das musste er sich abgewöhnen. Jetzt, wo er keinen Zugang mehr zu seinen Konten hatte, blieb ihm nur noch das Geld, das er bei sich trug. Nach der Taxifahrt waren das noch knapp zweihundert Euro. Er musste sich etwas einfallen lassen.
    Marius skizzierte mit wenigen Worten, was in der Firma passiert war. Nathalie lauschte mit offenem Mund.
    »Dein Vater weiß also Bescheid?«, fragte sie.
    »Ja. Es ist vorbei. Er hat mich rausgeschmissen.«
    Sie betrachtete ihn. Ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. Dann trat sie näher und strich ihm eine Strähne aus der Stirn.
    »Und wie geht es dir jetzt?«
    »Okay. Durcheinander. Das wird schon.« Er zog eine Grimasse. »Ich kann jetzt nur nicht mehr nach Hause.«
    »Du bleibst natürlich hier. In einer Woche geht es eh nach Berlin.«
    »Ich… ich habe auch kein Geld mehr. Mein Vater hat meine Konten sperren lassen. Ich hätte sie vorher leer räumen sollen, aber dafür ist es jetzt zu spät.«
    »Mach dir keine Sorgen deshalb.« Sie umarmte ihn. »Wir sind zusammen. Das werden wir hinkriegen.«
    Dann zog sie ihn in die Wohnung. »Komm rein. Ich koch uns erst mal einen Kaffee.«
    Drinnen herrschte Chaos. Überall standen Umzugskisten herum. Stapelweise Zeitungspapier, ein auseinandergebauter Schrank, Wandfarbe, Putzeimer, Wischlappen. Marius sah sich um. Ihm wurde bewusst, dass ihre neue Wohnung ausschließlich mit Nathalies Hausstand eingerichtet werden würde. Nicht einmal eine Kaffeetasse steuerte er für den gemeinsamen Haushalt bei.
    Er dachte an das, was sein Vater gesagt hatte. Dass er am Rockzipfel seiner Freundin hängen und ohne ihre Hilfe nicht klarkommen würde. Mühsam verdrängte er den Gedanken wieder.
    Sie setzten sich an den Küchentisch, tranken Kaffee und rauchten eine Zigarette. Nathalie war zunehmend aufgekratzt wegen der Geschehnisse, und langsam änderte sich auch Marius’ Stimmung. Erst jetzt begriff er, was passiert war. Er hatte sich tatsächlich von seiner Familie befreit. Einer gemeinsamen Zukunft mit Nathalie stand nun nichts mehr im Wege. Sie hatten es geschafft.
    Kurz darauf kam Mikey nach Hause. Auch er schien sich aufrichtig zu freuen. Er beglückwünschte Marius zu der Aussprache mit seinem Vater, und auch was sein Geldproblem anging, hatte er gleich eine Idee.
    »Du kannst auf dem Stadtfest aushelfen«, schlug er vor. »Du weißt schon, das Spektakel in der Innenstadt. Wir suchen noch jemanden für den Weinstand am

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