Lass nur dein Herz entscheiden
wartende Taxi gestiegen.
Und heute würde sie ihn wiedersehen. Bei dem Gedanken setzte sich Miriam im Bett auf und sinnierte über ihre Dummheit. Denn es war dumm, mit dem Feuer zu spielen. Ihr wurde kalt, und sie kuschelte sich wieder unter die Decke. Die Heizung würde erst in einer Stunde anspringen.
Was Jay über ihren Vater und ihre Einstellung zur Liebe und zu den Männern gesagt hatte, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Dass sie auf einen bestimmten Typ Mann anziehend wirkte, hatte sich Miriam immer damit erklärt, dass sie zu weichherzig war. Versager, die eine umsorgende Frau brauchten, hatten das erkannt. Jetzt fragte sich Miriam, ob es vielleicht umgekehrt gewesen war und sie sich unbewusst diese Typen ausgesucht hatte.
Könnte Jay recht haben? War sie immer nur sichergegangen, dass sie die Kontrolle über die Beziehung hatte? Zweifellos hatte sie nie die geringste Lust gehabt, mit einem von ihnen Ernst zu machen.
Selbst wenn sie das berücksichtigte, es änderte nichts an Jays Betrug. Tatsächlich bewies es nur, dass sie früher das Richtige getan hatte. Es war klug gewesen, die gut aussehenden, charmanten Typen zu meiden, die Frauen verführten und wieder verließen.
Nur dass Jay sie, wenn man es genau nahm, nicht verlassen hatte.
Der Gedanke kam völlig unerwartet und trieb Miriam trotz der Kälte im Zimmer aus dem Bett. Sie entschied sich für ein Schaumbad, doch sobald sie im warmen Wasser lag, dachte sie wieder an Jay. Er hatte immer seine Unschuld beteuert und ihre Ehe nie abgeschrieben. „Das war ich“, murmelte Miriam.
Aus gutem Grund. Sie hatte ihn praktisch auf frischer Tat mit Belinda ertappt, um Himmels willen! Und dann hatte die Frau all ihre Befürchtungen bestätigt, indem sie über ihre Affäre mit Jay gesprochen hatte. Warum hätte Belinda das tun sollen, wenn sie nicht mit ihm geschlafen hatte?
Vielleicht aus Neid oder verschmähter Liebe?
Panik überfiel Miriam, hastig schob sie alle Zweifel beiseite. Sie hatte schon oft genug darüber nachgedacht. Jay könne einen davon überzeugen, dass Schwarz Weiß sei, hatte Clara gesagt. Und sie hatte recht.
„Ich weiß, was ich weiß.“ Miriam sprach es laut aus, weil sie es hören musste. Wenn sie jetzt anfing, an sich selbst zu zweifeln, waren die vergangenen unglücklichen zehn Monate umsonst gewesen. Es würde bedeuten, dass sie schuld war. Und sie war es nicht. Wenn sie es sich recht überlegte, hatte Jay sie mit seinem Gerede über ihren Vater als eine Art Verrückte hingestellt. Doch davon würde sie sich nicht manipulieren lassen.
Miriam setzte sich so abrupt auf, dass Wasser über den Wannenrand auf den gefliesten Boden schwappte. Sie musste standhaft bleiben. Keinesfalls durfte sie zu einer Marionette werden, die nach Jays Pfeife tanzte.
Um neun klopfte es. Clara war noch in Nachthemd und Bademantel – beides schwarz, natürlich. So völlig ungeschminkt und mit ungestyltem Haar sah sie fast ein wenig kindlich aus. Sie kam ins Zimmer gehüpft, zog ein Kissen vom Sofa und ließ sich auf den Boden plumpsen. „Alle intimen Einzelheiten, bitte“, verlangte sie heiter.
„Ich muss dich leider enttäuschen“, sagte Miriam lächelnd. „Er war der perfekte Gentleman.“
„Wieder?“ Clara rümpfte die Nase. „Hat er nicht versucht, seinen Willen durchzusetzen?“
Miriam schüttelte den Kopf.
„Und was habt ihr gemacht? Wohin seid ihr gefahren? Wann ist das nächste Treffen?“
„Wir haben erst zu Mittag gegessen, waren dann an der Themse spazieren, haben uns abends ein Musical angesehen und sind danach in ein Restaurant gegangen.“
„Oh, Miriam!“, rief Clara verzweifelt. „Ich wusste es. Er hat dich wieder um den Finger gewickelt.“
„Hat er nicht.“
„Bist du dir sicher?“
„Völlig.“
„Und du hast keine interessanten Enthüllungen für mich?“
„Keine.“ Bis auf die leidenschaftlichen Küsse. Aber Miriam hatte beschlossen, darüber den Mantel des Schweigens zu breiten.
„Setz schon mal Kaffee auf, und dabei werde ich dir etwas wirklich Komisches erzählen.“
„Was ist passiert?“ Miriam war sich nicht sicher, ob ihre Freundin aufgeregt oder verlegen klang. Irgendwo dazwischen, das beschrieb es am besten.
Clara zupfte mit ihren schwarz lackierten Fingernägeln an der Borte des Kissens. „Ich habe dir doch von diesem Typ bei mir im Sender erzählt, erinnerst du dich?“
„Der …“ ohne Sex lebt, wollte Miriam sagen und änderte es um in: „… mit sich im Reinen ist?“
„Wir
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