Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Archäologie studiert und nicht Germanistik und Literatur wie Marius. Seit gut zwei Wochen habe ich hier ganz in der Nähe zu tun, in Drachenthal, um genauer zu sein, und da dachte ich, es wäre höchste Zeit, meinen alten Freund und Studienkollegen endlich einmal wiederzusehen.«
Dazu müssen wir ihn erst mal aus der Dunklen Festung befreien!, schoss es Laura durch den Kopf. Aber das geht diese Rika doch nichts an.
Was sie bloß von Papa will?
K apitel 4 Ein
überraschender
Besuch
arius Leander wusste nicht mehr genau, seit wann er in diesem verdreckten Loch im tiefsten Verlies der Dunklen Festung gefangen gehalten wurde. War es jetzt ein Jahr her, dass er von den Schwarzen Rittern nach Aventerra entführt worden war?
Oder eineinhalb?
Oder vielleicht noch länger?
Marius hatte nicht die geringste Ahnung. Durch die vielen Tage, die er in der Todesstarre verbracht und bei völlig klarem Bewusstsein wie zu Stein erstarrt auf seiner grob gezimmerten Pritsche gelegen hatte, war sein Zeitgefühl verloren gegangen. Es kam ihm so vor, als währe sein Gefangenendasein schon ewig, und nur der Gedanke an seine Kinder bewahrte ihn davor, die Hoffnung auf Rettung endgültig aufzugeben.
Laura und Lukas.
Wie es ihnen wohl ging?
Ob sie noch an ihn dachten?
Oder hatten sie ihn vielleicht schon vergessen?
Noch im gleichen Moment verwarf Marius den Gedanken. Niemals würden sie ihn vergessen! Niemals würden sie aufhören, auf seine Rückkehr zu hoffen, auch wenn die völlig unmöglich erschien.
Als dumpfe Schritte aus der Ferne heranhallten, richtete Marius Leander sich auf dem verrotteten Strohsack auf, der ihm als Schlaflager diente, und spähte mit angehaltenem Atem zum schmalen Gang jenseits des armdicken Gitters, das die Vorderseite seiner Zelle bildete.
War das der Schwarze Fürst?
Oder diese bleiche Frau im smaragdgrünen Gewand, die ihm das Rad der Zeit entwendet hatte und es nun um ihren Schlangenhals trug?
Oder war es der schreckliche Fhurhur, der ihn aufs Neue foltern wollte?
Auch die beiden Gefängniswärter – ein großer, schmaler und ein kleiner mit zotteligem Haar, auf deren Stirn jeweils ein zusätzliches Auge prangte –, die an einem Holztischchen vor seinem Verlies hockten und ihn nicht aus den drei Augen ließen, spähten gespannt in den Gang.
Als Marius erkannte, dass es sich nur um einen der Schwarzen Ritter handelte, atmete er erleichtert auf. Am Kinn des Mannes spross ein dünnes Ziegenbärtchen. Auf einen Wink des Besuchers hin sperrte der größere der Trioktiden die Gittertür auf. Der Ritter schlüpfte in die nur durch eine Fackel beleuchtete Zelle. »Mitkommen!«, blaffte er den Gefangenen an.
Noch bevor Marius reagieren konnte, verpasste er ihm einen groben Tritt. »Jetzt mach schon! Borboron will dich sehen, und der kann es gar nicht leiden, wenn man ihn warten lässt!«
Ächzend rappelte Marius sich auf und humpelte auf die Zellentüre zu. Unter den bloßen Füßen spürte er Dreck und den Kot der Ratten und Mäuse, die ihm in den Nächten Gesellschaft leisteten. Doch all das störte ihn längst nicht mehr.
Borboron!, hämmerte es ihm durch den Kopf. Was kann der Schwarze Fürst von mir wollen?
Seit er sich in der Gewalt des Dunklen Herrschers befand, war dies das erste Mal, dass dieser ihn zu sich befahl – und Marius Leander schwante nichts Gutes.
R ika Reval starrte Laura aus großen Augen an. »Tot?«, fragte sie ungläubig. »Anna ist tot?«
Laura nickte. »Ja.« Die Traurigkeit in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Es sind jetzt fast genau acht Jahre vergangen, seit Mama ums Leben gekommen ist.«
Die junge Frau, die auf dem Stuhl vor Lukas’ Schreibtisch Platz genommen hatte, schüttelte fassungslos den Kopf. »Wie schrecklich«, sagte sie und sah die nebeneinander auf dem Bett sitzenden Geschwister mitleidig an. »Tut mir Leid für euch, aber das hab ich nicht gewusst.«
Laura rang sich ein Lächeln ab. »Schon gut.«
»Und wie… Ich meine, wie ist das denn passiert?«
»Es war ein Unfall«, antwortete Laura. »Mama und ich waren mit dem Auto unterwegs, als plötzlich zwei schwarze Hunde auf die Fahrbahn liefen. Wahrscheinlich wollte sie ihnen ausweichen, und dabei muss sie die Gewalt über den Wagen verloren haben. Jedenfalls sind wir von der Straße abgekommen und in einem See gelandet. An Einzelheiten kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern. Nur, dass Mama mir irgendwie aus dem Auto rausgeholfen hat und ich auf das Ufer zugeschwommen bin. Alles andere
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