Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Mal, wenn ich Euch danach frage. Nur leider merke ich nichts davon!«
Gramar schien verwundert. »Wie meint Ihr das, Herr?«
»Ganz einfach: Noch immer gibt es mehr als genug dieser menschlichen Kreaturen, die für die Sache des Lichts eintreten und damit ganz offensichtlich den falschen Verlockungen widerstehen, mit denen Ihr und Euresgleichen sie zu umschmeicheln versucht.«
»Nun ja, Herr… « Der Wunschgaukler wand sich in seinem Sessel. »Manche Menschen sind überaus widerspenstig und beharren auf ihrem eigenen Willen.«
»Eben!« Der Finger des Tyrannen schoss vor und bohrte sich in die Brust seines Gegenübers. »Genau das meinte ich! Aber ich will, dass sich das ändert – und zwar schnell!«
»Das ist nicht so einfach, Herr!« Gramar wurde zusehends unwohler. »Glaubt mir: Wir geben uns die allergrößte Mühe. Aber leider fällt nicht jeder auf die Verlockungen herein, die wir ihm einzuflüstern versuchen – und klängen sie noch so viel versprechend.«
»Ihr sagt es.« Der Schwarze Fürst seufzte und strich sich nachdenklich über das kantige Kinn. »Aber wie wäre es denn – wenn Ihr Macht über die Träume der Menschen erlangen würdet?«
Die Augen des Wunschgauklers begannen zu leuchten. »Das wäre vortrefflich, Herr! Die Menschen sind doch überzeugt, dass die Träume einzig und alleine ihrem Inneren entspringen. Es würde ihnen niemals einfallen, dass ein anderer ihnen damit etwas einflüstern oder vorgaukeln will. Wenn wir die Macht über ihre Träume gewinnen, dann gewinnen wir gleichzeitig die Macht über sie selbst. Nur…« Wie zum Bedauern hob Gramar die Hände. »Leider ist uns das nicht möglich. Nur die Traumspinner, die über die Erleuchtlinge gebieten, können den Menschen Botschaften im Schlaf übermitteln.«
Der Schwarze Fürst richtete sich in seinem Sessel auf und sah Gramar gespannt an. »Aber mit ihrer Hilfe könntet Ihr diesen Kreaturen sehr wohl Eure falschen Wünsche einflüstern und sie für unsere Sache gewinnen?«
»Natürlich! Nur…« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Die Traumspinner werden dabei nicht mitspielen. Sie stehen schon seit Anbeginn der Zeiten treu und fest auf der Seite des Lichts.«
»Ich weiß!« Ein böses Grinsen huschte über das Gesicht des Schwarzen Fürsten. »Aber wer sagt denn, dass das bis in alle Ewigkeit der Fall sein muss? Selbst wenn sie die Seiten nicht aus freien Stücken wechseln wollen – glaubt mir, ich kenne Mittel und Wege genug, um sie dazu zu zwingen!«
»Gut! Sehr gut!« Das Gesicht des Wunschgauklers hatte nun beinahe die Farbe des Getränks, dem er so eifrig zusprach. Doch plötzlich gefror sein weinseliges Lächeln. »Allerdings, Herr – wie wollt Ihr denn wissen, ob diese Traumspinner Euch nicht betrügen? Wir Aventerrianer sind im Gegensatz zu den Menschen doch des Träumens nicht mächtig und können deshalb nicht überprüfen, ob sie auch die richtige Botschaft auf den Weg bringen?«
»Meint Ihr wirklich, das hätte ich nicht bedacht?« Borborons Augen glimmten feuerrot. »Oder wusstet Ihr nur nicht, dass sich eine dieser Kreaturen vom Menschenstern schon seit langem der Angenehmlichkeiten meines Kerkers erfreut?« Dann fing er an zu lachen, dass es durch den ganzen Thronsaal hallte.
A ls die Umrisse von Burg Ravenstein am fernen Horizont auftauchten, dämmerte es bereits. Der Ausflug nach Drachenthal hatte länger gedauert, als Laura geplant hatte. Es war bestimmt schon Zeit zum Abendessen. Dabei hatte sie noch nicht einmal ihre Hausaufgaben erledigt und musste auch den Schimmel noch in den Stall bringen.
Oh, Mann!
Ungeduldig trieb sie Sturmwind an. »Jetzt lauf doch, mein Alter. Lauf!« Dabei preschte der Hengst schon dahin wie von Furien gehetzt.
Unversehens tauchte der Wolfshügel auf der linken Seite auf. Im gleichen Augenblick irrlichterte der Gedanke an Konrad Köpfer durch Lauras Kopf. An den Wiedergänger, dessen Grab sich auf dem Alten Schindacker jenseits des Wolfshügels befand. Oder vielmehr das Grab des Henkers von Ravenstein, als der dieser vor Jahrhunderten in ungeweihter Erde verscharrt worden war und seither keine Ruhe mehr fand. Bevor das Mädchen merkte, was es tat, zog es die Zügel an und brachte Sturmwind zum Stehen.
Der Hengst schnaubte seinen Protest in die Abenddämmerung, allerdings vergebens.
Wie magisch angezogen, starrte Laura auf die kleine Erhebung. Im Schein der letzten Sonnenstrahlen lockte sie wie ein Versprechen. Sollte sie nicht diese Gelegenheit nutzen, um
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