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Lavendel und Blütenstaub

Lavendel und Blütenstaub

Titel: Lavendel und Blütenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Habersatter
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dass Oma im Krankenhaus war, stellte er fest.
    "Morgen Jonathan. Tut mir leid, dass ich jetzt erst komme. Ich hatte noch etwas zu erledigen Kann ich reinkommen?"
    "Ja, ähm, ..." Unbehaglich sah er sich um. Schließlich gab er sich einen Ruck. "Oma ist nicht da."
    "Wo ist sie?", fragt Erwin. Seine Stimme klang besorgt.
    "Ähm ... Mum und Oma sind letzte Nacht ins Krankenhaus gefahren. Sie wollte dich heute gleich anrufen!", fügte er beschwichtigend hinzu. "Ich weiß ja selber noch nicht, was los ist." Hilflos zuckte er mit den Schultern.
    Erwin stand da und starrte Jonathan an. "Was war los?"
    "Oma hatte am Abend solche Schmerzen und bekam dann fast keine Luft mehr. Ich weiß auch nicht genau. Mum ist dann mit ihr ins Krankenhaus." Hilflos ließ er die Hände sinken und blickte seinen Onkel an.
    Erwin atmete tief durch. "Schon gut. Du kannst ja nichts dafür. Kann ich mal telefonieren? Mein Handyakku ist gleich leer."
    "Klar, komm rein."
    Erwin ging an Jonathan vorbei ins Haus. In der Küche nahm er den Hörer ab und wählte eine Nummer, die er von einem Zettel las, den er eingesteckt hatte. Jonathan sah bei genauerem hinsehen, dass es eine Visitenkarte war.
    "Dr. Werneck? Hier Erwin Lukas. Ich habe gerade erfahren, was passiert ist. Wie geht es meiner Mutter? ... Mhm ... Ah, Gott sei Dank! ... In Ordnung. Ich danke Ihnen. Auf Wiederhören."
    Erwin legte auf und sah Jonathan an. "Soweit alles in Ordnung. Oma geht es heute schon viel besser. Der Arzt meinte, sie wurde auf neue Schmerzmittel eingestellt. Ich werde gleich ins Krankenhaus fahren. Kommst du mit?"
    Jonathan zögerte kurz, dann willigte er nickend ein.
    "Aber zuerst wäscht du dich noch und ziehst ein anderes T-Shirt an. So verschlafen und zerknittert nehme ich dich nicht mit."
    Während Erwin die letzten Worte sprach, ging er auch schon zur Tür hinaus und setzte sich ins Auto. Jonathan beeilte sich mit seiner Katzenwäsche und gemeinsam fuhren sie los.
     
     
    Erwin
     
    Tagelang war er am Nachmittag, wenn Stella ihn, ohne es zu wissen, bei Anna abgelöst hatte, vor dem Computer gesessen und hatte im Internet über Erfolgsaussichten bei Krebserkrankungen recherchiert.
    Ihm waren dabei im Internet die wundersamsten Mittelchen und Therapieformen unter gekommen. Von irgendwelchen Putzmitteln, die angeblich Krebszellen beseitigen konnten, bis hin zu Wunderheilern, die mit bloßem Handauflegen oder gar Hinsehen die Menschen heilen konnten, war alles dabei gewesen. Erwin war jedoch so realistisch, dies als Scharlatanerie abzutun und nicht ernst zu nehmen. Was er suchte, waren schulmedizinische Erfolgsgeschichten, doch die waren selten, vor allem in diesem Alter und mit dieser Diagnose. Was blieb, waren Wochen oder Monate, in denen man nur die Schmerzen reduzieren konnte.
    Erwin hatte deshalb begonnen, in eine andere Richtung zu suchen. Wenn seine Mutter schon keine Therapie machen wollte, dann sollte sie wenigstens anderweitig Hilfe bekommen. Stella musste wieder arbeiten, Erwin und Gabriela waren ebenfalls im Berufsleben eingespannt, seine Tochter hatte zwei kleine Kinder. Der einzige, der Zeit hätte, war Jonathan, aber einen Achtzehnjährigen bei der Betreuung seiner krebskranken Oma einzuspannen, war für Erwin undenkbar. In seinen Augen schaffte es der Junge nicht einmal für sich selbst zu sorgen.
    Nach der unerwarteten letzten Entlassung von Anna, die Stella veranlasst hatte, war Erwin nun endlich bewusst geworden, wie sehr sich Anna in ihr Haus zurück gewünscht hatte. Es hatte zwar ein wenig gedauert, bis er es sich eingestanden hatte, aber in diesen paar Tagen mit Anna war ihm klar geworden, dass Stella eigentlich das einzig Richtige getan hatte. Sie hatte alles liegen und stehen gelassen und sich darum gekümmert, dass Anna glücklich sein konnte. Und das war sie nun mal in ihren eigenen vier Wänden, das musste Erwin einsehen.
    Die weiteren Recherchen brachten Erwin zu Seiten der mobilen Hospizbewegung. Er las sich die Informationen durch und druckte sich Ansprechpartner aus. Ihm gefiel das Konzept der Organisation, deshalb wollte er versuchen, für seine Mutter eine Hospizbetreuung zu arrangieren. Er musste nur noch Stella in seinen Plan einweihen, auch wenn er eigentlich den Kontakt zu ihr meiden wollte. Je mehr die Krankheit seiner Mutter voran schritt, desto mehr sah er jedoch ein, dass der Streit in den Hintergrund rücken sollte. Anna ging vor.
    An dem Tag, an dem er also mit Stella über die Hospizbewegung reden wollte, wurde alles anders,

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