Leander und die Stille der Koje (German Edition)
nach.
»Baginski. Ich meine natürlich: Herr Baginski. Danach hat mich Oberkommissar Hinrichs mit dem Zeugen zur Zentralstation geschickt und ist alleine am Auffindeort geblieben.«
»Und vorher? War Oberkommissar Hinrichs da auch längere Zeit mit dem Toten alleine im Wärterhaus?«
»Ja, klar. Ich habe den Zeugen zum Auto begleitet. Herr Baginski musste sogar noch seine Fotoausrüstung vom Teich holen. Das hat schon alles seine Zeit gedauert.«
»Das heißt, nur Oberkommissar Hinrichs kann die Leiche verändert haben?«
Hauptmeister Olufs ging jetzt offenbar auf, welch ein Verdacht gerade auf seinen Vorgesetzten fiel. Der Schreck verschlug ihm einen Moment lang die Sprache. Er brachte nur ein Nicken zustande.
»Haben Sie eine Erklärung für Hinrichs Verhalten?«
»Seine Frau«, stammelte Jens Olufs. »Ich meine natürlich Rickmers’ Frau. Hinrichs hat immer von Rickmers’ Frau geredet und davon, welchen Ruf die Familie zu verlieren hätte. Jetzt verstehe ich das erst. Wahrscheinlich hat er es deshalb getan.«
»Gut, Herr Olufs, Sie warten jetzt einen Moment draußen auf dem Flur auf uns. Wir fahren dann zusammen zurück.«
Jens Olufs nickte verunsichert, denn der immanente Verdacht, er könne seinen Vorgesetzten warnen, war ihm nicht entgangen. Lena und Dieter Bennings verpflichteten Heinz Baginski, der immer noch nicht fassen konnte, dass er in seinem Schock die Veränderungen am Tatort nicht bemerkt hatte, darauf, zu niemandem ein Wort über das gerade Gehörte zu verlieren, vor allem nicht gegenüber der Presse. Außerdem wiesen sie ihn an, nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus in die Zentralstation zu kommen, um dort seine eben gemachte Aussage zu unterschreiben. Dann folgten sie ihrem Kollegen Olufs hinaus.
Polizeioberkommissar Torben Hinrichs bekam einen panischen Gesichtsausdruck, als Lena die Tatortfotos wortlos vor ihm auf den Tisch warf und scharf fragte: »Fällt Ihnen dazu etwas ein?«
Er blickte oberflächlich darüber hinweg und bemühte sich, Haltung zu bewahren. Schließlich konnte es ja sein, dass die beiden Hauptkommissare ihn mit einer Lappalie konfrontieren wollten und die ganze Tragweite seiner Verfehlungen überhaupt nicht kannten. Ruhig bleiben, dachte er, jetzt bloß keinen unüberlegten Schritt machen und denen auch noch zusätzliche Munition liefern!
»Was soll mir denn da einfallen?«, erkundigte er sich, wobei es ihm nicht gelang, den Widerspruch zwischen seiner vermeintlich selbstsicheren Gegenfrage und seinen zitternden Händen aufzulösen.
»Herr Hinrichs, wir waren eben im Krankenhaus bei dem Zeugen Baginski und haben ihm die Tatortfotos gezeigt. Was glauben Sie wohl, ist ihm dabei sofort aufgefallen?«
Na bitte, das war’s. Hinrichs hatte gleich Böses geahnt, als Olufs mit einem Umschlag in der Hand aus der Zentralstation gestürmt war, ohne auf seine Fragen zu reagieren. Derart insubordinär war man nur, wenn man stärkere Kräfte hinter sich wusste. Wenn Olufs nicht mehr spurte, dann war der Stern des Oberkommissars im Sinken begriffen. Er hatte nur noch nicht gewusst, welchen Hebel die Kriminalbeamten ansetzten. Jetzt wusste er es. Scheiße!
»Herr Hinrichs?«, ließ Lena nicht locker. »Sind Sie noch unter uns? Ich habe Ihnen eine Frage gestellt und warte auf die Antwort. So läuft das in der Regel: Frage – Antwort. Also bitte!«
»Ich weiß gar nicht, was Sie von mir wollen!«, trat Hinrichs nun die Flucht nach vorne an, wobei seine Stimme den Nachdruck der Attacke noch nicht mittrug. »Was ist denn mit den Fotos? Wir haben sie sofort nach dem Auffinden der Leiche gemacht. Gleich als wir am Tatort eingetroffen sind. Fragen Sie Olufs, der war dabei.«
»Das haben wir schon gemacht«, mischte sich nun Dieter Bennings ein, der den Eindruck hatte, dass man die Gangart deutlich verschärfen musste und Hinrichs keine Ausweichmöglichkeiten bieten durfte. »Der Kollege Olufs hat ausgesagt, dass Sie ihn zusammen mit dem Auffindungszeugen Baginski zum Wagen geschickt haben. Die Fotos wurden erst nach längerer Abwesenheit der beiden gemacht. Das heißt, Sie waren geraume Zeit mit der Leiche alleine. Sollte also nun zwischen dem Auffindungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Fotografierens irgendetwas an der Leiche verändert worden sein, dann können nur Sie dafür verantwortlich sein. Stimmen Sie mir da zu?«
»Ja … Nein … Ja … ich meine, was soll denn da verändert worden sein?«
»Falsche Frage, Herr Hinrichs«, ergriff Lena wieder das Wort. »Die
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