Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)
vollkommen anders geplant gewesen. In jenem Moment traf nichts besser die Situation, als dass ich Kevin näher als je zuvor und ihm dennoch so fern war. In der letzten Zeit hatte ich das Gefühl, mich selbst nicht mehr wiederzuerkennen. Ich hatte eine gerade Linie in mein Leben bringen wollen, während nun alles darauf hinauslief, meine Gefühlswelt völlig durcheinander zu wirbeln.
„Ist alles okay?“, riss Kevin mich aus meinen Gedanken.
Ich schreckte hoch und blinzelte ihn verwirrt an
„Du siehst mittlerweile verdammt gut aus“, sagte er dann und jagte mir dadurch einen deutlichen roten Schimmer auf die Wangen. Es war wieder nur ein Kompliment, aus dem ich mir vermutlich zu viel versprach. Ich konnte nicht glauben, dass ich für Kevin nur ein neuer guter Freund geworden war. Wir hatten uns bereits zweimal so tief in die Augen gesehen, dass keiner dem Blick hatte ausweichen können. Außerdem war der Kinobesuch Kevins Idee gewesen. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass er all das nur tat, um mir zu helfen. Auf seinen letzten Kommentar wusste ich nichts zu erwidern, weshalb ich dankbar war, als die Kinowerbung begann und der Saal verdunkelt wurde. Ich legte die Tafel zur Seite und lehnte mich in dem bequemen Sitz zurück, um der Kinowerbung aufmerksam folgen zu können. Kurz darauf kam es noch zur Filmvorschau, bis die Lichter komplett ausgeschaltet wurden und der Film begann.
Ab und zu betrachtete ich Kevin vorsichtig von der Seite. Dieser schien jedoch hochkonzentriert zu sein und meine Blicke nicht zu bemerken. Ich holte mir den Popcorneimer zurück auf den Schoß und ließ mir die ersten Maisflocken genüsslich auf der Zunge zergehen. Einige Kinobesucher tuschelten noch mit ihren Freunden und die verschiedenen Pärchen kuschelten sich aneinander. Ich hielt Kevin das Popcorn hin und er griff ohne Worte direkt zu und stopfte sich in einem tranceartigen Zustand immer gleich eine ganze Handvoll in den Mund. Ich konnte mich kaum ausschließlich mit dem spannenden Film beschäftigen. Immer wieder musste ich Kevin beobachten und über sein Verhalten schmunzeln.
„Das ist so mies …“, flüsterte er, während eine Darstellerin des Filmes einer unlösbaren Aufgabe des so genannten Rätselmörders ausgeliefert war.
Ich grinste und versuchte mich schließlich doch für den Rest des Filmes auf die Handlung zu konzentrieren und Kevins Nähe einfach zu genießen. Immer wieder murmelte er mit seinem von Popcorn gefüllten Mund irgendetwas und zuckte bei einer Szene erschrocken zusammen.
„Das ist ja fast wie im ersten Film“, nuschelte er und sah mich kurz an. Ich konnte in dem dunklen Raum nicht viel erkennen, mir schienen seine Augen leicht zu glitzern, weil sich die Helligkeit der Leinwand in ihnen spiegelte. Ich nickte lächelnd und tat so, als ob ich die Handlung lückenfrei verfolgt hätte. Letztendlich lehnte ich mich tatsächlich zurück und verfolgte den übrigen Filmverlauf, ohne mich selbst weiter abzulenken.
Befand man sich als Zuschauer erst einmal fest im Geschehen, verging die Zeit doch recht schnell. Das Ende war ähnlich dem ersten. Man wurde überrascht mit einem Schluss, den man kaum erwartet hätte. Der Puzzlemörder hatte sich wieder ein verstricktes Netz aus Spielregeln ausgedacht, denen man bloß hätte folgen sollen, um das Schlimmste verhindern zu können. Wie es typisch für Filme dieser Aufmachung war und wie man es vom ersten Teil ableiten konnte, hatte die Hauptfigur der wichtigsten Regel allerdings nicht folgen können. Somit kam es zu einem bitteren Ende, welches eine weitere Fortsetzung versprach.
Die Lichter im Kinosaal wurden langsam wieder heller. Der Popcorneimer war fast leer und die Luft im gesamten Raum stickig geworden. Während der Abspann lief und sich die meisten sofort aufrichteten und wild mit ihren Freunden zu diskutieren begannen, packte ich meine Sachen zusammen und schaute Kevin erwartungsvoll an.
„Geiler Film“, war seine kurze Meinung und er schien nicht das Bedürfnis zu haben, weiter über die Handlung nachzudenken oder verschiedene Filmabschnitte zu zerlegen, um sie anschließend zu interpretieren. Als wir uns endlich aufrichteten, begann mein Magen laut zu knurren.
„Da hat aber jemand Hunger“, schmunzelte Kevin und hängte sich seine Tasche über die Schultern.
Ich nickte und strich ein paar meiner blonden Haarsträhnen aus meiner Stirn.
„Ich aber auch“, fuhr er fort, während wir uns aus der Sitzreihe quetschten und dann die Treppen in
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