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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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tauchte den Löffel in ihren eigenen Becher und runzelte kritisch die
Stirn, als sie ihre Kreation probierte. Tony kostete ebenfalls.
„Das ist genial“, lobte sie.
Samantha seufzte hingerissen. „Wo nimmst du nur die Ideen her. Ich
experimentiere ganz gern mit den Kräutern für die Tomatensoße. Aber ein Buch
voller Eiscremerezepte zu erfinden? Das kann ich mir kaum vorstellen.“
„Dein wievieltes Kochbuch wird das?“, erkundigte sich Tony.
„Das Fünfte.“ Maike lächelte stolz. „Am erfolgreichsten war: ‚Ein Dessert
für jede Tafel‘ , das vor zwei Jahren erschienen ist. Der Verlag hat
vorgeschlagen, noch mal etwas Ähnliches rauszubringen.“
„Köstlich.“ Tony schleckte ihren Löffel ab.
„Es hält mich beschäftigt. Besonders jetzt, im Sommer.“
Samantha nickte düster. „Dieses Jahr ist ein Albtraum.“
„Die ganzen Jahre hab ich dich einigermaßen beneidet“, gestand Maike. „Wenn
Arne schon kaum nach Hause kam, hattest du wenigstens Danny bei dir.“
„Das ist ja jetzt vorbei“, klagte Samantha. „Danny sagt mir mitten ins Gesicht,
dass er mich nicht um Erlaubnis fragen muss, wenn er sich in der Weltgeschichte
rumtreiben will. Und Arne gibt ihm auch noch recht!“
Maike machte ein mitfühlendes Geräusch und legte die Hand auf Samanthas Arm.
Tony löffelte gedankenverloren ihr Eis. Sie kam sich denkbar überflüssig vor,
während die beiden sich weiter unterhielten. Was wusste sie schon davon, in
welche Schwierigkeiten sich junge Bluttrinker bringen konnten? Ihr Blick blieb
an den hohen Fenstern hängen. Die verspielten Backsteingiebel am gegenüberliegenden
Ufer der Prinsengracht ragten aus einem Meer saftig grüner Straßenbäume hervor.
Die Stimmen der Frauen verschmolzen zu einem gleichförmigen Brummen.
    „Wie geht es dir
denn so, Tony?“
Verwirrt sah sie auf. Die beiden Gefährtinnen musterten sie kritisch. Wie viel
der Unterhaltung hatte sie verpasst?
„Gut.“ Tony zuckte die Schultern.
Maike und Samantha tauschten bedeutsame Blicke.
„Du hast abgenommen, seit ich dich zuletzt gesehen habe“, stellte Samantha
fest.
Unbehaglich sah Tony an sich hinunter. Ihre Jeans fühlten sich in letzter Zeit
tatsächlich geräumiger an. Aber so viel, dass man es sehen konnte?
Überhaupt, was sollte dieses Verhör? Hätte Samantha den gleichen Satz zu Maike
gesagt, die blonde Gefährtin würde sich, begeistert auf und ab hüpfend, vor dem
Garderobenspiegel drehen.
„Na und?“ Tony zupfte am Saum ihres Shirts.
„Du wirkst abwesend“, fuhr Samantha fort. „Und du sagst kaum ein Wort.“
Dass sie so aufmerksam beobachtet wurde, brachte Tony in Verlegenheit. Und
ärgerte sie zugleich. Bevor sie zu einer ausweichenden Antwort ansetzen konnte,
redete Maike weiter auf sie ein. „Wir sind doch Freunde, Tony.“ Sie legte die
Handflächen flach auf den Tisch, neben Tonys Hand, die den Eislöffel
umklammerte. „Wir sitzen im selben Boot. Wenn wir nicht miteinander reden, was
dann?“
Tony blickte in die mitfühlenden Augen der beiden Frauen, ein Paar graublau,
das andere haselnussbraun. „Ihr seid gute Beobachterinnen“, gestand sie.
„Ach was“, Maike wischte das Kompliment vom Tisch. „Wir haben diesen Nerv mehr
oder weniger jedes Jahr.“
Samantha nickte. „Jeden Sommer, wenn sowieso kaum Zeit zur Verfügung steht,
wird diese Stadt von Horden von Touristen heimgesucht. Und mit den Touristen
kommen die Bluttrinker.“
„Jeremias Schüler, die sich hier herumtreiben, sind nur die Spitze des
Eisberges“, warf Maike ein.
„Und jetzt auch noch ein Mord.“ Samantha schüttelte den Kopf. „Ich habe vor ein
paar Tagen mit Elena telefoniert. Die Ärmste ist völlig am Ende.“
„Du kennst sie?“ Lukas hatte Tony von Finns Mutter erzählt.
„Cornelius lebte schon in Amsterdam, lange bevor Arne und ich uns hier
niederließen. Ich habe Elena allerdings erst kennengelernt, als wir fast
gleichzeitig schwanger waren. Gesellschaftlich haben wir kaum miteinander zu
tun. Diese uralten, steinreichen Geschäftsmänner neigen dazu, etwas elitär zu
sein. Man muss ihnen das nachsehen. Sie haben Jahrtausende in einer Welt
gelebt, in der Standesunterschiede eine große Rolle spielten.“
Tony widersprach nicht, obwohl sie ihre Zweifel hatte. Lukas Eltern waren weder
jung noch arm und schienen in dieser Hinsicht keine Probleme zu haben.
„Was ich sagen will, ist, dass wir genau wissen, wie du dich fühlst. Und für
dich ist es sogar besonders schlimm.“
Tony war nie der Typ gewesen, der sich

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