Lebenselixier
verglichen
human.“
„Du bist sicher, dass er zu der Mordserie gehört?“ Matthias hob beschwichtigend
die Hände, als Jeremias Miene sich weiter verdüsterte. „Du hast ihn in England
gefunden, vermute ich.“
„Im Keller eines leer stehenden Laborgebäudes. Zusammen mit einem Haufen Akten
und Datenmaterial, das wir noch auswerten müssen. Aber aus den Unterlagen geht
eines ganz klar hervor: Unser Blut ist das Motiv.“
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„Diese Typen
bringen einen minderjährigen Vampir in ihre Gewalt. Sie zapfen ihm sein Blut
ab, köpfen ihn und lassen die Leiche in einem Keller liegen. Neben einem ganzen
Stapel Akten, aus dem hervorgeht, dass sie mit dem Blut irgendwelchen
Pharmascheiß vorhaben?“
Lukas nickte bedächtig. Etienne hatte die neuesten Erkenntnisse treffend
zusammengefasst. „So ungefähr.“
„Ich will dich natürlich nicht ausquetschen, wenn du nichts sagen darfst“,
beteuerte Etienne.
„Es ist kein Geheimnis.“ Lukas zog Tony näher an sich. Sie lümmelten in Thomas
und Jans Wohnung auf einem der tiefen Sofas herum. Etienne und Sue belagerten
das zweite Sofa.
„Der Rat wird offizielle Warnungen an alle Familien mit heranwachsenden Söhnen
herausgeben. An die Eltern seiner Schüler hat Jeremias sich bereits persönlich
gewandt. Was die Täter betrifft: Sie waren dämlich, aber nicht so dämlich.
Nachdem, was ich erfahren habe, wurden alle belastenden Unterlagen fein
säuberlich in einem speziellen Container untergebracht. Aber die Firma, die die
Akten vernichten sollte, tauchte nicht auf. Warum auch immer. Jeremias Leute
werden wohl noch eine ganze Weile mit dem Auswerten beschäftigt sein. Natürlich
hoffen wir auf Hinweise zu Namen und Orten.“
„Und wie sie die Jungs gefunden und überwältigt haben?“
„Darüber können wir vorläufig nur spekulieren.“ Lukas zuckte die Schultern.
„Dass ein junger Bluttrinker dumm genug war, sich von Sterblichen überwältigen
zu lassen, ist denkbar. Aber drei in so kurzer Zeit?“ Jan schüttelte den Kopf.
„Es ist für jede der Familien ein harter Schlag.“
„Nicht viele von uns können auf mehrere Nachkommen hoffen. Arne steht ziemlich
unter Druck in dieser Sache. Der Rat sieht schon unsere Population schwinden,
was natürlich völlig übertrieben ist.“
„Warum ist das eigentlich so ein Problem?“, platzte Tony heraus, ebenso
verwundert wie neugierig.
„Cornelius ist ein recht vernünftiger Typ. Aber er ist auch einer der
einflussreichsten Leute in den Niederlanden. Wenn er sich an den Rat wendet,
bleibt Antonius nichts übrig, als zu reagieren.“
„Das meine ich nicht. Warum bekommen Bluttrinker so wenige Kinder? Nora hat mir
erzählt, dass deine Eltern es ein paar Jahrzehnte probieren mussten, bis es
geklappt hat. Aber wir haben doch auch eine Menge Zeit, oder?“
Lukas Miene versteinerte. Tony begriff, spätestens als sie die Reaktionen der
anderen Bluttrinker bemerkte, dass sie etwas Falsches gesagt hatte.
Jan verschränkte die Arme vor der Brust, schlug die Beine übereinander und
fixierte den leeren Kaminofen, als wäre dort etwas Spannendes zu entdecken.
Etienne versuchte erfolglos, ein breites Grinsen zu unterdrücken. Er
betrachtete Lukas mit unverhohlenem Spott.
In Thomas Augen blitzte Neugier auf. Ein Stubentiger hatte es sich zu seinen
Füßen bequem gemacht. Der Zweite lag auf seinem Schoß und schnurrte wie ein Reibeisen.
Thomas Hand hielt inne, hörte auf das seidige Fell zu kraulen. Die Katze
verstummte und spitzte die Ohren. Nur Sue schien die plötzliche Spannung nicht
zu bemerken.
„Das ist kein Thema für Gesellschaft, Tony!“, erklärte Lukas streng.
Tony blickte ernüchtert zwischen ihrem Gefährten und den anderen hin und her.
Bluttrinker redeten ständig über Sex. Dass ausgerechnet das Zeugen von
Nachwuchs mit einem Tabu belegt sein sollte, das diese Reaktion rechtfertigte -
woher hätte sie das wissen sollen?
Sie rutschte aus Lukas steif gewordener Umarmung und antwortete in nicht
weniger distanziertem Ton: „Ich entschuldige mich. Wäre allerdings schön, wenn
du mir nachher erklären könntest, wofür eigentlich.“
Sie kannte ihren Gefährten gut genug, um zu bemerken, dass er sich eine verärgerte
Antwort verkniff. Er war wütend, aber er würde vor den Anderen keinen Streit
anfangen.
Tonys Kopf summte wie ein Schwarm Hornissen. Sie verschränkte die Hände, um ihr
Zittern zu verbergen.
Sie fühlte sich wie damals, als Kind, wenn ihre Mutter unvermittelt beschloss,
etwas zum Staatsvergehen zu
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