Lebensstrahlen
Hauptvertrag!« Bigot flüsterte die Worte mehr, als er sie sprach.
»Darüber reden wir, wenn Mister Spranger zurück ist. Die fünfzigtausend Dollar bekommen Sie dafür, daß Sie Schenektady bis dahin vertrösten.«
Bigot schrieb seinen Namen unter den Vorvertrag und griff nach dem Scheck.
Bigot war noch nicht lange fort, als James Kelly ein anderer Besucher gemeldet wurde: Monsieur Lorrain, ein Börsenmakler, dem James Kelly ziemlich regelmäßig Aufträge zu geben pflegte.
»Mister Kelly wird gleich zu Ihrer Verfügung stehen. Wollen Sie sich ein kurzes Weilchen gedulden, mein Herr«, sagte der Page, der den Makler in Kellys Zimmer führte.
Monsieur Lorrain ließ sich in einen Sessel nieder und vertrieb sich die Zeit damit, die Gemälde an den Wänden zu betrachten. Mr. Kelly war offenbar noch in seinem nebenan befindlichen Schlafzimmer beschäftigt, dessen Tür nur leicht angelehnt war. Der Makler hörte ihn dort am Telefon sprechen und wollte sich bemerkbar machen, unterließ es aber, weil das Gespräch, das der Amerikaner führte, ihn plötzlich zu interessieren begann. Er beugte sich vor, um besser lauschen zu können, und sog jedes Wort gierig ein.
»Ja, die Sache ist heute perfekt geworden«, hörte er Kelly sagen. »Sofort alle südafrikanischen Goldpapiere abstoßen … sofort abstoßen … um jeden Preis … Sowie etwas bekannt wird, stürzen die Kurse ins Bodenlose … Ich kann hier am Telefon nicht mehr sagen. Natürlich handelt es sich um die Sache Bigot … Funken Sie gleich per Code an Smith and Blacksmith in New York. An der Frühbörse muß dort verkauft werden … jawohl, verkaufen Sie blanko …«
Monsieur Lorrain segnete den glücklichen Zufall, der ihn dieses Gespräch mit anhören ließ; aber es schien ihm zweckmäßig, Kelly von seiner Mitwisserschaft nichts ahnen zu lassen. Als Kelly in den Wohnraum kam, saß der Makler in seinem Sessel, so sehr in die Betrachtung eines Watteau vertieft, daß er sich erst zu Kelly hinwandte, als der ihn ansprach.
Es war keine große Order, die Kelly ihm heute zu geben hatte, und Monsieur Lorrain hielt sich nicht lange auf. Er hatte Eile, fortzukommen, um das soeben Gehörte an der Pariser Mittagsbörse für sich selber auszumünzen.
*
Aus den vierundzwanzig Stunden, die Spranger ursprünglich auf der Eulenburg bleiben wollte, waren bereits drei Tage geworden, ohne daß es Eisenlohr bisher gelungen war, das Rätsel zu lösen, das der Amerikaner ihm mit den drei Proben Bigots aufgegeben hatte. Immer wieder kam er zwangsläufig zu dem gleichen Schluß: Der Mann kann etwas. Er hat auf dem Gebiet der Metallumwandlung das gleiche erreicht wie wir hier. Warum aber in drei Teufels Namen hat er dann beim drittenmal betrogen?
Auch an diesem Vormittag konnte er Spranger nichts anderes sagen. Noch einmal ließ er sich von ihm genau den Gang der Versuche erzählen. Eine große Elektronenröhre … das Einlegen der Bleiplatte in die elektrooptische Bank … danach das Einschalten der Hochspannung … Er hatte es schon mehr als einmal gehört, heute wurde er plötzlich stutzig.
»Du sprichst vom Einschalten der Spannung«, unterbrach er Spranger. »Vorher mußte Bigot doch Kühlung auf die Röhre geben.«
»Davon habe ich nichts gesehen«, sagte Spranger.
Eisenlohr schrieb Zahlen auf ein Blatt Papier, machte eine Rechnung auf, warf danach den Bleistift hin und preßte seine Fäuste gegen die Stirn.
»Er hat bestimmt keine Kühlung«, unterbrach Spranger das Schweigen.
»Unmöglich, William! Bei der Elektronengeschwindigkeit
… Die Röhre mußte ihm in Sekunden zusammenschmelzen.«
Wieder griff Eisenlohr zum Bleistift. Längere Zeit dauerte diesmal seine Rechnung. Endlich ließ er den Stift sinken.
»Nun, was hast du gefunden?« fragte Spranger.
»Jene leicht verfärbten Platten hätte Bigot allenfalls auch mit einer ungekühlten Röhre zustande bringen können, niemals aber diese Proben hier. Es ist unmöglich, daß er sie selbst erzeugt hat. Mag der Himmel wissen, wo er sie her hat!«
»Aber es sind doch die Bleiplatten, die ich ihm für den Versuch gab, die gleichen Platten, die ich hier von dir bekam. Der Stanzschnitt beweist es doch. Wie willst du das erklären?«
Eisenlohr richtete sich auf. »Ich würde sagen, daß er sie bei uns gestohlen hätte, aber das ist ja unmöglich. Wir werden eine andere Erklärung finden müssen. Ich brauche noch Zeit, William. Laß uns zusammen ein wenig ins Freie gehen. Vielleicht kommt uns dort ein guter Gedanke
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