Lemberger Leiche
eigene Bank ausgeräumt habe. Er halte das für äußerst schwierig, da die Zahlenkombination für das Tresorschloss aus einer Nummer bestehe, von der zwei verschiedenen Personen nur je die Hälfte bekannt sei.
»Es ist aber möglich!«, beharrte Irma und verlangte von Stöckle, er solle prüfen, wer den zweiten Teil der Codenummer habe. »Wenn Herr Kleiber diese zweite Person ist«, sagte sie, »dann war es ein Kinderspiel, den Tresor zu öffnen!« Irma sah zu Schmoll. »Du musst doch zugeben, dass es wichtig ist, Kleibers Alibi zu prüfen! – Und egal, wie das ausgeht, solltest du spanische Amtshilfe beantragen. Die Kollegen von der Polizeibehörde auf Mallorca müssen Frau Kurtz und ihre Schwester durchchecken.«
»Wonach durchchecken?«
»Sie sollen prüfen, was Frau Kurtz auf Mallorca treibt und vor allem, ob sie viel Geld hat beziehungsweise ausgibt.«
Schmoll drehte an seinem Kinn, als ob er es abschrauben wollte. Irma sah ihm an, was er dachte: Nun möchte meine eifrige Mitarbeiterin am liebsten selbst nach Mallorca fliegen, um Frau Kurtz durchzuchecken – aber genau genommen ist es dieser Leo Kowalzki, dem sie in die Arme fliegen möchte.
Laut sagte Schmoll: »Ein Amtshilfeersuchen wird die Staatsanwaltschaft nicht genehmigen. Der Verdacht ist zu lasch. Es ist doch bisher nicht mal bewiesen, dass Engelhards Tod mit dem Bankraub zusammenhängt.«
»Du willst Beweise?«, höhnte Irma. »Dein Motto ist doch sonst: Beweise muss man suchen. Wenn man sie in einer Richtung nicht findet, kann man sie zumindest dort ausschließen und vermehrt an anderer Stelle ermitteln.«
Schmoll stöhnte. Katz grinste.
Stöckle seufzte und sagte: »Außerdem sind wir mit Fabian Knorr noch nicht fertig. Der scheint mir weitaus verdächtiger zu sein.«
»Genau!«, bekräftigte Schmoll. »Zuerst muss der junge Mann, der den Unschuldsengel spielt, gründlicher in die Mangel genommen werden. Das kannst du gefälligst mal abwarten, Irma!«
Stöckle beteuerte: »Ich werde auch abwarten – bevor ich mich mit diesem hanebüchenen Verdacht gegen die Filialleiterin und ihren Stellvertreter blamiere.«
Schmoll streichelte das Wellblech auf seiner Glatze glatt. Katz rieb seine spitze Nase. Stöckle massierte seinen Adamsapfel. Irma kochte.
Schmoll stand auf und sagte: »Sodele«, was bedeutete, er wollte nun nichts mehr von diesem Thema – in diesem Fall von Brünnhilde Kurtz – wissen.
Katz räusperte sich. Ein Zeichen, dass er noch was loswerden wollte, von dem er ahnte, dass es Schmoll nicht unbedingt in den Kram passte.
»Spuck’s aus, Katz«, sagte Schmoll mürrisch.
»Vielleicht sollte mer ons wenigschtens em Wohnumfeld von dere Filialleiterin ond au bei ihrm Vertreter mal omsehe.«
»Meinetwegen«, knurrte Schmoll und war schon halb zur Tür raus. »Mir knurrt der Magen. Lasst uns jetzt in die Kantine gehen, solange es dort noch was gibt. Wenn wir uns gestärkt haben, geht ihr das an. Zeig mal Frau Kurtz’ Adresse her, Irma. – Aha, das ist im Oberdorf, also sozusagen im Herzen Alt-Feuerbachs.«
»Ond wer prüft des Alibi von dem stellvertretenden Filialleiter, diesem Kleiber?«, fragte Katz.
Irma dachte, sie höre nicht recht, als Schmoll sagte: »Das erledige ich. Kommst du mit, Kollege Stöckle?«
Stöckle nickte.
Na also, dachte Irma. Geht doch.
Irma und Katz bereuten, das Auto genommen zu haben. Es war unmöglich, in der Altstadt einen Parkplatz zu finden. Schließlich stellte Katz seinen Polo vor der Bachschule ab.
Sie liefen über einige Dutzend Stufen, die sich Bärenstaffel nannten, hinauf zum Oberdorf und verfransten sich mehrmals im Gassengewirr. Endlich fanden sie die gesuchte Hausnummer in einem Hinterhof. Ein zweigeschossiges Häuschen. Die vordere Fassade war mit Efeu bewachsen. Im Vergleich zu den Fachwerkhäusern, die an dem Hügel klebten, auf dem die Stadtkirche thronte, wirkte das Haus renovierungsbedürftig. Die Klingel war halb unter Efeu versteckt und schien defekt zu sein, zumindest war kein Ton zu hören. Die Hoffnung, die kleine Schwester würde die Tür öffnen, erfüllte sich nicht.
Katz versuchte, durch die Fenster zu spähen, aber die Sicht war durch Gardinen verhängt. Irma umrundete das Haus und blickte auf der hinteren Seite ins Küchenfenster. Es sah nicht danach aus, als wäre in den letzten Tagen hier gekocht worden.
Schon wollten sie unverrichteter Dinge wieder gehen, da rief eine krächzende Stimme: »Suchen Sie jemanden?«
Der winzige Balkon im Erdgeschoss des
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