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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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hatte eine Taschenlampe dabei, doch nichts ruft die Bullen schneller auf den Plan als die Meldung, jemand habe in einem unbeleuchteten Haus das Licht einer Taschenlampe gesehen.
    Das Haus überraschte mich. Es war keine Investition: Überall waren Tam McGaherns persönliche Habseligkeiten. Die Polizei hatte nichts von diesem Haus geahnt. Niemand hatte gewusst, dass Tam sich fern der Wohnung, die er mit seinem Bruder teilte, ein kleines Nest gebaut hatte. Das heißt, fast niemand: Wer immer mir den Schlüssel geschickt hatte, war im Bilde.
    Die Einrichtung war bescheiden und geschmackvoll, nicht das, was man bei einem harten Burschen aus Gorbals erwarten würde, und einen Augenblick zweifelte ich schon, ob das Haus wirklich Tam McGahern gehört hatte. Doch es war so. Im Schlafzimmer stand ein großer Nussbaumschrank voll mit den typischen maßgeschneiderten Anzügen, die man nur bei Filmstars und Gangstern sieht. Eine Sekretärschublade war voller Bargeld: Einkünfte, von denen weder Bankiers noch Finanzbeamte jemals hatten erfahren sollen.
    Auf dem Kaminsims im Wohnzimmer standen mehrere Fotografien. Tam mit seiner Mutter. Tam mit Frankie und seiner Mutter. Sämtliche Fotos stammten aus der wohlhabenden Nachkriegszeit, nur eines nicht: Auf dieser Aufnahme stand ein jüngerer, sonnengebräunter Tam in Wüstenrattenuniform mit Sergeantenwinkeln auf dem khakifarbenen Ärmel lächelnd inmitten einer Gruppe anderer Männer unter einer hellen, eindeutig nicht schottischen Sonne. Im Hintergrund sah man ein sandverkrustetes Militärfahrzeug. Fünf Männer waren in der Gruppe, drei davon wirkten ausländisch. Dunkler. Ich nahm ein Taschenmesser, öffnete den Rahmen, löste das Foto heraus und steckte es ein. Während ich dabei war, schaute ich auf die Rückseite des Fotos. Ein einziges Wort stand dort geschrieben: Gideon.
    Ich befreite auch den Sekretär von seiner Bürde und zählte die mit Gummibändern gebündelten Banknoten flüchtig durch, ehe ich sie mir in die Jackentaschen stopfte. Ich schätzte, dass es mehr als sechshundert Pfund waren. Wer immer mir den Schlüssel geschickt hatte, wusste vielleicht von dem Bargeld, vielleicht auch nicht. Wenn dem so war und jemand ältere Ansprüche erhob, wollte ich das Geld für ihn aufbewahren. Ich fungierte sozusagen als wandelndes Fundbüro. Tam McGaherns kleines Reich wurde aufgeteilt. Das konnte mein Stückchen vom Kuchen sein.
    Während ich mich weiter durch Tam McGaherns Haus arbeitete, war mir klar, dass es voller Anomalien steckte. Einige Dinge waren typisch für jemanden wie McGahern, andere nicht. Die Bücher zum Beispiel. Dutzende Schmöker, und keine billigen Taschenkrimis: McGahern schien sich für Geschichte interessiert zu haben; mehrere Bände auf den Bücherregalen waren schwergewichtige wissenschaftliche Wälzer. Andere waren Buchklubausgaben. Es gab einen Weltatlas und einen, der sich nur mit dem Nahen Osten befasste.
    Ich erinnerte mich, was ich über die Bemerkungen des Heerespsychologen über Tams Intelligenz gehört hatte. Hier umgaben mich Beweise, dass der Psychologe ihn richtig eingeschätzt hatte. Tams Verstand hätte eigentlich ausreichen müssen, um ihn am Leben zu halten, doch der Militärarzt hatte bei ihm außerdem eine Neigung zu psychotischen Wutanfällen festgestellt. Bei Tam hatte der Impuls stets über die Vernunft triumphiert. Er war von seinem eigenen unbeherrschten Zorn getötet worden. Oder genauer, er war von jemandem ermordet worden, der genau gewusst hatte, dass bei Tam die Wut stets das Urteilsvermögen überwand.
    Ich hatte das Gefühl, in einer privaten Umgebung zu sein. Tam McGahern hatte seine Zeit hier alleine verbracht. Das war die einzige Erklärung, wieso er in der schmierigen Bruchbude über dem Highlander gebumst hatte. Wenn es also irgendwelche verborgenen Dinge gab, hatte Tam sie hier versteckt. Ich ging durchs Haus und schaltete überall das Licht aus, nur in der Küche nicht. Ich wollte das Haus Zimmer für Zimmer durchsuchen, aber meine Anwesenheit nicht lauter ausposaunen als nötig. Ich nahm ein Brotmesser mit schwerem Griff aus der Küchenschublade und arbeitete mich auf Händen und Knien über den Fußboden vor, während ich das Linoleum mit dem Messergriff abklopfte. Solide. Ich sah jeden Schrank, jede Schublade durch und suchte die Wände nach Geheimfächern ab. Nichts.
    Ich brauchte eine gute Stunde, um das Versteck zu finden. Im Bad. Die Badewanne war neu und nicht freistehend, sondern eingebaut. Sie war erst

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