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Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Titel: Lettie Peppercorn und der Schneehaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Gayton
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Kontinent eine singende Pflanze mitgebracht? Um sich zur Zubettgehzeit Schlaflieder vorsingen zu lassen, natürlich.
    »So«, riss Noah sie aus ihren Gedanken. »Das Wasser kocht. Jetzt kriegen wir dich im Handumdrehen wieder aufgetaut.«
    Er holte eine Decke, eine Wärmflasche und ein Thermometer. Er legte Lettie die Decke um, aber sofort wurde sie steif und zerbrach in tausend Stücke. Die Wärmflasche gefror, sobald er sie Lettie an die Füße legte. Er steckte ihr das Thermometer unter die Zunge, aber die rote Säule rührte sich keinen Millimeter von der niedrigsten Temperaturangabe weg (die bei –50° lag). Stöhnend spuckte Lettie das Thermometer auf den Boden.
    »Das bringt alles nichts!«
    »Ich koche noch mehr Wasser auf«, sagte Noah. »Und du überlegst unterdessen, wie du dich aufwärmen könntest.«    
    »Das tu ich doch schon die ganze Zeit!«, gab sie zurück. »Oh, tut mir leid. Ich hab es schon wieder getan.«
    Noah zuckte mit den Schultern und ließ sie dann sinken, sodass sein Stängel bebte. »Gäste dürfen hier ruhig unhöflich sein.«
    »Aber nur die zahlenden«, widersprach Lettie. »Ich wollte nicht böse zu dir sein, Noah. Ich hab nur solche Angst.«
    Schweigen folgte auf ihre Worte. Selbst der Wind war ganz still.
    »Vier Tropfen Äther sind eine Menge«, sagte Noah schließlich leise.
    »Oh, Noah.« Lettie unterdrückte ihre Tränen – sie wären sowieso auf der Stelle gefroren. »Ich halte das nicht mehr aus! Wer weiß, vielleicht bleibe ich monatelang so eisig, oder jahrelang!«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Noah. »Ich mache nämlich eine extrem gute Suppe.«
    »Was soll ich nur tun?«, fragte Lettie.
    »Warte hier. Und versuch nicht zu niesen.«
    Dann schnitt er zwei Zwiebeln klein (in Würfel), drei Knoblauchzehen (in Scheibchen) und eine Süßkartoffel (in Raspeln).
    Lettie sah ihm dabei zu:
    »Bring sie aber nur langsam zum Kochen, Noah.«
    »Das ist viel zu viel Knoblauch, Noah.«
    »Vorsicht, reib deinen Daumen nicht mit rein, Noah.«
    Noah ließ seinen Stängel ein paar Erbsen hervorbringen und leerte die Schoten über dem Topf aus. Dann trat er vom Ofen zurück und ließ die Suppe vor sich hin köcheln.
    »Da fehlt aber noch etwas, als Würze«, sagte er und wischte sich mit dem Handrücken über die Augenbrauen.
    »Pfeffer?«, schlug Lettie vor.
    »Nein, etwas Ausgefalleneres.«
    »Oh.« Lettie runzelte die Stirn. »Was dann? Ingwer? Nein, ich hasse Ingwer.«
    Noah ballte die Fäuste und kniff die Augen fest zusammen. Das Blut schoss ihm ins Gesicht, auf seiner Stirn glänzte der Schweiß. Er erschauerte und rang nach Luft. Und auf einmal spross ein grüner Stiel aus seinem Stängel, und von dessen Spitze hing eine winzige, flammend rote Chilischote.
    Noah pflückte sie und hielt sie sacht in den Fingern, als könnte sie jederzeit zu brennen anfangen. »Eine Flammenfrucht«, erklärt er. »Das Schärfste, was ich hervorbringen kann. Ich werde mir erst mal eine Portion Suppe für mich abzwacken. Dann füge ich die Flammenfrucht hinzu und gebe dir deine Suppe. Du hast bestimmt schon mächtig Hunger.«
    »Mir ist einfach nur kalt, kalt, kalt.« Lettie kauerte auf dem Stuhl und fühlte sich wie eine Greisin.
    »Das wird sich bald ändern.« Noah zerquetschte die Flammenfrucht, und Lettie spürte eine Hitzewelle durch die Luft strömen, die ihre Augen zum Kribbeln brachte. Noah schöpfte ihr die gewürzte Suppe in eine Schüssel und brachte sie ihr mitsamt einem Löffel.
    »Iss sie, so schnell du kannst«, sagte er. »Solange sie noch heiß ist.«
    »Ich werde langsam nippen, Noah. Schlürfen gehört sich nicht.« Sie nahm einen vorsichtigen Löffel.
    »Spürst du schon was?«
    »Kälte.«
    Noah sah sie nervös an. »Weiter. Runter damit.«
    Lettie nahm noch einen Schluck. Auf einmal kribbelte etwas auf ihrer Zunge, wie winzig kleine Luftbläschen. Nach dem nächsten Löffel waren die Bläschen auch in ihrem Magen zu spüren. »Was passiert da mit mir?«, fragte sie ängstlich.
    Noah lächelte. »Es funktioniert.«
    Letties Gesicht wurde langsam, ganz langsam weicher, bis sie schließlich auch lächeln konnte. »Ich fühle es, Noah! Mein Magen … es wird warm darin! Ich kann dir gar nicht sagen, wie herrlich das ist. Ganz kribbelig und krabbelig!«
    Sie ließ den Löffel fallen, setzte die Schüssel an den Mund und kippte sich die restliche Suppe in den Rachen.
    »Ist mir egal, ob sich das gehört oder nicht!«, sagte sie, drückte Noah die leere Schüssel in die Hand

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