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Letzte Beichte

Letzte Beichte

Titel: Letzte Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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an, sitz möglichst auf einem Sitz ohne Polster und beobachte alles aufmerksam. Mit diesen Regeln im Hinterkopf holte ich die Liste der obligatorischen Fragen hervor, die Danny freundlicherweise für mich ausgedruckt hatte, und legte los.
    Sie lebten allein. Sie waren Rentner. Sie waren überglücklich, dass ihr Sohn nach seiner Entlassung bei ihnen leben wollte. Sie hatten sein Zimmer vorbereitet. Sie würden bei unseren Kontrollbesuchen mit uns kooperieren, sofern wir sie vorher anriefen. Sie hatten ein weiteres Kind, eine Tochter – alleinstehend, keine Kinder –, die im Norden der Stadt wohnte. Ihr Sohn tat ihnen schrecklich leid, weil er seine Kinder nicht unbeaufsichtigt sehen durfte – James Junior und Robert lebten jetzt bei ihrer Großmutter mütterlicherseits in Stirling. Ach ja, und sie waren sich absolut sicher, dass er unschuldig sei. James Junior, so behaupteten sie, habe bloß im Kindergarten eine dumme Bemerkung gemacht, und dann habe man ihn dazu gebracht, sich eine komplizierte Geschichte auszudenken. »Nichts als Unsinn«, sagte Mr. Marney. »Er ist ein großartiger Vater. Hat die Kinder ganz allein großgezogen, nachdem Margie gestorben ist, Gott hab sie selig.«
    »Sie wissen, dass die Kinder Sie nicht besuchen dürfen, solange er hier ist. Nicht unbeaufsichtigt«, sagte ich.
    »Wir sehen sie nie«, sagte Mr. Marney.
    »Wenn Sie sie sehen wollen, müssen wir erst zustimmen. Auch die Polizei muss den Aufenthaltsort genehmigen undwird Ihnen regelmäßig Besuche abstatten. Ist Ihnen das alles klar?« fragte ich, während ich meinen Blick durch den Raum schweifen ließ und die DVD – Sammlung musterte.
    »Ja, aber es wird nicht nötig sein.«
    »Darf ich Ihre Toilette benutzen?« fragte ich.
    Das war einer der Tricks, die ich mir im Kinderschutz angeeignet hatte. Eine Möglichkeit zum Herumschnüffeln. Wie immer funktionierte er.
    »Sie haben gesagt, dass Sie die Kinder nie sehen«, sagte ich, als ich mich einige Minuten später wieder auf meinem polsterlosen Sitz niederließ.
    »Ja, leider«, sagte Frank kurz angebunden.
    »Dann sind Sie also diejenigen, die Teletubbies-Zahnbürsten benutzen?« fragte ich. »Und sich ›Pingu‹ anschauen?« Ich deutete auf den Pinguin, der sich hinter dem Stapel DVD s neben dem gigantischen Fernseher versteckte.
    Ihre Gesichter waren weiß, als ich aufstand. »Kann ich die Schlafzimmer sehen?«
    Natürlich wollten sie nicht, dass ich die Schlafzimmer sähe.
    Frank fing an, mich anzuschreien: »Wofür zum Teufel halten Sie sich, dass Sie einen guten Menschen daran hindern, seine Kinder zu sehen?«
    Mrs. Marney versuchte, mich zur Tür zu bringen.
    Die Kinder im Schlafzimmer begannen zu weinen, und dann schaffte es James Junior, die Tür zu öffnen.
    »Hallo, Kids«, sagte ich und spähte in das Schlafzimmer, wo sich zwei zauberhafte kleine Jungs seit meiner Ankunft versteckt hatten.
    Das Zimmer sah ziemlich bewohnt aus, mit einem Doppelstockbett, Kindermöbeln von Ikea, Kinderkleidung und haufenweise Spielzeug.
    Ich erhielt keine Gelegenheit zu erklären, was als Nächstes geschehen würde. Um die Wahrheit zu sagen: Ich wusste es sowieso nicht genau. Mr. Marney sagte mir, ich solle mich zum Teufel scheren, und schlug mir die Tür vor der Nase zu.

    Ich bin toll in diesem Beruf, dachte ich, als ich mich auf den Weg nach Sandhill machte. Dieser Typ wollte mit seinen Kindern zusammenzuwohnen, seinen Opfern. Er hatte kein Problem damit, das Sozialamt, den Bewährungsausschuss und die Polizei anzulügen, und er hat dabei die uneingeschränkte Unterstützung seiner Eltern genossen.

[Menü]
7
    In Sandhill lief es mir kalt den Rücken herunter. Ich war schon früher dort gewesen, um Chas zu besuchen, und der Geruch und die Atmosphäre verursachten mir Übelkeit. Mütter mit Babys standen rauchend am Haupteingang, weiße Lieferwagen fuhren ein und aus, um Männer zum Gericht und zurück zu bringen, mürrische Aufseher überprüften Namen auf Formularen und führten Leute in den Besucherbereich.
    Ich nannte meinen Namen und setzte mich im Vorraum zwischen zwei fröhlich wirkende Frauen.
    »Wie geht’s ihm denn so?« fragte eine Frau die andere.
    »Ach, es ist sein erstes Mal«, sagte die. »Nächstes Mal wird’s ihm schon besser gehen.«
    Es war eine andere Welt, dieses Sandhill. Für die meisten Besucher war es Teil ihrer Normalität, ein vorhersehbarer Bestandteil ihrer Biographie.
    Schließlich geleitete mich eine junge, kaugummikauende Verwaltungsangestellte durch

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