Leuchtende Sonne weites Land - Roman
ihrem Frühstück hinterher, das durch den Abfluss sickerte. Plötzlich fing Geoffrey lauthals zu lachen an. Anstatt zu Ben zu laufen und sie bei ihm anzuschwärzen, hatte Jacqueline sie nach ihren eigenen Regeln geschlagen. Er sah seine Brüder an, und sie stimmten in sein Gelächter mit ein. Es war wirklich zu komisch.
»Das können wir nicht auf uns sitzenlassen«, meinte Bobby, als sie sich beruhigt hatten und das Haus verließen. »Das müssen wir ihr heimzahlen.«
Geoffrey nickte. »Darauf kannst du wetten.«
13
Eine Woche, nachdem Henry den Privatdetektiv Brent Masterson engagiert hatte, meldete sich dieser und schlug ein Treffen vor. Sie verabredeten sich für drei Uhr am selben Nachmittag in der Bar des Criterion Hotel.
Das Criterion war ein typisches Arbeiterlokal, ein Treffpunkt für jene, die auf Baustellen, in Handwerksbetrieben, in Restaurants und Reinigungsfirmen arbeiteten. Es war klein und ein bisschen schmuddelig, aber das Essen war billig, die Portionen groß, und Drinks wurden nicht selten mit einem derben Witz serviert, der bei der Kundschaft gut ankam.
Henry wachte gegen zwei Uhr von seinem Mittagsschläfchen mit Verity auf. Sie hatten wie üblich gut gegessen: Kartoffel-Lauch-Suppe, Schweinebraten, Nachtisch. Danach waren Ron und Maxine mit Johnny am Yarra spazieren gegangen. Henry und Verity hatten sich wie fast jeden Tag in ihre Suite zurückgezogen, wo sie sich lange und leidenschaftlich liebten.
Vorsichtig, um Verity nicht zu wecken, schälte sich Henry aus den zerwühlten Laken. Er blieb einen Augenblick neben dem Bett stehen und betrachtete die Schlafende liebevoll. Ihre goldblonden Haare lagen auf dem Satinkopfkissen ausgebreitet, unter der dünnen Decke zeichnete sich ihre wohlgeformte Figur ab. Das Dämmerlicht hinter den schweren geschlossenen Vorhängen schmeichelte ihren Zügen und ließ sie noch jünger aussehen. Henry schaute auf, und sein Blick fiel auf den Frisiertischspiegel. Sein Haar war zerzaust, sein Gesicht aufgedunsen, sein Körper erschlafft. Er sah aus wie ein Mann mittleren Alters, und das erschreckte ihn zutiefst. Es war eine unsanfte Landung auf dem Boden der Tatsachen.
Voller Schuldgefühle erinnerte er sich an seine letzte Unterhaltung mit Jacqueline. Er lasse sie fallen wegen einer Frau, die halb so alt sei wie er, hatte sie ihm vorgeworfen. Zum ersten Mal, seit er Verity kannte, fühlte er sich tatsächlich wie ihr Vater.
Er seufzte und ließ seinen Blick über ihre Hüften schweifen. Sie waren rundlicher geworden. Kein Wunder – er war noch nie einer Frau begegnet, die einen größeren Heißhunger gehabt hatte, sowohl auf Essen als auch auf Sex. Gegen Letzteres hatte er nichts einzuwenden, aber ihre Esslust könnte sie seiner Meinung nach schon ein wenig zügeln. Doch er hütete sich, etwas zu sagen. Er kannte sie lange genug, er wusste, dass sie ihm das Leben zur Hölle machen würde, wenn er etwas Derartiges auch nur andeutete.
Dass er selbst zugenommen hatte, lag an seiner neuen Lebensweise, und er war alles andere als erfreut darüber. In New York hatte Jacqueline darauf geachtet, dass Mrs. Bronte ihm etwas Gesundes wie Salat und Obst zum Mittagessen mit ins Geschäft gab. Obwohl er sechs Tage in der Woche von acht Uhr morgens bis fünf Uhr abends arbeitete, fand er fast täglich noch eine Stunde Zeit, um Sport zu treiben. Je mehr er sich dabei quälte, desto besser fühlte er sich. Den halben Tag im Bett zu verbringen und sich zu viele zu üppige Mahlzeiten einzuverleiben passte nicht zu ihm.
Es erstaunte ihn immer wieder aufs Neue, welche Wendung sein Leben genommen hatte. Doch sobald er über die Vergangenheit nachdachte, musste er unweigerlich auch an Jacqueline denken. Hoffentlich war es Brent Masterson gelungen, sie ausfindig zu machen. Er musste wissen, ob es ihr gut ging.
Eine halbe Stunde später verließ Henry die Suite und machte sich auf den Weg zum Criterion, das zu Fuß etwa zehn Minuten entfernt lag. Er ging zügig, und so brach ihm schnell der Schweiß ausallen Poren. Die brütende Hitze, die seit ihrer Ankunft herrschte, zermürbte und ermattete ihn.
Der Privatdetektiv erwartete Henry in der Hotelbar. Sie erinnerte ihn an die anrüchigen Spelunken in den Staaten, um die er stets einen Bogen gemacht hatte.
»Haben Sie etwas herausgefunden?«, erkundigte er sich sofort.
Brent Masterson war sechzig Jahre alt und hätte eigentlich seinen wohlverdienten Ruhestand genießen sollen. Er war vielleicht körperlich ein bisschen
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