Leuchtende Sonne weites Land - Roman
und lief nach draußen. Dot war zum Glück nirgends zu sehen.
Der Wind riss an ihren Haaren und wirbelte ihr Staub in die Augen, als sie sich damit abmühte, Möhren und Kartoffeln aus der Erde zu ziehen. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass jemand vorbeihuschte, der in der Waschküche verschwand. War es Dot? Jacqueline dachte nicht weiter darüber nach. Dunkle Wolken zogen auf, und der Sturm war noch einmal stärker geworden. Sie wollte so schnell wie möglich ins Haus zurück. Die Wäsche hing auf der Leine, darunter auch einiges, das gebügelt werden musste, und sie bezweifelte, dass Dot sich darum kümmern würde.
Auf einmal roch Jacqueline Rauch. Sie schaute auf und sah Flammen aus einem großen Fass neben der Waschküche züngeln. Dot stand daneben.
»Was stellt sie denn jetzt schon wieder an?«, schimpfte Jacqueline vor sich hin.
Wie konnte man bei dieser Trockenheit und diesem Wind ein Feuer draußen entfachen? Eine Ureinwohnerin sollte doch wissen, wie gefährlich das war. Ärgerlich klopfte sie sich den Staub von den Händen und beschloss nachzusehen.
Beim Näherkommen sah sie, dass Dot Kleidungsstücke in der Hand hielt und eines nach dem anderen ins Feuer warf. Als sie erkannte, dass es sich bei den Sachen um ihre Unterwäsche handelte, klappte ihr die Kinnlade herunter.
Jacqueline stürmte auf Dot zu und kreischte: »Bist du jetzt völlig übergeschnappt?«
Sie streckte die Hand aus, um ihr ihre Sachen zu entreißen, aber Dot wich blitzschnell aus. Sie rollte mit den Augen und machte ein Furcht einflößend böses Gesicht.
»Das Zeug stinkt!«, keifte sie und hielt sich die Nase zu.
In einem Korb am Boden lag die Wäsche, die Jacqueline aufgehängt hatte. Dot verbrannte nur ihre Sachen.
»Was fällt dir ein! Das ist alles frisch gewaschen«, protestierte Jacqueline empört.
Hinter sich hörte sie auf einmal das Brummen des Flugzeugs. Der Motor stotterte, setzte kurz aus und begann dann wieder zu stottern. Jacqueline drehte sich ängstlich um und sah gen Himmel. Das Flugzeug flog sehr niedrig, es wurde von den starken Windböen durchgeschüttelt. Nick hatte offenbar alle Mühe, es unter Kontrolle zu bringen. Abermals schlugen Flammen aus dem Fass. Dot warf weitere Wäschestücke hinein.
»Lass das! Hör sofort damit auf!«, schrie Jacqueline.
Sie hatte Angst, der Wind könnte Funken in das dürre Gras wehen und alles in Brand setzen. Sie wollte sich nach dem Korb bücken, aber Dot versetzte ihm einen kräftigen Tritt, er kippte um, und die Wäsche flog heraus. Jacqueline schäumte vor Wut. Sie hatte sich solche Mühe gegeben, alles sauber zu bekommen, hatte jedes Stück von Hand auswringen müssen.
»Du stinkende lubra «, giftete Dot. Sie bückte sich, raffte alles zusammen, was ganz offensichtlich Jacqueline gehörte, den Rest trat sie in den Staub.
Jacqueline riss ihr ein Wäschestück aus der Hand, und Dot wich eilig einige Meter zurück. Der Geruch von Petroleum stieg ihr in die Nase. Ungläubig schnupperte sie an der Wäsche. Das war doch nicht möglich! Sie roch eindeutig nach Petroleum. Kein Wunder, dass die Flammen jedes Mal, wenn Dot ein Teil ins Feuer geworfen hatte, so hoch schlugen.
»Was hast du mit meiner Wäsche gemacht?«, brüllte Jacqueline außer sich. Anscheinend hatte die Aborigine-Frau Petroleum darübergegossen, nur um ihr eins auszuwischen.
In diesem Moment hörte sie den Motor des Flugzeugs kurz aufheulen, dann stotterte er ein paarmal, bevor er ganz aussetzte. Sekunden später ließ ein gewaltiger Knall den Boden vibrieren. Jacqueline gefror das Blut in den Adern.
»Nick!«, schrie sie und fuhr herum.
Hinter einer immensen Staubwolke stieg eine Rauchsäule in den Himmel. Die Maschine war auf dem Boden aufgeschlagen. Es schien plötzlich totenstill zu sein. Nur das Rascheln der ausgetrockneten Eukalyptusblätter im Wind war zu hören.
Jacqueline löste sich erst nach einigen Sekunden aus ihrer Erstarrung. Sie konnte nicht glauben, was sie sah. War das Flugzeug tatsächlich abgestürzt?
»O Gott, was mach ich denn jetzt?«, wimmerte sie panisch.
Sollte sie per Funk Hilfe anfordern? Ben suchen? Oder versuchen, Nick zu retten? Ratlos und voller Angst die Hände ringend, rannte sie hin und her wie ein kopfloses Huhn. Dann riss sie sich zusammen. Sie wusste nicht, wo sie Ben suchen sollte. Sie wusste nicht, an wen sie sich über Funk wenden konnte.
Und Dot war auf einmal wie vom Erdboden verschluckt.
Jacqueline entschied, dass sie keine Zeit verlieren
Weitere Kostenlose Bücher