Leuchtende Sonne weites Land - Roman
hundertprozentig dicht ist. Ein einziges Loch, und die Kaninchen schlüpfen hindurch.«
»Und was tun Sie dann?«, fragte Jacqueline, obwohl sie ahnte, wie die Antwort lauten würde.
»Ich muss sie abschießen oder Fallen stellen«, antwortete Ben lakonisch. »Sagen Sie mir Bescheid, falls Sie eines von den Viechern sehen.«
Jacqueline nickte, nahm sich aber vor, den Mund zu halten. Die Kaninchen taten ihr leid. Sie mussten schließlich auch fressen, um zu überleben. »Ich werde die Brote einpacken, dann können Sie sie Ihren Jungs bringen.«
Ben schnappte sich ein Sandwich und sah Jacqueline zu, während er aß.
»Was ist mit Nick?«, fragte sie jetzt. »Er wird doch auch Hunger haben.« Sie hatte ihn kaum zu Gesicht bekommen in den letzten Tagen.
»Er ist heute in die Stadt gefahren«, gab Ben zurück und nippte an dem Tee, den Jacqueline ihm hingestellt hatte.
Sie wartete, aber Ben fügte nichts mehr hinzu. Ob Nick sich mit Rachel Roberts traf? Eifersucht nagte an ihr. Sie versuchte zwar, es zu ignorieren, aber es gelang ihr nicht. »Hat er sich einen Tag freigenommen?«, fragte sie so beiläufig wie möglich.
»Einen Tag freigenommen? Das können wir uns nicht leisten, Jackie. Nein, er will Superphosphatdünger bestellen. Der Boden hier ist völlig ausgelaugt, aber dem Wetterbericht zufolge könnte der Wirbelsturm über Western Australia auch uns ein paar Niederschläge bringen. Deshalb sollte der Dünger für alle Fälle ausgebracht werden. Der Boden bekommt so wieder Nährstoffe, und das Gras wächst schnell und dicht. Er will sich auch nach dem Preis für Viehfutter erkundigen. Das Futter ist verdammt knapp geworden, ich schätze, es wird kaum noch bezahlbar sein. Wenn es doch nur endlich regnen würde!« Die Verzweiflung in Bens Stimme war unüberhörbar.
»Wie werden denn so große Flächen gedüngt?« Von Hand oder selbst mit einem Traktor schien das eine kaum zu bewältigende Aufgabe zu sein.
»Vom Flugzeug aus. Nick hat den Pilotenschein.« Als Ben Jacquelines überraschtes Gesicht sah, fügte er stolz hinzu: »Ja, mein kleiner Bruder hat viele Talente.«
Jacqueline, die an ein ganz bestimmtes seiner Talente dachte, bekam einen roten Kopf. Schnell wandte sie sich ab. »Ich habe gar kein Flugzeug gesehen«, bemerkte sie und warf Ben einen flüchtigen Blick zu.
»Es steht in einem Hangar auf Rawnsley Park Station.«
»Ach so.«
»Da wir gerade von Rawnsley Park sprechen – haben Sie inzwischen mal von Vera gehört?«, fragte Ben neugierig.
Jacqueline zuckte die Achseln. »Nein, aber das habe ich auch nicht erwartet. Immerhin ist sie in den Flitterwochen.«
»Ja, richtig«, brummelte Ben, aber sie merkte ihm an, dass er enttäuscht war.
Für das Abendessen schob Jacqueline eine Lammkeule in den Ofen. Dieses Mal vergewisserte sie sich doppelt und dreifach, dass sie den Backofen eingeschaltet hatte. Das Gemüse kochte sie vorsichtshalber, anstatt es mit dem Fleisch zu garen. Sie fing den Bratensaft auf und bereitete eine Soße damit zu, so wie sie es bei Tess gesehen hatte. Über die feinen Möhrchen gab sie vor dem Servieren einen Teelöffel Honig; das hatte Mrs. Bronte immer so gemacht.
Als Ben und seine Söhne nach Hause kamen, streiften Bobby und Sid im Flur ihre dreckigen Stiefel von den Füßen und stellten sie neben der Küchentür ab. Jacqueline sah es und machte ein ärgerliches Gesicht. Sie hatte alles so schön geputzt, und jetzt brachten die Jungen schon wieder Schmutz herein. Ben folgte ihrem Blick und sah, was sie erboste.
»Stellt eure Stiefel gefälligst auf die Veranda«, rief er seinen Söhnen zu. »Seht ihr nicht, dass Jackie sauber gemacht hat?«
Bobby und Sid zuckten erschrocken zusammen. Sie warfen Jacqueline einen wütenden Blick zu. Das sei doch nicht so schlimm, wollte sie gerade sagen, weil sie nicht noch Öl ins Feuer gießen wollte, aber Ben brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Ihre Mutter hat immer hinter ihnen her geräumt, aber jetzt sind sie alt genug, dass sie selbst auf ihre Sachen achten können. In Zukunft lasst ihr eure dreckigen Schuhe gleich draußen, verstanden?«, fügte er an seine Söhne gewandt hinzu.
Als alle am Tisch saßen, stellte Jacqueline jedem einen Teller hin und setzte sich dann selbst. Die Atmosphäre war angespannt.
»Hm, das riecht gut«, bemerkte Ben und langte zu.
Die Jungen aßen schweigend und mit gesenkten Köpfen. Jacqueline beobachtete sie einen Moment und griff dann selbst zu Messer und Gabel. Nick
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