Liberty: Roman
verdammt noch mal, auch nicht deins, du Miststück«, erwidert Samantha, dreht sich auf dem Absatz um und bemerkt mich. Ihre Augen schimmern. Ich halte ihr die Tür auf, sie geht an mir vorbei, durchs Restaurant nach draußen. Mit dem Handrücken wischt sie sich die Augen aus und läuft aufs Ufer zu. Ich folge ihr. Sie läuft durch den Garten bis zum Rand des Felsens, setzt sich. Ich setze mich daneben.
»Entschuldige bitte«, sage ich. Sie wendet ihr Gesicht ab. »Mein Vater …«, füge ich hinzu. Sie wedelt abwehrend mit der Hand, sagt nichts. Ich fische mein Päckchen Zigaretten aus der Brusttasche, wo es vom T-Shirt, das ich darübergezogen habe, versteckt wurde, zünde zwei Zigaretten an und reiche ihr eine. Sie nimmt sie. »Entschuldige«, sage ich noch einmal. Ihre Haut leuchtet.
»Du musst dich nicht entschuldigen«, sagt Samantha und sieht mich an. »Es ist nicht deine Schuld.« Sie spuckt über den Felsrand, zieht und schaut verdutzt auf die Zigarette. »Marlboro«, sagt sie und lächelt. Nimmt noch einen Zug.
»Wo sind deine Eltern?«, frage ich sie.
»Vater ist auf Geschäftsreise, und Mutter ist in der Stadt, einkaufen.«
»Die Ferien sind bald vorbei.«
»Ja, danke, was ein Glück. Und was für Ferien.« Sie schenkt mir ein schiefes Lächeln. Fragt, was ich in Tanga zu tun habe. Ich erzähle vom Hafen. »Carlsberg«, sagt sie. »Ich würde sonst was geben, um eine Kiste in die Finger zu bekommen – ist schon was Besonderes.«
»Und gleich fahren wir zurück nach Moshi«, sage ich. Eigentlich wollte ich sie fragen, ob ich nicht ein paar Tage bleiben könnte und dann mit ihr den Bus zurück nehme. Damals, an dem Tag mit Panos, hatte Samantha erzählt, es gäbe immer eine Menge leerer Zimmer bei ihnen – aber jetzt kann ich sie nicht fragen, die Stimmung ist nicht danach.
»Kann ich mit auf die TPC kommen und bei euch wohnen, bis die Schule anfängt?«
»Ja, natürlich, warum denn nicht?«
Samantha auf der TPC . Der Swimmingpool, sie im Bikini. Johns Motorrad – ein paar Carlsberg klauen und zum Fluss in Kahe fahren und mit den Krokodilen abhängen. Oder nach Nyumba ya Mungu oder Marcus in Moshi besuchen. Ich stehe auf und ziehe sie hoch. Wir gehen zu Vater. Der Nachtisch steht auf dem Tisch und sieht eigenartig aus – er hat ihn nicht mal probiert.
»Wenn deine Eltern nichts dagegen haben«, sagt Vater.
»Die sind nicht da«, sagt Samantha.
»Und wer kümmert sich um dich?«
»Ich wohne einfach im Haus und langweile mich.«
»Gibt es denn niemanden?«
»Doch, meine Mutter, sie ist in der Stadt zum Einkaufen. Sie muss bald zurück sein.«
»Wir werden bald fahren müssen.«
»Einen Moment können wir sicher noch warten«, werfe ich ein.
»Wir können nicht im Dunklen fahren«, sagt Vater und schaut auf seine Uhr. »Eine halbe Stunde.«
»Okay«, sagt Samantha. Ich gehe mit ihr ins Haus, ihre Mutter ist noch nicht zurück. Samantha packt mürrisch eine Tasche. Was soll ich sagen? Ich weiß, dass der Alte sie nicht mitnehmen wird ohne eine schriftliche Genehmigung mit drei Durchschlägen. Wir gehen zurück.
»Sie ist noch immer in der Stadt, aber es ist okay – ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen.«
»Ich kann dich nicht mitnehmen, ohne mit ihr gesprochen zu haben«, erklärt Vater.
»Ach, kommen Sie! Sie ist froh, wenn sie mich los ist. Sie hasst mich.«
»Nein, das geht nicht.«
»Komm schon, verdammt«, sage ich.
»Es geht nicht.«
»Idiot«, sage ich und drehe mich um.
»Du sollst nicht …«, fängt Vater an. Samantha folgt mir. Jetzt treten mir Tränen in die Augen. Sie legt mir einen Arm um die Schulter. Mist. Was hätten wir alles zusammen unternehmen können – was wir alles machen könnten, wenn wir nur ein wenig Macht hätten. Aber wir dürfen nichts.
»Erwachsene«, sagt sie. »Deckel auf und draufgeschissen!«
Wir brechen auf. Kein Wort fällt, bis Vater sagt: »Oh, verdammter Mist!« Ich schaue auf, eine Straßensperre. Ein Schlagbaum quer über der Straße, drei bewaffnete Polizisten, zwei Männer und eine Frau; auf jeder Seite des Schlagbaums ist der Seitenstreifen mit Ölfässern voller Steine versperrt. Wir hätten ein UN -Fahrzeug mit Standarte haben sollen, damit wird man sofort durchgewunken: diplomatische Immunität. Wir halten. Einer der Polizisten schlendert auf uns zu; die Kalaschnikow hängt ihm vor dem Bauch.
Afrikanischer Sozialismus: Der Staat ist verantwortlich für den Ankauf und die Verteilung des größten Teils der Waren: In einem
Weitere Kostenlose Bücher